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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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zu erfüllen, führte die Frohlockende in ihrem Wagen mit sich nach Prag, auf daß
sie allda außerhalb der Eltern Angesicht sicherer zur Taufe befördert werden
möchte. Nachdem die Eltern aber erkannt hatten, daß ihre Tochter durch so
geraume Zeit ihre Anschläge behutsam geheim gehalten hatte, bejammerten
sie schmerzlich, daß ihre Tochter eine Christin war, und waren auf den Priester,
der sie im Arm der Mutter mit dem Kreuzeszeichen gesegnet hatte, herb und
ungehalten, denn ihm schrieben sie die ganze Zuneigung des Kindes zum
Christenthum zu.

Durch welche Ränke aber der Juden Treulosigkeit bemüht war, jede
Bekehrung zu hintertreiben, habe ich selbst unlängst erfahren, als mir zum
ersten Mal ein Glaubenslehrling vom Judengeschlecht, Samuel Metzel. zur
Belehrung überwiesen wurde. Als Vater von vier noch unmündigen Kindern
hat dieser sich eifrig und viel bemüht, selbige alle, ein wahrer Israel, aus
dem Aegypten der Judenstadt mit sich zur Freiheit heraufzuführen. Siehe
aber! ihm wollte Rosina Metzelin, seine Ehegattin, die damals noch großen
Abscheu vor dem christlichen Glauben hatte, nicht Folge leisten; und weil sie
beobachtete, daß ihr vier Kinder zugleich entzogen wurden, war ihr dieser
Kinderraub, wie einer Löwin der Verlust ihrer Jungen, schwer zu ertragen.
Sie. forderte ihren Mann vor das bischöfliche Ehegericht, wo sie wenigstens
um zwei von den vier entrückten Kindern anhielt, weil sie ihr, der Mutter,
vor der Geburt beschwerlich, bei der Geburt schmerzlich und nach der Geburt
mühsam zu erziehen gewesen seien. Das hochweise erzbischöfliche Amt aber
gab das Urtheil von sich, daß dem Mann, der nächstens getauft werden sollte,
alle Kinder zugehörten. Da hat das Weib mehr als sich sagen und glauben
läßt, den Verlust überaus kläglich bejammert und da sie besorgte, daß sie auch
der fünften Leibesfrucht, die noch unter ihrem Herzen verborgen lag, nach
der Geburt beraubt werden möchte, war sie emsig beflissen, die Zeit ihrer
Niederkunft vor den Christen zu bergen. Deshalb beschloß sie vor allem, ihre
bisherige Herberge, die dem Ehemann und den Kindern bekannt war. zu
ändern. Es ist aber kein Rath wider den Herrn!- Der Vater kam durch sein
unschuldiges Töchterlein dahinter, das durch einige Monate beständig in eines
Christen Behausung gehalten worden war und von der Kindbettin in ihre
verborgene Herberge unbehutsam eingelassen wurde. Auf diese Kundschaft
habe ich der Altstadt Prag wohlbestallten Kaiserrichter ersucht, welcher seinen
Amtsschreiber unverweilt in das Geburtshaus abfertigte, um von der Kind¬
bettin, und im Fall diese sich weigern würde, von den Aeltesten des Juden¬
volks, das neugeborene Kind, als dem nunmehr getauften Vater zuständig,
herauszubegehre". Weil aber die arglistigen Judeuköpfe zu des Kindes Aus¬
lieferung sich nicht verstehn wollten, wurde zu der jüdischen Wöchnerin eine
christliche Hebamme beordert, ob diese durch einen weiblichen gottseliger Fund


zu erfüllen, führte die Frohlockende in ihrem Wagen mit sich nach Prag, auf daß
sie allda außerhalb der Eltern Angesicht sicherer zur Taufe befördert werden
möchte. Nachdem die Eltern aber erkannt hatten, daß ihre Tochter durch so
geraume Zeit ihre Anschläge behutsam geheim gehalten hatte, bejammerten
sie schmerzlich, daß ihre Tochter eine Christin war, und waren auf den Priester,
der sie im Arm der Mutter mit dem Kreuzeszeichen gesegnet hatte, herb und
ungehalten, denn ihm schrieben sie die ganze Zuneigung des Kindes zum
Christenthum zu.

Durch welche Ränke aber der Juden Treulosigkeit bemüht war, jede
Bekehrung zu hintertreiben, habe ich selbst unlängst erfahren, als mir zum
ersten Mal ein Glaubenslehrling vom Judengeschlecht, Samuel Metzel. zur
Belehrung überwiesen wurde. Als Vater von vier noch unmündigen Kindern
hat dieser sich eifrig und viel bemüht, selbige alle, ein wahrer Israel, aus
dem Aegypten der Judenstadt mit sich zur Freiheit heraufzuführen. Siehe
aber! ihm wollte Rosina Metzelin, seine Ehegattin, die damals noch großen
Abscheu vor dem christlichen Glauben hatte, nicht Folge leisten; und weil sie
beobachtete, daß ihr vier Kinder zugleich entzogen wurden, war ihr dieser
Kinderraub, wie einer Löwin der Verlust ihrer Jungen, schwer zu ertragen.
Sie. forderte ihren Mann vor das bischöfliche Ehegericht, wo sie wenigstens
um zwei von den vier entrückten Kindern anhielt, weil sie ihr, der Mutter,
vor der Geburt beschwerlich, bei der Geburt schmerzlich und nach der Geburt
mühsam zu erziehen gewesen seien. Das hochweise erzbischöfliche Amt aber
gab das Urtheil von sich, daß dem Mann, der nächstens getauft werden sollte,
alle Kinder zugehörten. Da hat das Weib mehr als sich sagen und glauben
läßt, den Verlust überaus kläglich bejammert und da sie besorgte, daß sie auch
der fünften Leibesfrucht, die noch unter ihrem Herzen verborgen lag, nach
der Geburt beraubt werden möchte, war sie emsig beflissen, die Zeit ihrer
Niederkunft vor den Christen zu bergen. Deshalb beschloß sie vor allem, ihre
bisherige Herberge, die dem Ehemann und den Kindern bekannt war. zu
ändern. Es ist aber kein Rath wider den Herrn!- Der Vater kam durch sein
unschuldiges Töchterlein dahinter, das durch einige Monate beständig in eines
Christen Behausung gehalten worden war und von der Kindbettin in ihre
verborgene Herberge unbehutsam eingelassen wurde. Auf diese Kundschaft
habe ich der Altstadt Prag wohlbestallten Kaiserrichter ersucht, welcher seinen
Amtsschreiber unverweilt in das Geburtshaus abfertigte, um von der Kind¬
bettin, und im Fall diese sich weigern würde, von den Aeltesten des Juden¬
volks, das neugeborene Kind, als dem nunmehr getauften Vater zuständig,
herauszubegehre». Weil aber die arglistigen Judeuköpfe zu des Kindes Aus¬
lieferung sich nicht verstehn wollten, wurde zu der jüdischen Wöchnerin eine
christliche Hebamme beordert, ob diese durch einen weiblichen gottseliger Fund


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/453>, abgerufen am 05.07.2024.