Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.auch sehr gern. Von dem griechischen Zeug mag er nichts mehr wissen, aber Im Verlauf des Gastmahls erregt einer der Fremden, die sich in Ge¬ ') Es sind juristische Bücher gemeint.
auch sehr gern. Von dem griechischen Zeug mag er nichts mehr wissen, aber Im Verlauf des Gastmahls erregt einer der Fremden, die sich in Ge¬ ') Es sind juristische Bücher gemeint.
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auch sehr gern. Von dem griechischen Zeug mag er nichts mehr wissen, aber
zum Latein hat er schon rechte Lust bekommen, nur ist sein Lehrer ein eingebildeter
Mensch, der nie auf einem Flecke bleibt und nichts thun will. Ich habe noch einen
anderen, der ist zwar nicht gelehrt, aber er gibt sich Mühe und lehrt mehr
als er weiß. Er pflegt an den Feiertagen zu mir zu kommen und was man
ihm dann gibt, damit ist er zufrieden. Ich habe jetzt meinem Jungen einige
von den Scharteken gekauft, wo die Ueberschriften mit Röthel gemacht sind^):
denn als künftiger Hausbesitzer soll er etwas vom Recht wegbekommen. Das
ist eine Sache, die ihr Brot bringt. Denn Unterricht hat er schon genug ge¬
habt. Wenn er nicht dazu anstellig ist, soll er ein Handwerk lernen, entweder
Barbier oder Ausrufer oder wenigstens Advocat, das hat er dann für das
ganze Leben. Darum predige ich ihm alle Tage: Glaube mir mein Sohn,
was du lernst, das lernst du zu deinem Besten. Siehst du den Advokaten
Phileros. wenn der nicht gelernt hätte, so wüßte er nicht, von was er heute
satt werden sollte. Es ist noch nicht lange her, daß er Säcke auf dem Rücken
schleppte: jetzt bindet er mit Norbanus an: Ja ja, die Wissenschaften,
das ist baares Geld, und was man einmal kann, das verliert man nicht
wieder."
Im Verlauf des Gastmahls erregt einer der Fremden, die sich in Ge¬
sellschaft des Rhetors befinden, durch unzeitige Heiterkeit den Zorn eines dieser
Freigelassenen, und er führt dein Spötter zu Gemüth, daß er und seines
Gleichen nicht Leute seien, über die man lachen dürfe. „Du bist el» römischer
Ritter? Und ich der Sohn eines Königs. Weshalb ich also als Sklav ge¬
dient habe? Weil ich freiwillig in die Sklaverei gegangen bin und lieber rö¬
mischer Bürger sein wollte als zu einem tributpflichtigen Volk gehören. Und
jetzt schmeichle ich mir, so zu leben, daß ich niemandem zum Gelächter bin.
Ich bin ein Mensch unter Menschen, ich gehe mit unverdecktcm Gesicht ein¬
her. Ich bin keinem einen Groschen schuldig. Ich habe niemals einen Ter¬
min gehabt.6 Niemand hat mir aus dem Forum nachgerufen: bezahle was
du schuldig bist! Ich habe ein Stückchen Land gekauft; ich füttere zwanzig
Mägen, ich habe meine Gefährtin frei gekauft, damit niemand sich an ihren
Haaren die Hände abtrocknen soll; ich habe tausend Denar für meine eigne
Freilassung gezahlt; ich bin gratis in den Vorstand der Augustalen gewählt,^
und hoffe so zu sterben, daß ich nach meinem Tode nicht zu erröthen brauche.
Bist du so stolz, daß du nicht hinter dich sehen willst? An einem andern siehst
du das kleinste Läuschen, an dir nicht einmal die Hundslaus. Du bist hier
der einzige, dem wir lächerlich vorkommen. Sieh deinen Lehrer an, er ist
em gesetzter Mann, er findet an uns Gefallen, du Kibitz, du Taugenichts!
') Es sind juristische Bücher gemeint.
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