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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Wissenschaften, des Ackerbaus u. s. w." -- Ein hölzerner geschnitzter Ofen¬
schirm aus dem 16. Jahrhundert, das Geschenk eines Privatmannes, erlaubt
einen Vergleich der alten und der neuen Arbeit, den letztere keineswegs zu
scheuen hat.

Durch seine Größe ausgezeichnet ist das Geschenk der Stadt Görlitz:
eine Fußdecke von 1200 Quadratfuß, die in Görlitz selbst gewirkt wurde,
und in der Mitte das Stadtwappen enthält; sie ist dieses kolossalen Umfangs
wegen hier an der Decke ausgespannt. Auch Breslau schenkte einen schönen
großen Teppich mit eingewirkten Wappen, der eine ganze Seitenwand bedeckt;
die gegenüberliegende wird von einem andern Teppich geschmückt, der auch
aus Breslau kommt, er wurde dort von 54 Damen eigenhändig gestickt
und hat bei einer Breite von 18 Fuß eine Länge von 21 Fuß. Er besteht aus
54 Feldern auf weißem Grunde mit mattgrauer Laubverzicrung, deren jedes
einen Blumenstrauß in den schönsten Farben prangend enthält, keiner dem
andern gleich. Der Totaleindruck ist ein höchst anmuthiger. Solcher Beispiele
von angestrengtem Fleiße und aufopfernder Bemühung, um die Gabe für
diesen Tag reich zu schmücken, sieht man noch unzählige, wenn man von den
reichen prunkenden Gaben der Städte und Vereine sich zu denen der Einzelnen
wendet, überall zeigen sich Beweise davon, wie bis in die fernsten Hütten
hinein durch das ganze Preußenland ein freudiger warmer Zug alle Herzen
durchströmte, und die Hoffnung: nun werde in dem jungen Paare eine neue,
eine bessere Zeit ihren Einzug halten, auf tausenderlei Art sich auszudrücken
strebte, immer aber, wie es im deutschen Wesen so begründet ist. durch Dar-
bvngung irgend einer Gabe. Mehr noch als die unzähligen Adressen. Ge-
dic-te, Widmungen und Anreden spricht sich dies Gefühl in der naiven Weise
mancher Geschenke aus, wie z. B. in den zwei paar Holzschuhen, die ein
Barer aus Wriczen selbst verfertigte, oder den lithauischen gestrickten Finger¬
handschuhen. --

Acte von den eingesandten Albums u. s. w., so z. B. die von Städten
des seines, aus den hohcnzollcrnschcn Landen und andere, sollen Ansichten
der Gebenden von den ersten Künstlern enthalten, Compositionen, Randzeich¬
nungen u. s. w., da die hier ausgestellten aber nicht geöffnet werden dürfen,
so körner wir über die einzelnen Blätter nicht berichten, sondern müssen uns
damit begnügen zu erwähnen, daß die über hundert Nummern starke Zahl
der Albums, Stiftungsurkunden u. s. w. noch lange nicht die sämmtlichen
hingegangn", umfaßt. Die Einbände sind natürlich von den einfachsten bis
zu den reichen stets sehr sinnreich verziert, und einige sind wirklich Meister¬
werke der Bchhj,iderkunst zu nennen, doch ist die Betrachtung derselben nur
eine schwache Entschädigung für den Verlust des Inhaltes.
'

Natürlich t es, daß der Blick von den reichen Gaben sich nun auch auf


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Wissenschaften, des Ackerbaus u. s. w." — Ein hölzerner geschnitzter Ofen¬
schirm aus dem 16. Jahrhundert, das Geschenk eines Privatmannes, erlaubt
einen Vergleich der alten und der neuen Arbeit, den letztere keineswegs zu
scheuen hat.

Durch seine Größe ausgezeichnet ist das Geschenk der Stadt Görlitz:
eine Fußdecke von 1200 Quadratfuß, die in Görlitz selbst gewirkt wurde,
und in der Mitte das Stadtwappen enthält; sie ist dieses kolossalen Umfangs
wegen hier an der Decke ausgespannt. Auch Breslau schenkte einen schönen
großen Teppich mit eingewirkten Wappen, der eine ganze Seitenwand bedeckt;
die gegenüberliegende wird von einem andern Teppich geschmückt, der auch
aus Breslau kommt, er wurde dort von 54 Damen eigenhändig gestickt
und hat bei einer Breite von 18 Fuß eine Länge von 21 Fuß. Er besteht aus
54 Feldern auf weißem Grunde mit mattgrauer Laubverzicrung, deren jedes
einen Blumenstrauß in den schönsten Farben prangend enthält, keiner dem
andern gleich. Der Totaleindruck ist ein höchst anmuthiger. Solcher Beispiele
von angestrengtem Fleiße und aufopfernder Bemühung, um die Gabe für
diesen Tag reich zu schmücken, sieht man noch unzählige, wenn man von den
reichen prunkenden Gaben der Städte und Vereine sich zu denen der Einzelnen
wendet, überall zeigen sich Beweise davon, wie bis in die fernsten Hütten
hinein durch das ganze Preußenland ein freudiger warmer Zug alle Herzen
durchströmte, und die Hoffnung: nun werde in dem jungen Paare eine neue,
eine bessere Zeit ihren Einzug halten, auf tausenderlei Art sich auszudrücken
strebte, immer aber, wie es im deutschen Wesen so begründet ist. durch Dar-
bvngung irgend einer Gabe. Mehr noch als die unzähligen Adressen. Ge-
dic-te, Widmungen und Anreden spricht sich dies Gefühl in der naiven Weise
mancher Geschenke aus, wie z. B. in den zwei paar Holzschuhen, die ein
Barer aus Wriczen selbst verfertigte, oder den lithauischen gestrickten Finger¬
handschuhen. —

Acte von den eingesandten Albums u. s. w., so z. B. die von Städten
des seines, aus den hohcnzollcrnschcn Landen und andere, sollen Ansichten
der Gebenden von den ersten Künstlern enthalten, Compositionen, Randzeich¬
nungen u. s. w., da die hier ausgestellten aber nicht geöffnet werden dürfen,
so körner wir über die einzelnen Blätter nicht berichten, sondern müssen uns
damit begnügen zu erwähnen, daß die über hundert Nummern starke Zahl
der Albums, Stiftungsurkunden u. s. w. noch lange nicht die sämmtlichen
hingegangn«, umfaßt. Die Einbände sind natürlich von den einfachsten bis
zu den reichen stets sehr sinnreich verziert, und einige sind wirklich Meister¬
werke der Bchhj,iderkunst zu nennen, doch ist die Betrachtung derselben nur
eine schwache Entschädigung für den Verlust des Inhaltes.
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Natürlich t es, daß der Blick von den reichen Gaben sich nun auch auf


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[0203] Wissenschaften, des Ackerbaus u. s. w." — Ein hölzerner geschnitzter Ofen¬ schirm aus dem 16. Jahrhundert, das Geschenk eines Privatmannes, erlaubt einen Vergleich der alten und der neuen Arbeit, den letztere keineswegs zu scheuen hat. Durch seine Größe ausgezeichnet ist das Geschenk der Stadt Görlitz: eine Fußdecke von 1200 Quadratfuß, die in Görlitz selbst gewirkt wurde, und in der Mitte das Stadtwappen enthält; sie ist dieses kolossalen Umfangs wegen hier an der Decke ausgespannt. Auch Breslau schenkte einen schönen großen Teppich mit eingewirkten Wappen, der eine ganze Seitenwand bedeckt; die gegenüberliegende wird von einem andern Teppich geschmückt, der auch aus Breslau kommt, er wurde dort von 54 Damen eigenhändig gestickt und hat bei einer Breite von 18 Fuß eine Länge von 21 Fuß. Er besteht aus 54 Feldern auf weißem Grunde mit mattgrauer Laubverzicrung, deren jedes einen Blumenstrauß in den schönsten Farben prangend enthält, keiner dem andern gleich. Der Totaleindruck ist ein höchst anmuthiger. Solcher Beispiele von angestrengtem Fleiße und aufopfernder Bemühung, um die Gabe für diesen Tag reich zu schmücken, sieht man noch unzählige, wenn man von den reichen prunkenden Gaben der Städte und Vereine sich zu denen der Einzelnen wendet, überall zeigen sich Beweise davon, wie bis in die fernsten Hütten hinein durch das ganze Preußenland ein freudiger warmer Zug alle Herzen durchströmte, und die Hoffnung: nun werde in dem jungen Paare eine neue, eine bessere Zeit ihren Einzug halten, auf tausenderlei Art sich auszudrücken strebte, immer aber, wie es im deutschen Wesen so begründet ist. durch Dar- bvngung irgend einer Gabe. Mehr noch als die unzähligen Adressen. Ge- dic-te, Widmungen und Anreden spricht sich dies Gefühl in der naiven Weise mancher Geschenke aus, wie z. B. in den zwei paar Holzschuhen, die ein Barer aus Wriczen selbst verfertigte, oder den lithauischen gestrickten Finger¬ handschuhen. — Acte von den eingesandten Albums u. s. w., so z. B. die von Städten des seines, aus den hohcnzollcrnschcn Landen und andere, sollen Ansichten der Gebenden von den ersten Künstlern enthalten, Compositionen, Randzeich¬ nungen u. s. w., da die hier ausgestellten aber nicht geöffnet werden dürfen, so körner wir über die einzelnen Blätter nicht berichten, sondern müssen uns damit begnügen zu erwähnen, daß die über hundert Nummern starke Zahl der Albums, Stiftungsurkunden u. s. w. noch lange nicht die sämmtlichen hingegangn«, umfaßt. Die Einbände sind natürlich von den einfachsten bis zu den reichen stets sehr sinnreich verziert, und einige sind wirklich Meister¬ werke der Bchhj,iderkunst zu nennen, doch ist die Betrachtung derselben nur eine schwache Entschädigung für den Verlust des Inhaltes. ' Natürlich t es, daß der Blick von den reichen Gaben sich nun auch auf 25*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/203>, abgerufen am 30.12.2024.