Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.sinkenden Kunst und zeigt, daß seine eigentliche Ausbreitung"erst in den Zei¬ Neben Mithras, Baal, Astarte und den übrigen Naturgöttern des Ostens sinkenden Kunst und zeigt, daß seine eigentliche Ausbreitung"erst in den Zei¬ Neben Mithras, Baal, Astarte und den übrigen Naturgöttern des Ostens <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0178" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/265987"/> <p xml:id="ID_440" prev="#ID_439"> sinkenden Kunst und zeigt, daß seine eigentliche Ausbreitung"erst in den Zei¬<lb/> ten der Antonine begann. Gegen hundert mithrische Inschriften und Kunst¬<lb/> darstellungen sind gegenwärtig bekannt, woraus man auf die Masse der ehe¬<lb/> mals vorhandenen schließen kann, von denen ein großer Theil ohne Zweifel<lb/> noch unter der Erde liegt. Die Schauplätze dieses räthselhaften Gottesdienstes<lb/> waren natürliche oder künstliche Höhlen, an deren Hinterwand sich eine Re-<lb/> liefdarstellung befand. Die zahlreichen Exemplare der Mithrasreliefs stimmen<lb/> in allem Wesentlichen überein. Immer erscheint Mithras als ein Jüngling in<lb/> phrygischer Tracht, der auf einem Stier kniet und dessen Kopf emporrichtend<lb/> einen Dolch in die Kehle stößt, ein Hund, eine Schlange und ein Scorpion<lb/> nähren sich von dem Blute des Opfers, aus dessen Schweif Aehren sprießen.<lb/> Ein auf- und niederfahrcnder Wagen bedeuten Sonne und Mond, zwei Jüng¬<lb/> linge in phrygischer Tracht, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter<lb/> Fackel, Morgen- und Abendstern. Diese räthselhaften Darstellungen erhalten<lb/> auch durch die Inschriften keine genügende Erklärung, in welchen Mithras<lb/> außer den Beinamen „Sonnengott" auch den des „Unbesiegter" zu führen<lb/> pflegt. Die große Mithrashöhle zu Rom wurde im Jahr 377 von dem Stadt-<lb/> präfecten Gracchus geräumt und ihre Bildwerke zerstört, in Alexandrien wurde<lb/> über dem dortigen Mithreum eine christliche Kirche gebaut, doch erhielt sich<lb/> der Cultus, wie die Denkmäler bezeugen, noch mindestens bis zum Ende des<lb/> Jahrhunderts.</p><lb/> <p xml:id="ID_441" next="#ID_442"> Neben Mithras, Baal, Astarte und den übrigen Naturgöttern des Ostens<lb/> fand auch der Jehovah der Juden im Westen zahlreiche Anbeter. Wie groß<lb/> schon gegen das Ende der Republik die Menge der Juden in Rom war, ist<lb/> aus Ciceros Rede für Flaccius bekannt, nach welcher Muth dazu.gehörte, dieser<lb/> eng zusammenhaltenden Masse Trotz zu bieten: während des ersten Jahrhun¬<lb/> derts lassen verschiedene Nachrichten (namentlich von Maßregeln, die gegen sie<lb/> ergriffen wurden) eher auf eine Zu- als Abnahme der jüdischen Bevölkerung<lb/> schließen. In Horazens Zeit waren diejenigen Römer schon nicht selten, welche<lb/> am Sabbath kein Geschüft verrichteten; ein Fall unter Tibers Regierung zeigt,<lb/> daß die Bekehrungen zum Judenthum damals schon in den höhern Ständen-<lb/> stattfanden, namentlich (wie schon früher erwähnt) unter den Frauen, wie<lb/> z. B. Neros Gemahlin Poppäa zu den Anhängern dieser Religion gehörte.<lb/> Unter Nero konnte Seneca, wenn auch ohne Zweifel mit Uebertreibung, sagen,<lb/> daß der Cultus „dieses höchst verderblichen Volkes" bereits in allen Ländern<lb/> eingeführt sei. Wiederholte spätere kaiserliche Erlasse, die den Uebertritt zum<lb/> Judenthum oder die Beschneidung verbieten, zeigen die Fortdauer der Bekeh¬<lb/> rungen. Vermuthlich waren diese in den meisten Fällen sehr äußerlich, und<lb/> hie Convertiten begnügten sich mit Beobachtung gewisser Ceremonien, nament¬<lb/> lich mit strengem Halten des Sabbaths, an dem sie fasteten und beteten und</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0178]
sinkenden Kunst und zeigt, daß seine eigentliche Ausbreitung"erst in den Zei¬
ten der Antonine begann. Gegen hundert mithrische Inschriften und Kunst¬
darstellungen sind gegenwärtig bekannt, woraus man auf die Masse der ehe¬
mals vorhandenen schließen kann, von denen ein großer Theil ohne Zweifel
noch unter der Erde liegt. Die Schauplätze dieses räthselhaften Gottesdienstes
waren natürliche oder künstliche Höhlen, an deren Hinterwand sich eine Re-
liefdarstellung befand. Die zahlreichen Exemplare der Mithrasreliefs stimmen
in allem Wesentlichen überein. Immer erscheint Mithras als ein Jüngling in
phrygischer Tracht, der auf einem Stier kniet und dessen Kopf emporrichtend
einen Dolch in die Kehle stößt, ein Hund, eine Schlange und ein Scorpion
nähren sich von dem Blute des Opfers, aus dessen Schweif Aehren sprießen.
Ein auf- und niederfahrcnder Wagen bedeuten Sonne und Mond, zwei Jüng¬
linge in phrygischer Tracht, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter
Fackel, Morgen- und Abendstern. Diese räthselhaften Darstellungen erhalten
auch durch die Inschriften keine genügende Erklärung, in welchen Mithras
außer den Beinamen „Sonnengott" auch den des „Unbesiegter" zu führen
pflegt. Die große Mithrashöhle zu Rom wurde im Jahr 377 von dem Stadt-
präfecten Gracchus geräumt und ihre Bildwerke zerstört, in Alexandrien wurde
über dem dortigen Mithreum eine christliche Kirche gebaut, doch erhielt sich
der Cultus, wie die Denkmäler bezeugen, noch mindestens bis zum Ende des
Jahrhunderts.
Neben Mithras, Baal, Astarte und den übrigen Naturgöttern des Ostens
fand auch der Jehovah der Juden im Westen zahlreiche Anbeter. Wie groß
schon gegen das Ende der Republik die Menge der Juden in Rom war, ist
aus Ciceros Rede für Flaccius bekannt, nach welcher Muth dazu.gehörte, dieser
eng zusammenhaltenden Masse Trotz zu bieten: während des ersten Jahrhun¬
derts lassen verschiedene Nachrichten (namentlich von Maßregeln, die gegen sie
ergriffen wurden) eher auf eine Zu- als Abnahme der jüdischen Bevölkerung
schließen. In Horazens Zeit waren diejenigen Römer schon nicht selten, welche
am Sabbath kein Geschüft verrichteten; ein Fall unter Tibers Regierung zeigt,
daß die Bekehrungen zum Judenthum damals schon in den höhern Ständen-
stattfanden, namentlich (wie schon früher erwähnt) unter den Frauen, wie
z. B. Neros Gemahlin Poppäa zu den Anhängern dieser Religion gehörte.
Unter Nero konnte Seneca, wenn auch ohne Zweifel mit Uebertreibung, sagen,
daß der Cultus „dieses höchst verderblichen Volkes" bereits in allen Ländern
eingeführt sei. Wiederholte spätere kaiserliche Erlasse, die den Uebertritt zum
Judenthum oder die Beschneidung verbieten, zeigen die Fortdauer der Bekeh¬
rungen. Vermuthlich waren diese in den meisten Fällen sehr äußerlich, und
hie Convertiten begnügten sich mit Beobachtung gewisser Ceremonien, nament¬
lich mit strengem Halten des Sabbaths, an dem sie fasteten und beteten und
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