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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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mal seine Dividende vertheilt, keine 35 Pet. und keine 17 Pet,, nichts,
gar nichts hat sein gewaltiges Institut abgeworfen, und einstimmige Seufzer
der Börsenmänner folgen dieser Verkündung.

Vor einem Jahre "bedürfte der Credit, jene Industrie, welche aller
andern Nahrung verleiht >und zum Gleichgewicht des Arbeitslohnes so Be¬
deutendes mitwirkt, eiuer kraftvollen, mächtigen Organisation, welche fähig,
den Schrecken wie das leidenschaftliche Vertraue" zu beherrschen, ein be¬
stimmtes Ziel verfolgte und auf dieses Ziel mit Entschlossenheit zuschritt,"
u. s. w,, in diesem Jahre hat es die Krisis, wie Hr. Pereire sagt, auch
dem Credit-Mobilier, der Verkörperung jener kraftvollen, mächtigen Organi¬
sation angethan. Wie war das aber nnr möglich, da doch Jahre lang so
eifrig, mit so ungeheuern Mitteln "organisirt" war, wie konnte unter dem
mächtigen Scepter des Pereire der allgemeine Credit überhaupt so sehr er¬
schüttert werden?

Die Autwort auf diese und ähnliche Fragen bleibt der große Mann uns
freilich schuldig, so sehr man anch berechtigt ist, dieselben zu stellen. Die
Krisis ist da, sie hat uns überrascht, wir haben sie nickt verhindern können,
das Eingeständnis; wird gemacht. "Die Krisis war die nothwendige Folge
eines ausnahmsweisen Ueberflusses, welcher durch die außerordentliche Selten-
heit aller Dinge auf allen Märkten hervorgerufen, plövlich das Gleichgewicht
der Preise störte," das war nach den Worten des diesjährigen Berichts das
einzige Unglück, dem er nicht begegnen konnte -- wenn man nur im Stande
wäre, in diesen Worten irgend^ etwas zu entdecken, was an die entfernte
Möglichkeit zu einem concreten Gedanken hinaufginge! Wir wollen sie daher
auf sich beruhen lassen, indem wir sie einfach zu den bisherigen Erklärungen
der großen Verkehrskrisis des verflossenen Jahres hinzu registriren. Das Conto
der Krisis ist schon so groß, der bankerott gewordene Schwindel hat schon so
vielfach sich unter ihren Fittig begeben, daß sie wol auch noch die Last des
dividendenlosen Credit-Mobilier zu tragen vermag.

Aus dem langen diesjährigen Berichte desselben haben wir eine ganz
kleine Blumenlese von besonders prägnanten Aeußerungen") uns aufgezeichnet,
die wir zur Kennzeichnung des Actenstückes und der bei dessen Abfassung vor¬
waltenden Stimmungen unsern Lesern mittheilen wollen. Das Bedürfniß
nach Vertheidigung und das nach Worten hat sie eingegeben, und sie gehören
mit zur Tagesgeschichte.



Der Bericht ist diesmal den deutschen Blättern von Paris aus in einer so schauder¬
haften, zuweilen selbst ganz sinnlosen Uebersetzung zugegangen, daß man sich eigentlich etwas
schämen muß, sie in dieser Gestalt in der deutschen Presse wiederzufinden. Ist der pariser
Credit-Mobilier bereits so arm, daß er in der französischen Hauptstadt reinen anständigen
deutschen Uebcrsehcr aufzutreiben vermag?

mal seine Dividende vertheilt, keine 35 Pet. und keine 17 Pet,, nichts,
gar nichts hat sein gewaltiges Institut abgeworfen, und einstimmige Seufzer
der Börsenmänner folgen dieser Verkündung.

Vor einem Jahre „bedürfte der Credit, jene Industrie, welche aller
andern Nahrung verleiht >und zum Gleichgewicht des Arbeitslohnes so Be¬
deutendes mitwirkt, eiuer kraftvollen, mächtigen Organisation, welche fähig,
den Schrecken wie das leidenschaftliche Vertraue» zu beherrschen, ein be¬
stimmtes Ziel verfolgte und auf dieses Ziel mit Entschlossenheit zuschritt,"
u. s. w,, in diesem Jahre hat es die Krisis, wie Hr. Pereire sagt, auch
dem Credit-Mobilier, der Verkörperung jener kraftvollen, mächtigen Organi¬
sation angethan. Wie war das aber nnr möglich, da doch Jahre lang so
eifrig, mit so ungeheuern Mitteln „organisirt" war, wie konnte unter dem
mächtigen Scepter des Pereire der allgemeine Credit überhaupt so sehr er¬
schüttert werden?

Die Autwort auf diese und ähnliche Fragen bleibt der große Mann uns
freilich schuldig, so sehr man anch berechtigt ist, dieselben zu stellen. Die
Krisis ist da, sie hat uns überrascht, wir haben sie nickt verhindern können,
das Eingeständnis; wird gemacht. „Die Krisis war die nothwendige Folge
eines ausnahmsweisen Ueberflusses, welcher durch die außerordentliche Selten-
heit aller Dinge auf allen Märkten hervorgerufen, plövlich das Gleichgewicht
der Preise störte," das war nach den Worten des diesjährigen Berichts das
einzige Unglück, dem er nicht begegnen konnte — wenn man nur im Stande
wäre, in diesen Worten irgend^ etwas zu entdecken, was an die entfernte
Möglichkeit zu einem concreten Gedanken hinaufginge! Wir wollen sie daher
auf sich beruhen lassen, indem wir sie einfach zu den bisherigen Erklärungen
der großen Verkehrskrisis des verflossenen Jahres hinzu registriren. Das Conto
der Krisis ist schon so groß, der bankerott gewordene Schwindel hat schon so
vielfach sich unter ihren Fittig begeben, daß sie wol auch noch die Last des
dividendenlosen Credit-Mobilier zu tragen vermag.

Aus dem langen diesjährigen Berichte desselben haben wir eine ganz
kleine Blumenlese von besonders prägnanten Aeußerungen") uns aufgezeichnet,
die wir zur Kennzeichnung des Actenstückes und der bei dessen Abfassung vor¬
waltenden Stimmungen unsern Lesern mittheilen wollen. Das Bedürfniß
nach Vertheidigung und das nach Worten hat sie eingegeben, und sie gehören
mit zur Tagesgeschichte.



Der Bericht ist diesmal den deutschen Blättern von Paris aus in einer so schauder¬
haften, zuweilen selbst ganz sinnlosen Uebersetzung zugegangen, daß man sich eigentlich etwas
schämen muß, sie in dieser Gestalt in der deutschen Presse wiederzufinden. Ist der pariser
Credit-Mobilier bereits so arm, daß er in der französischen Hauptstadt reinen anständigen
deutschen Uebcrsehcr aufzutreiben vermag?
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/342>, abgerufen am 21.12.2024.