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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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10,000 Pfd. Se, auf Schulen, jedes Dorf von einiger Bedeutung hat seine
Elementarschule, jede Insel ihr Gymnasium, und 1823 gründete ein begeisterter
Philhellene, der Carl of Guildford in Korfu eine Universität, welche aus den
bekannten vier Facultäten besteht und mit der eine Antikensammlung und eine
ziemlich gute Bibliothek verbunden sind. Im Jahre 1853 zählten diese ver¬
schiedenen öffentlichen Unterrichtsanstalten, außer denen noch mehre Privat¬
schulen vorhanden sind, gegen 600" Zöglinge.

Das Klima der jonischen Inseln hat im Allgemeinen Ähnlichkeit mit dem
auf Madeira, indeß ist es plötzlichen Veränderungen unterworfen. Der Winter
bringt viel Regen, der Sommer Visweilen eine fast tropische Hitze. Ueberaus schön
ist der Frühling und der Herbst. Eis und Schnee kommen fast nur auf den
Bergen vor. Häufig sind furchtbare Stürme, hier Boraskas genannt, und
Santa Mama so wie Zarte werden bisweilen von Erdbeben heimgesucht,

Die Inseln haben sämmtlich sehr zerklüftete unregelmäßige Küsten und
eine unebne Oberfläche. Die Berge, meist waldlos, bestehen wie die des be¬
nachbarten Festlands hauptsächlich aus Kalk, dem sich hin und wieder grauer
Gyps und Lager von Sandstein beimischen. Der Boden ist mehr für den
Anbau von Reben und Olivenbäumen, als für Getreide geeignet. Von letz¬
terem erzeugt keine der Inseln ihren vollen Bedarf, und es wird deshalb viel
Weizen und Gerste von Odessa bezogen. Mehr als drei Viertheile des frucht¬
tragenden Bodens sind mit Korinthenreben und Oelbäumen bepflanzt. Der
Ackerbau wird namentlich in Korfu sehr lässig betrieben. Den Grund davon
sieht man darin, daß das Grundeigenthum hier in sehr kleine Theile getheilt
ist. Das Land ist vorzüglich im Besitz kleiner Eigenthümer, welche dasselbe an die
Bauern nach dem sogenannten Mctauersystem verpachten, bei welchem der Pacht¬
schilling in einem bestimmten Antheil an dem Ertrag der Ernte besteht. Die
Landleute auf den südlichen Inseln sind regsamer als die Korfioten, zum Theil
deshalb, weil sie von dem Adel, der hier auf seinen Gütern wohnt, zum
bessern Betrieb der Landwirthschaft aufgemuntert werden, während auf Korfu
der Geschmack am städtischen Leben, unter der venetianischen Herrschaft allge¬
mein, noch jetzt seinen Einfluß übt. Der Grundeigenthümer Korfus bewohnt
nur selten sein Landgut und sein Besitz ist deshalb vernachlässigt- Er liebt
es, statt seine Aecker zu bauen, seinen Vätern gleich sich in der Nähe des Re¬
gierungssitzes aufzuhalten und Gelegenheiten zu erspähen, wo er aus leichte
Weise sein Glück machen kann- Solche Gelegenheiten bieten sich jetzt seltner,
als unter den Venetianern, aber die Gewohnheit nach Aemtern und Analader
zu schleichen, hat sich vererbt und läßt sich nicht wol ausrotten.

Manufacturen von Bedeutung gibt es auf den jonischen Inseln so wenig
' wie im Königreich Griechenland. Zarte führt etwas Seife aus, die übrigen
Inseln liefern Töpferwaaren, wollene Decken und Ziegcnhaartcppiche.


10,000 Pfd. Se, auf Schulen, jedes Dorf von einiger Bedeutung hat seine
Elementarschule, jede Insel ihr Gymnasium, und 1823 gründete ein begeisterter
Philhellene, der Carl of Guildford in Korfu eine Universität, welche aus den
bekannten vier Facultäten besteht und mit der eine Antikensammlung und eine
ziemlich gute Bibliothek verbunden sind. Im Jahre 1853 zählten diese ver¬
schiedenen öffentlichen Unterrichtsanstalten, außer denen noch mehre Privat¬
schulen vorhanden sind, gegen 600» Zöglinge.

Das Klima der jonischen Inseln hat im Allgemeinen Ähnlichkeit mit dem
auf Madeira, indeß ist es plötzlichen Veränderungen unterworfen. Der Winter
bringt viel Regen, der Sommer Visweilen eine fast tropische Hitze. Ueberaus schön
ist der Frühling und der Herbst. Eis und Schnee kommen fast nur auf den
Bergen vor. Häufig sind furchtbare Stürme, hier Boraskas genannt, und
Santa Mama so wie Zarte werden bisweilen von Erdbeben heimgesucht,

Die Inseln haben sämmtlich sehr zerklüftete unregelmäßige Küsten und
eine unebne Oberfläche. Die Berge, meist waldlos, bestehen wie die des be¬
nachbarten Festlands hauptsächlich aus Kalk, dem sich hin und wieder grauer
Gyps und Lager von Sandstein beimischen. Der Boden ist mehr für den
Anbau von Reben und Olivenbäumen, als für Getreide geeignet. Von letz¬
terem erzeugt keine der Inseln ihren vollen Bedarf, und es wird deshalb viel
Weizen und Gerste von Odessa bezogen. Mehr als drei Viertheile des frucht¬
tragenden Bodens sind mit Korinthenreben und Oelbäumen bepflanzt. Der
Ackerbau wird namentlich in Korfu sehr lässig betrieben. Den Grund davon
sieht man darin, daß das Grundeigenthum hier in sehr kleine Theile getheilt
ist. Das Land ist vorzüglich im Besitz kleiner Eigenthümer, welche dasselbe an die
Bauern nach dem sogenannten Mctauersystem verpachten, bei welchem der Pacht¬
schilling in einem bestimmten Antheil an dem Ertrag der Ernte besteht. Die
Landleute auf den südlichen Inseln sind regsamer als die Korfioten, zum Theil
deshalb, weil sie von dem Adel, der hier auf seinen Gütern wohnt, zum
bessern Betrieb der Landwirthschaft aufgemuntert werden, während auf Korfu
der Geschmack am städtischen Leben, unter der venetianischen Herrschaft allge¬
mein, noch jetzt seinen Einfluß übt. Der Grundeigenthümer Korfus bewohnt
nur selten sein Landgut und sein Besitz ist deshalb vernachlässigt- Er liebt
es, statt seine Aecker zu bauen, seinen Vätern gleich sich in der Nähe des Re¬
gierungssitzes aufzuhalten und Gelegenheiten zu erspähen, wo er aus leichte
Weise sein Glück machen kann- Solche Gelegenheiten bieten sich jetzt seltner,
als unter den Venetianern, aber die Gewohnheit nach Aemtern und Analader
zu schleichen, hat sich vererbt und läßt sich nicht wol ausrotten.

Manufacturen von Bedeutung gibt es auf den jonischen Inseln so wenig
' wie im Königreich Griechenland. Zarte führt etwas Seife aus, die übrigen
Inseln liefern Töpferwaaren, wollene Decken und Ziegcnhaartcppiche.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/479>, abgerufen am 29.06.2024.