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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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Wir schließen mit einem Blick auf die einzelnen Inseln. Korfu wurde
früher von uns geschildert. Von Paxo, der nächsten Insel nach Süden hin,
mag nur angeführt werden, daß es außerordentlich wasserarm und daß sich
in seiner Nähe das bekannte von Plutarch erzählte Wunder begab, bei welchem
der Steuermann Thamus, des Nachts von einer übermenschlichen Stimme
bei seinem Namen gerufen, den Befehl erhielt, an der Bucht von Bntrinto
laut auszurufen, der große Gott Pan sei gestorben. Er that dies anfangs
nicht, gehorchte aber, durch Windstille erschreckt, endlich, und nun erhob sich
ringsum ein überaus schauerliches Wehgeschrei.

Cephalonia oder Kephallenia ist die größte unter den jonischen Inseln;
es hat einen Umfang von nahezu siebenundzwanzig deutschen Meilen. Homer
nennt es Same oder Samos und läßt es zum Königreich des Odysseus ge¬
hören. Am Perserkriege nahmen nur die Bewohner von einer seiner Städte
Theil. Im peloponncstschen Kriege traten die Kephallenier gezwungen auf
Athens Seite. 189 gerieth es in die Gewalt Roms. Strabo meldet, daß
die grenze Insel dem C. Antonius als Privateigenthum gehörte. Im Mittel-
alter und in der neuen Zeit theilte dieselbe das Schicksal Korfus. Im Alter¬
thum hatte die Insel vier Städte, von denen allen noch Reste anzutreffen sind:
Pale, eine halbe Stunde nördlich vom heutigen Lixuri gelegen, Kranii, auf
einigen Felsenhügeln aus der andern Seite des Hafens von Argostoli (vie
Mauer ist theilweise noch gut erhalten), Pronj, auf einer der Höhen, welche
das auf der Ostseite der Insel liegende schöne Thal von Ralli überragen,
endlich Samos. Letzteres stand in der Nähe des Ufers einer Bucht im Norden
der Insel und an dem engen Kanal zwischen dieser und Ithaka. Von dieser
Bucht zieht sich ein Thal ins Land hinein. An dessen Nordwestende stehen
auf zwei felsigen, durch eine tiefe Schlucht getrennten Hügeln die Neste der
massiven Polygonenmauern der Akropolis und einer andern Burg, welche
Livius Cyathis nennt. Die Unterstadt nahm wahrscheinlich die Abhänge
zwischen der Akropolis und der See ein. Die Ruinen sind sehr anmuthig
mit Schlinggewächsen und blühendem Gesträuch überwachsen. Am Ufer steht
ein kleines Dorf, wo die Lloydschiffe anlegen. Nicht fern vom Gestade quillt
mitten im Meer ein starker Südwasserquell, der bei ruhiger See sich einen
Fuß hoch über die Wasserfläche erhebt. Cephalonia ist ein Bergland. Es
wird von einer Gebirgskette durchzogen, welche ihre Zweige durch die ganze
Insel entsendet, verschiedene Thäler bildet und sich im Montencro, dem alten
Aenus. 4600 Fuß über das Meer erhebt. Das Haupterzeugniß der ebenfalls
ziemlich wasserarmen Insel sind Korinthen. Die Hauptstadt Argostoli hat
8000 Einwohner. Lixuri, die zweitgrößte Stadt, hat deren S000.

Leukadia oder Santa Maura war ursprünglich eine Halbinsel. Nach¬
dem die Korinther hier eine Colonie 'angelegt, schnitten sie die Insel durch


Wir schließen mit einem Blick auf die einzelnen Inseln. Korfu wurde
früher von uns geschildert. Von Paxo, der nächsten Insel nach Süden hin,
mag nur angeführt werden, daß es außerordentlich wasserarm und daß sich
in seiner Nähe das bekannte von Plutarch erzählte Wunder begab, bei welchem
der Steuermann Thamus, des Nachts von einer übermenschlichen Stimme
bei seinem Namen gerufen, den Befehl erhielt, an der Bucht von Bntrinto
laut auszurufen, der große Gott Pan sei gestorben. Er that dies anfangs
nicht, gehorchte aber, durch Windstille erschreckt, endlich, und nun erhob sich
ringsum ein überaus schauerliches Wehgeschrei.

Cephalonia oder Kephallenia ist die größte unter den jonischen Inseln;
es hat einen Umfang von nahezu siebenundzwanzig deutschen Meilen. Homer
nennt es Same oder Samos und läßt es zum Königreich des Odysseus ge¬
hören. Am Perserkriege nahmen nur die Bewohner von einer seiner Städte
Theil. Im peloponncstschen Kriege traten die Kephallenier gezwungen auf
Athens Seite. 189 gerieth es in die Gewalt Roms. Strabo meldet, daß
die grenze Insel dem C. Antonius als Privateigenthum gehörte. Im Mittel-
alter und in der neuen Zeit theilte dieselbe das Schicksal Korfus. Im Alter¬
thum hatte die Insel vier Städte, von denen allen noch Reste anzutreffen sind:
Pale, eine halbe Stunde nördlich vom heutigen Lixuri gelegen, Kranii, auf
einigen Felsenhügeln aus der andern Seite des Hafens von Argostoli (vie
Mauer ist theilweise noch gut erhalten), Pronj, auf einer der Höhen, welche
das auf der Ostseite der Insel liegende schöne Thal von Ralli überragen,
endlich Samos. Letzteres stand in der Nähe des Ufers einer Bucht im Norden
der Insel und an dem engen Kanal zwischen dieser und Ithaka. Von dieser
Bucht zieht sich ein Thal ins Land hinein. An dessen Nordwestende stehen
auf zwei felsigen, durch eine tiefe Schlucht getrennten Hügeln die Neste der
massiven Polygonenmauern der Akropolis und einer andern Burg, welche
Livius Cyathis nennt. Die Unterstadt nahm wahrscheinlich die Abhänge
zwischen der Akropolis und der See ein. Die Ruinen sind sehr anmuthig
mit Schlinggewächsen und blühendem Gesträuch überwachsen. Am Ufer steht
ein kleines Dorf, wo die Lloydschiffe anlegen. Nicht fern vom Gestade quillt
mitten im Meer ein starker Südwasserquell, der bei ruhiger See sich einen
Fuß hoch über die Wasserfläche erhebt. Cephalonia ist ein Bergland. Es
wird von einer Gebirgskette durchzogen, welche ihre Zweige durch die ganze
Insel entsendet, verschiedene Thäler bildet und sich im Montencro, dem alten
Aenus. 4600 Fuß über das Meer erhebt. Das Haupterzeugniß der ebenfalls
ziemlich wasserarmen Insel sind Korinthen. Die Hauptstadt Argostoli hat
8000 Einwohner. Lixuri, die zweitgrößte Stadt, hat deren S000.

Leukadia oder Santa Maura war ursprünglich eine Halbinsel. Nach¬
dem die Korinther hier eine Colonie 'angelegt, schnitten sie die Insel durch


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[0480] Wir schließen mit einem Blick auf die einzelnen Inseln. Korfu wurde früher von uns geschildert. Von Paxo, der nächsten Insel nach Süden hin, mag nur angeführt werden, daß es außerordentlich wasserarm und daß sich in seiner Nähe das bekannte von Plutarch erzählte Wunder begab, bei welchem der Steuermann Thamus, des Nachts von einer übermenschlichen Stimme bei seinem Namen gerufen, den Befehl erhielt, an der Bucht von Bntrinto laut auszurufen, der große Gott Pan sei gestorben. Er that dies anfangs nicht, gehorchte aber, durch Windstille erschreckt, endlich, und nun erhob sich ringsum ein überaus schauerliches Wehgeschrei. Cephalonia oder Kephallenia ist die größte unter den jonischen Inseln; es hat einen Umfang von nahezu siebenundzwanzig deutschen Meilen. Homer nennt es Same oder Samos und läßt es zum Königreich des Odysseus ge¬ hören. Am Perserkriege nahmen nur die Bewohner von einer seiner Städte Theil. Im peloponncstschen Kriege traten die Kephallenier gezwungen auf Athens Seite. 189 gerieth es in die Gewalt Roms. Strabo meldet, daß die grenze Insel dem C. Antonius als Privateigenthum gehörte. Im Mittel- alter und in der neuen Zeit theilte dieselbe das Schicksal Korfus. Im Alter¬ thum hatte die Insel vier Städte, von denen allen noch Reste anzutreffen sind: Pale, eine halbe Stunde nördlich vom heutigen Lixuri gelegen, Kranii, auf einigen Felsenhügeln aus der andern Seite des Hafens von Argostoli (vie Mauer ist theilweise noch gut erhalten), Pronj, auf einer der Höhen, welche das auf der Ostseite der Insel liegende schöne Thal von Ralli überragen, endlich Samos. Letzteres stand in der Nähe des Ufers einer Bucht im Norden der Insel und an dem engen Kanal zwischen dieser und Ithaka. Von dieser Bucht zieht sich ein Thal ins Land hinein. An dessen Nordwestende stehen auf zwei felsigen, durch eine tiefe Schlucht getrennten Hügeln die Neste der massiven Polygonenmauern der Akropolis und einer andern Burg, welche Livius Cyathis nennt. Die Unterstadt nahm wahrscheinlich die Abhänge zwischen der Akropolis und der See ein. Die Ruinen sind sehr anmuthig mit Schlinggewächsen und blühendem Gesträuch überwachsen. Am Ufer steht ein kleines Dorf, wo die Lloydschiffe anlegen. Nicht fern vom Gestade quillt mitten im Meer ein starker Südwasserquell, der bei ruhiger See sich einen Fuß hoch über die Wasserfläche erhebt. Cephalonia ist ein Bergland. Es wird von einer Gebirgskette durchzogen, welche ihre Zweige durch die ganze Insel entsendet, verschiedene Thäler bildet und sich im Montencro, dem alten Aenus. 4600 Fuß über das Meer erhebt. Das Haupterzeugniß der ebenfalls ziemlich wasserarmen Insel sind Korinthen. Die Hauptstadt Argostoli hat 8000 Einwohner. Lixuri, die zweitgrößte Stadt, hat deren S000. Leukadia oder Santa Maura war ursprünglich eine Halbinsel. Nach¬ dem die Korinther hier eine Colonie 'angelegt, schnitten sie die Insel durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/480>, abgerufen am 26.06.2024.