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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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Reaction dürste überhaupt bald am Ort sein. -- Von diesem unerfreulichen Gegen¬
stand wenden wir uns an die Wahlrede des Grafen Schwerin, der in seiner
schlichten, klaren und wohlwollenden Weise über die neue Pnrtcibildung genau das
ausgesprochen hat. was wir selber als das Nothwendige bereits mehrfach dargestellt
's t haben, und dem wir uns daher in allen Punkten anschließen.




Literatur.

Chemische Briefe von Justus von Liebig. Vierte umgearbeitete und
vermehrte Auflage. 2 Bände. Leipzig und Heidelberg, C. F. Winterschc Verlags¬
handlung 1859. -- Diese neue Auslage ist eine beträchtlich vermehrte, indem außer
verschiedenen Erweiterungen der bekannten Briefe nicht weniger als 19 neue hinzu¬
gekommen sind. Letztere besprechen das Studium der Naturwissenschaften, den Kräfte-
Wechsel in der unorganischen Natur, den Eigenschastswechsel der Körper, den Mate¬
rialismus, die Frage, ob Selbstverbrennung möglich sei und dann in längerer
Reihenfolge die Stellung und Bedeutung der Chemie für die Landwirthschaft. Die Mög¬
lichkeit der sogenannten Selbstverbrennung wird entschieden in Abrede gestellt. Die
Vertheidiger des Materialismus erklärt der Verfasser für Dilettanten. Nur die mangel¬
hafte Kenntniß der anorganischen Kräfte sei der Grund. weshalb von manchen die
Existenz einer besondern in dem organischen Wesen wirkenden Kraft geleugnet und
den unorganischen Kräften Wirkungen zugeschrieben würden, die ihrer Natur ent¬
gegengesetzt seien, Eine jede chemische Verbindung setze drei Ursachen voraus, immer
sei es die formcnbildende Kraft der Cohäsion oder Krystallisation, welche unter Mit¬
wirkung der Wärme die chemische Affinität in ihren Aeußerungen regete, die Ord¬
nungsweise des Krystalls und damit seine Eigenschaften bedinge. Im lebendigen
Körper komme eine vierte Ursache hinzu, durch welche die Cohäsionskraft beherrscht
werde, durch welche die Elemente zu neuen Formen zusammentreten, neue Eigen¬
schaften erlangen, Formen und Eigenschaften, die außerhalb des Organismus nicht
bestehen. "Wenn es wahr ist, daß in der anorganischen Natur eine Cohüsionskrast
formenbildend besteht, so ist eS ebenso wahr, daß in den Organismen eine Kraft
wirkt, eine Ursache der Bewegung und des Widerstandes, welche der Cohäsionskraft
entgegentritt, welche die Wirkungen des Sauerstoffs und die stärksten chemischen An¬
ziehungen aufhebt oder umkehrt." -- "Die unorganischen Kräfte schaffen immer
nur Unorganisches, durch eine in dem lebendigen Leib wirkende höhere Kraft, deren
Diener die unorganischen Kräfte sind, entsteht der organische, eigenthümlich geformte,
vom Krystall verschiedene und mit vitalen Eigenschaften begabte Stoff." -- "Es haben
manche Philosophen behauptet, das Leben sei wie die Materie von Ewigkeit dage¬
wesen. Die exacte Naturforschung hat bewiesen, daß die Erde in einer gewissen
Periode eine Temperatur befaß, in welcher alles organische Leben unmöglich ist. Sie
hat bewiesen, daß das organische Leben auf Erden einen Anfang hatte." -- "Die
Dilettanten behaupten, die Gedanken seien Producte des Stoffwechsels des Gehirns,
so wie die Galle ein Product des Stoffwechsels der Leber. Aber die exacte Physio¬
logie weiß bis jetzt nichts von den Beziehungen, in welchen die Galle, das Secret,
zu dem Stoffwechsel der Leber, des Secretionsorgans, steht, und was die Chemie
darüber erforscht hat, beweist, daß die Elemente der Galle in keiner Beziehung zu
denen der Leber stehen. So wie die Harfe tönt, wenn ihre Saiten der Wind be¬
wegt, so denkt das Gehirn durch den Stoffwechsel, so hört das Ohr, so sieht das


Reaction dürste überhaupt bald am Ort sein. — Von diesem unerfreulichen Gegen¬
stand wenden wir uns an die Wahlrede des Grafen Schwerin, der in seiner
schlichten, klaren und wohlwollenden Weise über die neue Pnrtcibildung genau das
ausgesprochen hat. was wir selber als das Nothwendige bereits mehrfach dargestellt
's t haben, und dem wir uns daher in allen Punkten anschließen.




Literatur.

Chemische Briefe von Justus von Liebig. Vierte umgearbeitete und
vermehrte Auflage. 2 Bände. Leipzig und Heidelberg, C. F. Winterschc Verlags¬
handlung 1859. — Diese neue Auslage ist eine beträchtlich vermehrte, indem außer
verschiedenen Erweiterungen der bekannten Briefe nicht weniger als 19 neue hinzu¬
gekommen sind. Letztere besprechen das Studium der Naturwissenschaften, den Kräfte-
Wechsel in der unorganischen Natur, den Eigenschastswechsel der Körper, den Mate¬
rialismus, die Frage, ob Selbstverbrennung möglich sei und dann in längerer
Reihenfolge die Stellung und Bedeutung der Chemie für die Landwirthschaft. Die Mög¬
lichkeit der sogenannten Selbstverbrennung wird entschieden in Abrede gestellt. Die
Vertheidiger des Materialismus erklärt der Verfasser für Dilettanten. Nur die mangel¬
hafte Kenntniß der anorganischen Kräfte sei der Grund. weshalb von manchen die
Existenz einer besondern in dem organischen Wesen wirkenden Kraft geleugnet und
den unorganischen Kräften Wirkungen zugeschrieben würden, die ihrer Natur ent¬
gegengesetzt seien, Eine jede chemische Verbindung setze drei Ursachen voraus, immer
sei es die formcnbildende Kraft der Cohäsion oder Krystallisation, welche unter Mit¬
wirkung der Wärme die chemische Affinität in ihren Aeußerungen regete, die Ord¬
nungsweise des Krystalls und damit seine Eigenschaften bedinge. Im lebendigen
Körper komme eine vierte Ursache hinzu, durch welche die Cohäsionskraft beherrscht
werde, durch welche die Elemente zu neuen Formen zusammentreten, neue Eigen¬
schaften erlangen, Formen und Eigenschaften, die außerhalb des Organismus nicht
bestehen. „Wenn es wahr ist, daß in der anorganischen Natur eine Cohüsionskrast
formenbildend besteht, so ist eS ebenso wahr, daß in den Organismen eine Kraft
wirkt, eine Ursache der Bewegung und des Widerstandes, welche der Cohäsionskraft
entgegentritt, welche die Wirkungen des Sauerstoffs und die stärksten chemischen An¬
ziehungen aufhebt oder umkehrt." — „Die unorganischen Kräfte schaffen immer
nur Unorganisches, durch eine in dem lebendigen Leib wirkende höhere Kraft, deren
Diener die unorganischen Kräfte sind, entsteht der organische, eigenthümlich geformte,
vom Krystall verschiedene und mit vitalen Eigenschaften begabte Stoff." — „Es haben
manche Philosophen behauptet, das Leben sei wie die Materie von Ewigkeit dage¬
wesen. Die exacte Naturforschung hat bewiesen, daß die Erde in einer gewissen
Periode eine Temperatur befaß, in welcher alles organische Leben unmöglich ist. Sie
hat bewiesen, daß das organische Leben auf Erden einen Anfang hatte." — „Die
Dilettanten behaupten, die Gedanken seien Producte des Stoffwechsels des Gehirns,
so wie die Galle ein Product des Stoffwechsels der Leber. Aber die exacte Physio¬
logie weiß bis jetzt nichts von den Beziehungen, in welchen die Galle, das Secret,
zu dem Stoffwechsel der Leber, des Secretionsorgans, steht, und was die Chemie
darüber erforscht hat, beweist, daß die Elemente der Galle in keiner Beziehung zu
denen der Leber stehen. So wie die Harfe tönt, wenn ihre Saiten der Wind be¬
wegt, so denkt das Gehirn durch den Stoffwechsel, so hört das Ohr, so sieht das


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[0447] Reaction dürste überhaupt bald am Ort sein. — Von diesem unerfreulichen Gegen¬ stand wenden wir uns an die Wahlrede des Grafen Schwerin, der in seiner schlichten, klaren und wohlwollenden Weise über die neue Pnrtcibildung genau das ausgesprochen hat. was wir selber als das Nothwendige bereits mehrfach dargestellt 's t haben, und dem wir uns daher in allen Punkten anschließen. Literatur. Chemische Briefe von Justus von Liebig. Vierte umgearbeitete und vermehrte Auflage. 2 Bände. Leipzig und Heidelberg, C. F. Winterschc Verlags¬ handlung 1859. — Diese neue Auslage ist eine beträchtlich vermehrte, indem außer verschiedenen Erweiterungen der bekannten Briefe nicht weniger als 19 neue hinzu¬ gekommen sind. Letztere besprechen das Studium der Naturwissenschaften, den Kräfte- Wechsel in der unorganischen Natur, den Eigenschastswechsel der Körper, den Mate¬ rialismus, die Frage, ob Selbstverbrennung möglich sei und dann in längerer Reihenfolge die Stellung und Bedeutung der Chemie für die Landwirthschaft. Die Mög¬ lichkeit der sogenannten Selbstverbrennung wird entschieden in Abrede gestellt. Die Vertheidiger des Materialismus erklärt der Verfasser für Dilettanten. Nur die mangel¬ hafte Kenntniß der anorganischen Kräfte sei der Grund. weshalb von manchen die Existenz einer besondern in dem organischen Wesen wirkenden Kraft geleugnet und den unorganischen Kräften Wirkungen zugeschrieben würden, die ihrer Natur ent¬ gegengesetzt seien, Eine jede chemische Verbindung setze drei Ursachen voraus, immer sei es die formcnbildende Kraft der Cohäsion oder Krystallisation, welche unter Mit¬ wirkung der Wärme die chemische Affinität in ihren Aeußerungen regete, die Ord¬ nungsweise des Krystalls und damit seine Eigenschaften bedinge. Im lebendigen Körper komme eine vierte Ursache hinzu, durch welche die Cohäsionskraft beherrscht werde, durch welche die Elemente zu neuen Formen zusammentreten, neue Eigen¬ schaften erlangen, Formen und Eigenschaften, die außerhalb des Organismus nicht bestehen. „Wenn es wahr ist, daß in der anorganischen Natur eine Cohüsionskrast formenbildend besteht, so ist eS ebenso wahr, daß in den Organismen eine Kraft wirkt, eine Ursache der Bewegung und des Widerstandes, welche der Cohäsionskraft entgegentritt, welche die Wirkungen des Sauerstoffs und die stärksten chemischen An¬ ziehungen aufhebt oder umkehrt." — „Die unorganischen Kräfte schaffen immer nur Unorganisches, durch eine in dem lebendigen Leib wirkende höhere Kraft, deren Diener die unorganischen Kräfte sind, entsteht der organische, eigenthümlich geformte, vom Krystall verschiedene und mit vitalen Eigenschaften begabte Stoff." — „Es haben manche Philosophen behauptet, das Leben sei wie die Materie von Ewigkeit dage¬ wesen. Die exacte Naturforschung hat bewiesen, daß die Erde in einer gewissen Periode eine Temperatur befaß, in welcher alles organische Leben unmöglich ist. Sie hat bewiesen, daß das organische Leben auf Erden einen Anfang hatte." — „Die Dilettanten behaupten, die Gedanken seien Producte des Stoffwechsels des Gehirns, so wie die Galle ein Product des Stoffwechsels der Leber. Aber die exacte Physio¬ logie weiß bis jetzt nichts von den Beziehungen, in welchen die Galle, das Secret, zu dem Stoffwechsel der Leber, des Secretionsorgans, steht, und was die Chemie darüber erforscht hat, beweist, daß die Elemente der Galle in keiner Beziehung zu denen der Leber stehen. So wie die Harfe tönt, wenn ihre Saiten der Wind be¬ wegt, so denkt das Gehirn durch den Stoffwechsel, so hört das Ohr, so sieht das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/447>, abgerufen am 04.11.2024.