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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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seiner Küche zu liefern befahl, wenn die Sitzung etwa über zwei Uhr dauern
sollte.

Mit Grumbkow starb ein Hauptvertreter jener morschen Staatskunst, die
ihm bald selbst folgen sollte. Es war nothwendig, daß ein energischer, gei¬
stig regsamer Fürst das Scepter in Preußen ergriff. Niemand, der die Ge¬
schichte vor 1740 genauer kennt, wird bestreiten können, daß Friedrichs II.
rascher Kriegszug eine ebenso nothwendige, wie wohlthätige Unternehmung
war. Mit den Worten des sterbenden Königs an Leopold von Dessau: "Ich
denke zu sterben und habe meinem Sohn alles gesagt," begann für Preußen
und Deutschland eine neue Periode, -- eine Periode des Kampfes und der
Verwirrung, aber auch eine Periode des Fortschritts und der Cultur.
"Gu-L. ^ ^ -7 'i.,,'.-^^,,^,^ .M.




Der deutsche Büchermarkt.

Soeben hat Dr. Karl Klüpfel seinem: "Wegweiser durch die Litera¬
tur der Deutschen" einen dritten Nachtrag folgen lassen, welcher die Er¬
scheinungen der Jahre 1856 -- 1858 bespricht und in derselben Einrichtung
auftritt wie das erwähnte Buch und die frühern Nachträge. Wenn wir nicht
allen Urtheilen des Verfassers beistimmen können (Otto Ludwigs "Heiterethei"
ist nach ihm "ein vielfach als originell gerühmtes, aber gänzlich verzwicktes
Charakterbild"), so verdient das Buch doch im Allgemeinen "is ein guter
Führer für Laien Empfehlung. Besonders lesenswerth ist die als Einleitung
vorangeschickte Abhandlung über Schriftstellerei und Buchhandel in der Ge¬
genwart, der wir die folgenden Beiträge zur Statistik des deutschen Bücher¬
marktes entnehmen:

Was den literarischen Verkehr in Deutschland betrifft, so gilt es für aus¬
gemacht, daß in Norddeutschland vielmehr Bücher geschrieben und^ gekauft
werden als in Süddeutschland; besonders Sachsen und die Mark sind wol
am schreib- und kauflustigsten. In Deutschland ist das in geistigen Interessen
grade nicht voranstehende Oestreich ein von den Buchhändlern besonders
geschätztes und berücksichtigtes Absatzgebiet, während auffallenderweise das
benachbarte Baiern für den schlechtesten Büchermarkt gilt. Ein Grund dieser
Erscheinung möchte darin zu suchen sein, daß das Interesse für die Literatur


seiner Küche zu liefern befahl, wenn die Sitzung etwa über zwei Uhr dauern
sollte.

Mit Grumbkow starb ein Hauptvertreter jener morschen Staatskunst, die
ihm bald selbst folgen sollte. Es war nothwendig, daß ein energischer, gei¬
stig regsamer Fürst das Scepter in Preußen ergriff. Niemand, der die Ge¬
schichte vor 1740 genauer kennt, wird bestreiten können, daß Friedrichs II.
rascher Kriegszug eine ebenso nothwendige, wie wohlthätige Unternehmung
war. Mit den Worten des sterbenden Königs an Leopold von Dessau: „Ich
denke zu sterben und habe meinem Sohn alles gesagt," begann für Preußen
und Deutschland eine neue Periode, — eine Periode des Kampfes und der
Verwirrung, aber auch eine Periode des Fortschritts und der Cultur.
"Gu-L. ^ ^ -7 'i.,,'.-^^,,^,^ .M.




Der deutsche Büchermarkt.

Soeben hat Dr. Karl Klüpfel seinem: „Wegweiser durch die Litera¬
tur der Deutschen" einen dritten Nachtrag folgen lassen, welcher die Er¬
scheinungen der Jahre 1856 — 1858 bespricht und in derselben Einrichtung
auftritt wie das erwähnte Buch und die frühern Nachträge. Wenn wir nicht
allen Urtheilen des Verfassers beistimmen können (Otto Ludwigs „Heiterethei"
ist nach ihm „ein vielfach als originell gerühmtes, aber gänzlich verzwicktes
Charakterbild"), so verdient das Buch doch im Allgemeinen «is ein guter
Führer für Laien Empfehlung. Besonders lesenswerth ist die als Einleitung
vorangeschickte Abhandlung über Schriftstellerei und Buchhandel in der Ge¬
genwart, der wir die folgenden Beiträge zur Statistik des deutschen Bücher¬
marktes entnehmen:

Was den literarischen Verkehr in Deutschland betrifft, so gilt es für aus¬
gemacht, daß in Norddeutschland vielmehr Bücher geschrieben und^ gekauft
werden als in Süddeutschland; besonders Sachsen und die Mark sind wol
am schreib- und kauflustigsten. In Deutschland ist das in geistigen Interessen
grade nicht voranstehende Oestreich ein von den Buchhändlern besonders
geschätztes und berücksichtigtes Absatzgebiet, während auffallenderweise das
benachbarte Baiern für den schlechtesten Büchermarkt gilt. Ein Grund dieser
Erscheinung möchte darin zu suchen sein, daß das Interesse für die Literatur


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[0396] seiner Küche zu liefern befahl, wenn die Sitzung etwa über zwei Uhr dauern sollte. Mit Grumbkow starb ein Hauptvertreter jener morschen Staatskunst, die ihm bald selbst folgen sollte. Es war nothwendig, daß ein energischer, gei¬ stig regsamer Fürst das Scepter in Preußen ergriff. Niemand, der die Ge¬ schichte vor 1740 genauer kennt, wird bestreiten können, daß Friedrichs II. rascher Kriegszug eine ebenso nothwendige, wie wohlthätige Unternehmung war. Mit den Worten des sterbenden Königs an Leopold von Dessau: „Ich denke zu sterben und habe meinem Sohn alles gesagt," begann für Preußen und Deutschland eine neue Periode, — eine Periode des Kampfes und der Verwirrung, aber auch eine Periode des Fortschritts und der Cultur. "Gu-L. ^ ^ -7 'i.,,'.-^^,,^,^ .M. Der deutsche Büchermarkt. Soeben hat Dr. Karl Klüpfel seinem: „Wegweiser durch die Litera¬ tur der Deutschen" einen dritten Nachtrag folgen lassen, welcher die Er¬ scheinungen der Jahre 1856 — 1858 bespricht und in derselben Einrichtung auftritt wie das erwähnte Buch und die frühern Nachträge. Wenn wir nicht allen Urtheilen des Verfassers beistimmen können (Otto Ludwigs „Heiterethei" ist nach ihm „ein vielfach als originell gerühmtes, aber gänzlich verzwicktes Charakterbild"), so verdient das Buch doch im Allgemeinen «is ein guter Führer für Laien Empfehlung. Besonders lesenswerth ist die als Einleitung vorangeschickte Abhandlung über Schriftstellerei und Buchhandel in der Ge¬ genwart, der wir die folgenden Beiträge zur Statistik des deutschen Bücher¬ marktes entnehmen: Was den literarischen Verkehr in Deutschland betrifft, so gilt es für aus¬ gemacht, daß in Norddeutschland vielmehr Bücher geschrieben und^ gekauft werden als in Süddeutschland; besonders Sachsen und die Mark sind wol am schreib- und kauflustigsten. In Deutschland ist das in geistigen Interessen grade nicht voranstehende Oestreich ein von den Buchhändlern besonders geschätztes und berücksichtigtes Absatzgebiet, während auffallenderweise das benachbarte Baiern für den schlechtesten Büchermarkt gilt. Ein Grund dieser Erscheinung möchte darin zu suchen sein, daß das Interesse für die Literatur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/396>, abgerufen am 03.07.2024.