Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.schmückte Damen, Beamte mit ihren Jnsignien, Fischer und Vogelsteller: ein Außer den hier geschilderten Culten könnten noch manche andere genannt schmückte Damen, Beamte mit ihren Jnsignien, Fischer und Vogelsteller: ein Außer den hier geschilderten Culten könnten noch manche andere genannt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0180" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265989"/> <p xml:id="ID_444" prev="#ID_443"> schmückte Damen, Beamte mit ihren Jnsignien, Fischer und Vogelsteller: ein<lb/> zahmer Bär in weiblichem Costüm wird auf einem Tragsessel getragen, ein<lb/> Affe stellt mit phrygischer Mühe und goldnem Becher den Ganymed vor, ein<lb/> Esel mit Flügeln paradirt als Pegasus, daneben geht ein alter Mann als<lb/> travestirter Bellerophon. Dann folgen Dienerinnen der Isis, in weißen Klei¬<lb/> dern, bekränzt, sie streuen Blumen und wohlriechende Essenzen und machen<lb/> Geberden mit Spiegeln und Kämmen, als wenn sie der Göttin behilflich<lb/> wären sich zu schmücken; dergleichen Ceremonien wurden z. B> auch in den<lb/> Tempeln der Minerva und Juno auf dem Capital zu Rom vor den Götter¬<lb/> bildern vollzogen. Nach ihnen kommt ein Zug aus Personen beiderlei Ge¬<lb/> schlechts bestehend, die Fackeln, Lampen und Wachskerzen tragen, gefolgt von<lb/> weißgekleideten Sängern und Spielern. Hinter diesen gehen die Eingeweihten<lb/> einher, alle in reinen linnenen Kleidern (der unerläßlichen "Tracht, da sie sich<lb/> nicht durch Berührung thierischer Stoffe verunreinigen dursten), die Männer<lb/> mit glattrasirten Köpfen, die Frauen gesalbt und in Schleierer: alle schwingen<lb/> Sistren (Klapperbleche). . Nun erst erschienen die Priester, die Lampen, Palm-<lb/> zweige, Altäre, allerlei Gefäße, ein Bild des hundsköpfigcn Anubis, eine schwarze<lb/> Kuh u. f. w. trugen, zuletzt das Symbol der Göttin selbst, eine eigenthüm¬<lb/> lich geformte, mit hieroglyphischen Bildern bedeckte Urne.</p><lb/> <p xml:id="ID_445" next="#ID_446"> Außer den hier geschilderten Culten könnten noch manche andere genannt<lb/> werden (z. B. die Verehrung der vergötterten Kaiser), aber es genügt, die<lb/> verbreitetsten und für die religiösen Zustände des spätern Alterthums vorzugs¬<lb/> weise charakteristischen hervorzuheben, um die Revolution anschaulich zu machen,<lb/> die der römisch-griechische Götterglaube während der ersten nachchristlichen<lb/> Jahrhunderte erlitt. Im ersten (reden die Erscheinungen der Göttermischung<lb/> nur vereinzelt auf, einige Dienste von Frcmdgöttern erscheinen noch garnicht,<lb/> andere wenig verbreitet, im zweiten drängen sie sich bereits massenhaft in<lb/> den Vordergrund, im dritten erreicht dieser Proceß seinen Höhepunkt. Die<lb/> rohe Häufung heterogener Culte hat Lucian mehr als einmal witzig verspottet.<lb/> In einer Göttervcrsammlung soll Hermes aus Zeus Befehl die Götter nach<lb/> der Kostbarkeit und dem Kunstwerth ihrer Bildsäulen ordnen, dann wird den<lb/> goldenen vor den marmornen der Vorzug eingeräumt und so kommt es, daß<lb/> Bendis, Anubis, Atyis, Mithrcis und ein asiatischer Mondgott die obersten<lb/> Plätze erhalten, bei einer Göttermahlzeit dagegen werden Atyis und Saba-<lb/> gios „die zweifelhaften und aus der Fremde angezogenen Götter" untenan<lb/> neben Pan und die KorybanKn gesetzt. Ein andermal gehn die Götter zu<lb/> Rath über die Menge neuer Eindringlinge von zweifelhafter Berechtigung,<lb/> Momos meldet sich zum Reden und kritisirt unter andern die orientalischen<lb/> Gottheiten. Mithras im medischen Kaftan und Tiara gehöre nicht in den<lb/> Olymp: er könne nicht einmal griechisch und verstehe nicht, wenn man ihm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0180]
schmückte Damen, Beamte mit ihren Jnsignien, Fischer und Vogelsteller: ein
zahmer Bär in weiblichem Costüm wird auf einem Tragsessel getragen, ein
Affe stellt mit phrygischer Mühe und goldnem Becher den Ganymed vor, ein
Esel mit Flügeln paradirt als Pegasus, daneben geht ein alter Mann als
travestirter Bellerophon. Dann folgen Dienerinnen der Isis, in weißen Klei¬
dern, bekränzt, sie streuen Blumen und wohlriechende Essenzen und machen
Geberden mit Spiegeln und Kämmen, als wenn sie der Göttin behilflich
wären sich zu schmücken; dergleichen Ceremonien wurden z. B> auch in den
Tempeln der Minerva und Juno auf dem Capital zu Rom vor den Götter¬
bildern vollzogen. Nach ihnen kommt ein Zug aus Personen beiderlei Ge¬
schlechts bestehend, die Fackeln, Lampen und Wachskerzen tragen, gefolgt von
weißgekleideten Sängern und Spielern. Hinter diesen gehen die Eingeweihten
einher, alle in reinen linnenen Kleidern (der unerläßlichen "Tracht, da sie sich
nicht durch Berührung thierischer Stoffe verunreinigen dursten), die Männer
mit glattrasirten Köpfen, die Frauen gesalbt und in Schleierer: alle schwingen
Sistren (Klapperbleche). . Nun erst erschienen die Priester, die Lampen, Palm-
zweige, Altäre, allerlei Gefäße, ein Bild des hundsköpfigcn Anubis, eine schwarze
Kuh u. f. w. trugen, zuletzt das Symbol der Göttin selbst, eine eigenthüm¬
lich geformte, mit hieroglyphischen Bildern bedeckte Urne.
Außer den hier geschilderten Culten könnten noch manche andere genannt
werden (z. B. die Verehrung der vergötterten Kaiser), aber es genügt, die
verbreitetsten und für die religiösen Zustände des spätern Alterthums vorzugs¬
weise charakteristischen hervorzuheben, um die Revolution anschaulich zu machen,
die der römisch-griechische Götterglaube während der ersten nachchristlichen
Jahrhunderte erlitt. Im ersten (reden die Erscheinungen der Göttermischung
nur vereinzelt auf, einige Dienste von Frcmdgöttern erscheinen noch garnicht,
andere wenig verbreitet, im zweiten drängen sie sich bereits massenhaft in
den Vordergrund, im dritten erreicht dieser Proceß seinen Höhepunkt. Die
rohe Häufung heterogener Culte hat Lucian mehr als einmal witzig verspottet.
In einer Göttervcrsammlung soll Hermes aus Zeus Befehl die Götter nach
der Kostbarkeit und dem Kunstwerth ihrer Bildsäulen ordnen, dann wird den
goldenen vor den marmornen der Vorzug eingeräumt und so kommt es, daß
Bendis, Anubis, Atyis, Mithrcis und ein asiatischer Mondgott die obersten
Plätze erhalten, bei einer Göttermahlzeit dagegen werden Atyis und Saba-
gios „die zweifelhaften und aus der Fremde angezogenen Götter" untenan
neben Pan und die KorybanKn gesetzt. Ein andermal gehn die Götter zu
Rath über die Menge neuer Eindringlinge von zweifelhafter Berechtigung,
Momos meldet sich zum Reden und kritisirt unter andern die orientalischen
Gottheiten. Mithras im medischen Kaftan und Tiara gehöre nicht in den
Olymp: er könne nicht einmal griechisch und verstehe nicht, wenn man ihm
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