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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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in Oestreich noch neu und frisch ist und weniger Büchervorräthe aus früherer
Zeit dort vorhanden sind, und daß in Baiern nach dem Vorgang der Haupt¬
stadt der Sinn für bildende Kunst mehr entwickelt ist, als der für die Literatur.
Der wohlhabende Bauer oder Gewerbsmann in Altbaiern denkt in der Regel
nicht daran, außer einigen Gebetbüchern und etwa den "Fliegenden Blättern",
weitere Geistesnahrung ins Haus zu schaffen, während der reiche Landwirty
in Norddeutschland seine steine Bibliothek hält und selbst der minder bemittelte
Bürger und Handwerker sich das Geld am Munde abspart, um sich ein
unterhaltendes oder belehrendes Buch zu verschaffen. Schon günstiger als in
Baiern stellt sich die Sache in Würtemberg; Stuttgart ist ein Hauptplatz für
die literarische Production, weniger freilich für den Absatz. Das umgekehrte
Verhältniß findet in Baden und in der Rheinpfalz statt, wo schon der all¬
gemeine Wohlstand des Volkes dem Bücherkaufen günstig ist, während die
Productionslust zurücktritt. Zum Beleg des eben Gesagten fügen wir einige
Notizen aus dem Geschäftsbetrieb einer leipziger Verlagsbuchhandlung bei.
die uns das Verhältniß des Absatzes nach den verschiedenen Ländern folgen¬
dermaßen angibt:

Die Procente des Absatzes von 1857 vertheilen sich so:
Preußen mit ..... 30 Proc.
Königreich Sachsen und die
Herzogtümer .... 20
Das übrige Norddeutschland 23 -
Also in ganz Norddeutschland.....73 Proc.
Süddeutschland .... 5 - ^ ^ ^
^.-"5" ^--: dei-M ^"...ik.it: '
Deutschland 84 Proc.
Nußland .... 5 Proc. ^
Schweiz .... 4 - l. .... 16 -
andere Länder-
100 Proc..
Ml!

Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß der Absatz nach Oestreich grade
bei dieser Buchhandlung unverhältnißmäßig schwach ist, und daß von den
20. Proc. Absatz nach Sachsen 0--8 Proc. auf Bezüge der leipziger Commis¬
sionäre für auswärtige Rechnung fallen dürften.

Eine noch detaillirtere Anschauung gibt die Berechnung vom Jahr 1844,
in welcher die Procente des Absatzes in Beziehung gesetzt sind zu der Zahl
der Buchhandlungen in den einzelnen Ländern und Städten. Es ist dabei
besonders bemerkenswerth, daß bei Oestreich und Preußen das Absatzver-


in Oestreich noch neu und frisch ist und weniger Büchervorräthe aus früherer
Zeit dort vorhanden sind, und daß in Baiern nach dem Vorgang der Haupt¬
stadt der Sinn für bildende Kunst mehr entwickelt ist, als der für die Literatur.
Der wohlhabende Bauer oder Gewerbsmann in Altbaiern denkt in der Regel
nicht daran, außer einigen Gebetbüchern und etwa den „Fliegenden Blättern",
weitere Geistesnahrung ins Haus zu schaffen, während der reiche Landwirty
in Norddeutschland seine steine Bibliothek hält und selbst der minder bemittelte
Bürger und Handwerker sich das Geld am Munde abspart, um sich ein
unterhaltendes oder belehrendes Buch zu verschaffen. Schon günstiger als in
Baiern stellt sich die Sache in Würtemberg; Stuttgart ist ein Hauptplatz für
die literarische Production, weniger freilich für den Absatz. Das umgekehrte
Verhältniß findet in Baden und in der Rheinpfalz statt, wo schon der all¬
gemeine Wohlstand des Volkes dem Bücherkaufen günstig ist, während die
Productionslust zurücktritt. Zum Beleg des eben Gesagten fügen wir einige
Notizen aus dem Geschäftsbetrieb einer leipziger Verlagsbuchhandlung bei.
die uns das Verhältniß des Absatzes nach den verschiedenen Ländern folgen¬
dermaßen angibt:

Die Procente des Absatzes von 1857 vertheilen sich so:
Preußen mit ..... 30 Proc.
Königreich Sachsen und die
Herzogtümer .... 20
Das übrige Norddeutschland 23 -
Also in ganz Norddeutschland.....73 Proc.
Süddeutschland .... 5 - ^ ^ ^
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Schweiz .... 4 - l. .... 16 -
andere Länder-
100 Proc..
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Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß der Absatz nach Oestreich grade
bei dieser Buchhandlung unverhältnißmäßig schwach ist, und daß von den
20. Proc. Absatz nach Sachsen 0—8 Proc. auf Bezüge der leipziger Commis¬
sionäre für auswärtige Rechnung fallen dürften.

Eine noch detaillirtere Anschauung gibt die Berechnung vom Jahr 1844,
in welcher die Procente des Absatzes in Beziehung gesetzt sind zu der Zahl
der Buchhandlungen in den einzelnen Ländern und Städten. Es ist dabei
besonders bemerkenswerth, daß bei Oestreich und Preußen das Absatzver-


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[0397] in Oestreich noch neu und frisch ist und weniger Büchervorräthe aus früherer Zeit dort vorhanden sind, und daß in Baiern nach dem Vorgang der Haupt¬ stadt der Sinn für bildende Kunst mehr entwickelt ist, als der für die Literatur. Der wohlhabende Bauer oder Gewerbsmann in Altbaiern denkt in der Regel nicht daran, außer einigen Gebetbüchern und etwa den „Fliegenden Blättern", weitere Geistesnahrung ins Haus zu schaffen, während der reiche Landwirty in Norddeutschland seine steine Bibliothek hält und selbst der minder bemittelte Bürger und Handwerker sich das Geld am Munde abspart, um sich ein unterhaltendes oder belehrendes Buch zu verschaffen. Schon günstiger als in Baiern stellt sich die Sache in Würtemberg; Stuttgart ist ein Hauptplatz für die literarische Production, weniger freilich für den Absatz. Das umgekehrte Verhältniß findet in Baden und in der Rheinpfalz statt, wo schon der all¬ gemeine Wohlstand des Volkes dem Bücherkaufen günstig ist, während die Productionslust zurücktritt. Zum Beleg des eben Gesagten fügen wir einige Notizen aus dem Geschäftsbetrieb einer leipziger Verlagsbuchhandlung bei. die uns das Verhältniß des Absatzes nach den verschiedenen Ländern folgen¬ dermaßen angibt: Die Procente des Absatzes von 1857 vertheilen sich so: Preußen mit ..... 30 Proc. Königreich Sachsen und die Herzogtümer .... 20 Das übrige Norddeutschland 23 - Also in ganz Norddeutschland.....73 Proc. Süddeutschland .... 5 - ^ ^ ^ ^.-»5» ^--: dei-M ^„...ik.it: ' Deutschland 84 Proc. Nußland .... 5 Proc. ^ Schweiz .... 4 - l. .... 16 - andere Länder- 100 Proc.. Ml! Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß der Absatz nach Oestreich grade bei dieser Buchhandlung unverhältnißmäßig schwach ist, und daß von den 20. Proc. Absatz nach Sachsen 0—8 Proc. auf Bezüge der leipziger Commis¬ sionäre für auswärtige Rechnung fallen dürften. Eine noch detaillirtere Anschauung gibt die Berechnung vom Jahr 1844, in welcher die Procente des Absatzes in Beziehung gesetzt sind zu der Zahl der Buchhandlungen in den einzelnen Ländern und Städten. Es ist dabei besonders bemerkenswerth, daß bei Oestreich und Preußen das Absatzver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/397>, abgerufen am 02.07.2024.