Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.gönnt, seine bewundernswürdigen historischen Entwürfe, seine Eimbernschlacht, gönnt, seine bewundernswürdigen historischen Entwürfe, seine Eimbernschlacht, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186666"/> <p xml:id="ID_570" prev="#ID_569"> gönnt, seine bewundernswürdigen historischen Entwürfe, seine Eimbernschlacht,<lb/> seine Sanrsongcschichte zu skizziren. Sie werden Skizzen bleiben trotz des ge¬<lb/> rechten Preises, der ihnen ans der allgemeinen pariser Kunstausstellung wurde,<lb/> denn Descamps ist in der Zwischenzeit alt geworden, in seiner Kraft gebrochen,<lb/> in seiner Energie erlahmt. Mit dem vielleicht nach tragischen Schicksale eines<lb/> andern Künstlers sind wir zufallig in diesen Tagen bekannt geworden. Am Anfange<lb/> der Restaurationsperiode stellte ein junger Mann ein Bild aus, dessen Gegen¬<lb/> stand — ein Jahrmarkt in einer kleinen französischen Stadt — gleichgiltig<lb/> ließ, dessen Behandlung vollkommen von der Tagesmode abwich, in allem<lb/> und jedem dem herrschenden Klassicismus widersprach. Sein Werk wurde mit<lb/> Verachtung aufgenommen. Er versuchte es noch das eine und das andere Mal<lb/> und erfuhr das gleiche Schicksal. Kein Mensch wollte an seine Befähigung<lb/> glauben, er selbst verzweifelte, warf Pinsel und Palette sort und vergrub sich<lb/> als Schreiber in eine Ministerialkanzlei, wo er noch jetzt als betagter,<lb/> mürrischer Greis Hausen soll. Sein Namen wie sein Bild blieben vergessen.<lb/> Das letztere, der Jahrmarkt, tauchte erst im vorigen Jahre bei einem Trödler<lb/> wieder auf. Künstler und Kunstfreunde, die es sahen, konnten nicht begreifen,<lb/> woher das Bild komme. Es zeigte einen durchaus gereiften Mann, es war<lb/> des größten, jetzt lebenden Malers werth, und doch war niemand im Stande,<lb/> den Meister anzugeben. Die Jahrmarktscenc ist mit einem sprudelnden<lb/> Humor skizzirt, das geschmacklose Costüm mit »unwürdigem Geschicke ver¬<lb/> wendet, die Schilderung so frisch und reich und die Zeichnung tadellos, die<lb/> Gruppirung frei und lebendig und vor allem das Eolorit so vortrefflich be¬<lb/> handelt, daß, wenn Temers heute zur Erde niederstiege, er es nicht besser,<lb/> nicht anders machen könnte. Das Bild wurde um einen hohen Preis von<lb/> Herr Papeleu erstanden, in dessen kleiner, aber gewählter Sammlung auf dem<lb/> Quai des Augustins es jedermann besichtigen kann. Bon trefflichen Descamps,<lb/> Cvrots, Diajs, Troyons, Rousseaus umgeben, schlägt es alle und würde<lb/> selbst vor alten Holländern nicht weichen. Bei .dieser Gelegenheit wurde auch<lb/> der Name und das Schicksal des' Künstlers bekannt. Dem Mann ist nicht<lb/> zu helfen, am wenigsten der Versuch zu rathen, ihn der Künstlerlaufbahn<lb/> wieder zuführen zu wollen. Er haßt alles was Kunst oder Künstler heißt.<lb/> Aber sein Name soll nicht vergessen werden. Er heißt Garbet. Es ist das<lb/> erstemal, daß dieser Name gedruckt wird. Französische Journale haben bis<lb/> jetzt von dem merkwürdigen Funde geschwiegen. Aber es ist gewiß nicht das<lb/> letzte Mal. Das Bild gehört in die Louvresammlung und ist es einmal dahin<lb/> gekommen, so wrrd der Name gewiß bald allen Kunstgebildeten geläufig<lb/> werden. Der Mann würde brummen, wenn er es hörte, dennoch rufen<lb/><note type="byline"> A. Sy.</note> wir aus vollem Herzen: es lebe Garbet! </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
gönnt, seine bewundernswürdigen historischen Entwürfe, seine Eimbernschlacht,
seine Sanrsongcschichte zu skizziren. Sie werden Skizzen bleiben trotz des ge¬
rechten Preises, der ihnen ans der allgemeinen pariser Kunstausstellung wurde,
denn Descamps ist in der Zwischenzeit alt geworden, in seiner Kraft gebrochen,
in seiner Energie erlahmt. Mit dem vielleicht nach tragischen Schicksale eines
andern Künstlers sind wir zufallig in diesen Tagen bekannt geworden. Am Anfange
der Restaurationsperiode stellte ein junger Mann ein Bild aus, dessen Gegen¬
stand — ein Jahrmarkt in einer kleinen französischen Stadt — gleichgiltig
ließ, dessen Behandlung vollkommen von der Tagesmode abwich, in allem
und jedem dem herrschenden Klassicismus widersprach. Sein Werk wurde mit
Verachtung aufgenommen. Er versuchte es noch das eine und das andere Mal
und erfuhr das gleiche Schicksal. Kein Mensch wollte an seine Befähigung
glauben, er selbst verzweifelte, warf Pinsel und Palette sort und vergrub sich
als Schreiber in eine Ministerialkanzlei, wo er noch jetzt als betagter,
mürrischer Greis Hausen soll. Sein Namen wie sein Bild blieben vergessen.
Das letztere, der Jahrmarkt, tauchte erst im vorigen Jahre bei einem Trödler
wieder auf. Künstler und Kunstfreunde, die es sahen, konnten nicht begreifen,
woher das Bild komme. Es zeigte einen durchaus gereiften Mann, es war
des größten, jetzt lebenden Malers werth, und doch war niemand im Stande,
den Meister anzugeben. Die Jahrmarktscenc ist mit einem sprudelnden
Humor skizzirt, das geschmacklose Costüm mit »unwürdigem Geschicke ver¬
wendet, die Schilderung so frisch und reich und die Zeichnung tadellos, die
Gruppirung frei und lebendig und vor allem das Eolorit so vortrefflich be¬
handelt, daß, wenn Temers heute zur Erde niederstiege, er es nicht besser,
nicht anders machen könnte. Das Bild wurde um einen hohen Preis von
Herr Papeleu erstanden, in dessen kleiner, aber gewählter Sammlung auf dem
Quai des Augustins es jedermann besichtigen kann. Bon trefflichen Descamps,
Cvrots, Diajs, Troyons, Rousseaus umgeben, schlägt es alle und würde
selbst vor alten Holländern nicht weichen. Bei .dieser Gelegenheit wurde auch
der Name und das Schicksal des' Künstlers bekannt. Dem Mann ist nicht
zu helfen, am wenigsten der Versuch zu rathen, ihn der Künstlerlaufbahn
wieder zuführen zu wollen. Er haßt alles was Kunst oder Künstler heißt.
Aber sein Name soll nicht vergessen werden. Er heißt Garbet. Es ist das
erstemal, daß dieser Name gedruckt wird. Französische Journale haben bis
jetzt von dem merkwürdigen Funde geschwiegen. Aber es ist gewiß nicht das
letzte Mal. Das Bild gehört in die Louvresammlung und ist es einmal dahin
gekommen, so wrrd der Name gewiß bald allen Kunstgebildeten geläufig
werden. Der Mann würde brummen, wenn er es hörte, dennoch rufen
A. Sy. wir aus vollem Herzen: es lebe Garbet!
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