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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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jede wesentliche Erleichterung ihr Veto einlegen, die europäische Behandlung
der Frage, die Erklärung der pariser Conferenz, daß die wiener Artikel eine
Wahrheit für alle Ströme sein sollen, kann uns unter den obwaltenden Um¬
ständen allein aus der Stagnation reißen und die Freiheit der Flußschiffahrt
nicht blos für die Donau, sondern für Elbe, Rhein, Po u. f. w. begründen.
'


Vr.


Das englische Gerichtsverfahren und der Bmmrosche Proceß.

Am 1V. April kommt der Herzog von Malakofs als französischer Gesandter
in London an. am 17. wird Simon Bernard von der Anschuldigung einer
Beihilfe bei dem am 14. Januar in Paris verübten Attentat freigesprochen,
am 18. schreiben officiöse Federn von Paris in alle Welt hinaus, die engen
und sreundnachbarlichen Gesinnungen der französischen Regierung zur englischen
würden durch diesen Zwischenfall nicht gestört. Nur Constitutionncl und
Univers machen von dem Rechte eines Bedienten, über die ihrem Herrn wider¬
fahrenen Kränkungen mehr noch zu schimpfen wie dieser, in vollem Maß Ge¬
brauch.

Daß aber Bernard uicht verurtheilt worden, hat auch andere Leute in
Erstaunen gesetzt, die sowol, welche nach dem bekannt Gewordenen sich von
seiner Schuld überzeugt hielten, als die, welche Bernard gern als Opfer für
die Dauer der englisch-französischen Allianz dargebracht gesehen hätten. Wir
halten diese letztere Anschauung für mindestens bedenklich; denn für solchen
Zweck war das Mittel, die Verurtheilung Bernards. entweder zu groß oder
zu klein; zu groß, wenn sie ein Unrecht gegen einen Einzelnen und eine Ver¬
letzung der Principien englischer Rechtsprechung in sich schloß, zu klein, weil
es mit dieser einzelnen Hingabe doch nicht abgethan war; das Kaiserreich
hätte noch mehr solche Beweise der Freundesgesinnung fordern können und
müssen. Was aber die Frage von der Schuld Bernards betrifft, so wird man
darüber so lange zu keiner festen Meinung kommen können, bis man die
Eigenthümlichkeiten des englischen Criminalvcrfahrens sich vergegenwärtigt
hat. Es ist dasselbe nämlich in sast allen wesentlichen Punkten so sehr von
den auf dem Continente herrschenden Gewohnheiten abweichend, daß fast nichts
als die gleichmäßige Beurtheilung des Angeklagten durch die Geschwornen
bleibt, und auch hier noch bestehen sehr wesentliche Unterschiede. Es ist aber
jedenfalls der Mühe werth, beide Formen des Criminalverfahrcns nebenein-


jede wesentliche Erleichterung ihr Veto einlegen, die europäische Behandlung
der Frage, die Erklärung der pariser Conferenz, daß die wiener Artikel eine
Wahrheit für alle Ströme sein sollen, kann uns unter den obwaltenden Um¬
ständen allein aus der Stagnation reißen und die Freiheit der Flußschiffahrt
nicht blos für die Donau, sondern für Elbe, Rhein, Po u. f. w. begründen.
'


Vr.


Das englische Gerichtsverfahren und der Bmmrosche Proceß.

Am 1V. April kommt der Herzog von Malakofs als französischer Gesandter
in London an. am 17. wird Simon Bernard von der Anschuldigung einer
Beihilfe bei dem am 14. Januar in Paris verübten Attentat freigesprochen,
am 18. schreiben officiöse Federn von Paris in alle Welt hinaus, die engen
und sreundnachbarlichen Gesinnungen der französischen Regierung zur englischen
würden durch diesen Zwischenfall nicht gestört. Nur Constitutionncl und
Univers machen von dem Rechte eines Bedienten, über die ihrem Herrn wider¬
fahrenen Kränkungen mehr noch zu schimpfen wie dieser, in vollem Maß Ge¬
brauch.

Daß aber Bernard uicht verurtheilt worden, hat auch andere Leute in
Erstaunen gesetzt, die sowol, welche nach dem bekannt Gewordenen sich von
seiner Schuld überzeugt hielten, als die, welche Bernard gern als Opfer für
die Dauer der englisch-französischen Allianz dargebracht gesehen hätten. Wir
halten diese letztere Anschauung für mindestens bedenklich; denn für solchen
Zweck war das Mittel, die Verurtheilung Bernards. entweder zu groß oder
zu klein; zu groß, wenn sie ein Unrecht gegen einen Einzelnen und eine Ver¬
letzung der Principien englischer Rechtsprechung in sich schloß, zu klein, weil
es mit dieser einzelnen Hingabe doch nicht abgethan war; das Kaiserreich
hätte noch mehr solche Beweise der Freundesgesinnung fordern können und
müssen. Was aber die Frage von der Schuld Bernards betrifft, so wird man
darüber so lange zu keiner festen Meinung kommen können, bis man die
Eigenthümlichkeiten des englischen Criminalvcrfahrens sich vergegenwärtigt
hat. Es ist dasselbe nämlich in sast allen wesentlichen Punkten so sehr von
den auf dem Continente herrschenden Gewohnheiten abweichend, daß fast nichts
als die gleichmäßige Beurtheilung des Angeklagten durch die Geschwornen
bleibt, und auch hier noch bestehen sehr wesentliche Unterschiede. Es ist aber
jedenfalls der Mühe werth, beide Formen des Criminalverfahrcns nebenein-


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[0216] jede wesentliche Erleichterung ihr Veto einlegen, die europäische Behandlung der Frage, die Erklärung der pariser Conferenz, daß die wiener Artikel eine Wahrheit für alle Ströme sein sollen, kann uns unter den obwaltenden Um¬ ständen allein aus der Stagnation reißen und die Freiheit der Flußschiffahrt nicht blos für die Donau, sondern für Elbe, Rhein, Po u. f. w. begründen. ' Vr. Das englische Gerichtsverfahren und der Bmmrosche Proceß. Am 1V. April kommt der Herzog von Malakofs als französischer Gesandter in London an. am 17. wird Simon Bernard von der Anschuldigung einer Beihilfe bei dem am 14. Januar in Paris verübten Attentat freigesprochen, am 18. schreiben officiöse Federn von Paris in alle Welt hinaus, die engen und sreundnachbarlichen Gesinnungen der französischen Regierung zur englischen würden durch diesen Zwischenfall nicht gestört. Nur Constitutionncl und Univers machen von dem Rechte eines Bedienten, über die ihrem Herrn wider¬ fahrenen Kränkungen mehr noch zu schimpfen wie dieser, in vollem Maß Ge¬ brauch. Daß aber Bernard uicht verurtheilt worden, hat auch andere Leute in Erstaunen gesetzt, die sowol, welche nach dem bekannt Gewordenen sich von seiner Schuld überzeugt hielten, als die, welche Bernard gern als Opfer für die Dauer der englisch-französischen Allianz dargebracht gesehen hätten. Wir halten diese letztere Anschauung für mindestens bedenklich; denn für solchen Zweck war das Mittel, die Verurtheilung Bernards. entweder zu groß oder zu klein; zu groß, wenn sie ein Unrecht gegen einen Einzelnen und eine Ver¬ letzung der Principien englischer Rechtsprechung in sich schloß, zu klein, weil es mit dieser einzelnen Hingabe doch nicht abgethan war; das Kaiserreich hätte noch mehr solche Beweise der Freundesgesinnung fordern können und müssen. Was aber die Frage von der Schuld Bernards betrifft, so wird man darüber so lange zu keiner festen Meinung kommen können, bis man die Eigenthümlichkeiten des englischen Criminalvcrfahrens sich vergegenwärtigt hat. Es ist dasselbe nämlich in sast allen wesentlichen Punkten so sehr von den auf dem Continente herrschenden Gewohnheiten abweichend, daß fast nichts als die gleichmäßige Beurtheilung des Angeklagten durch die Geschwornen bleibt, und auch hier noch bestehen sehr wesentliche Unterschiede. Es ist aber jedenfalls der Mühe werth, beide Formen des Criminalverfahrcns nebenein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/216>, abgerufen am 21.12.2024.