Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.die Ernte gut oder schlecht ausgefallen sein. Denselben Mann, den wir sonst Es scheint aber nicht, daß in den nächsten darauf folgenden Jahrhun¬ Erst in den allmälig aufblühenden Städten bildeten sich politische Körper¬ die Ernte gut oder schlecht ausgefallen sein. Denselben Mann, den wir sonst Es scheint aber nicht, daß in den nächsten darauf folgenden Jahrhun¬ Erst in den allmälig aufblühenden Städten bildeten sich politische Körper¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0120" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186532"/> <p xml:id="ID_274" prev="#ID_273"> die Ernte gut oder schlecht ausgefallen sein. Denselben Mann, den wir sonst<lb/> als Staatsmann, als organisatorisches Genie nicht weniger wie als Feldherrn<lb/> bewundern, sehen wir hier ein Edict erlassen, von dem heutzutage jeder ge¬<lb/> sunde Menschenverstand einsehen muß, daß es ein durchaus unvernünftiges<lb/> und undurchführbares war. Er mußte selbst auch schon zwölf Jahre spater<lb/> wieder zu einer neuen Taxe sich verstehen, welche natürlich, obwol sie um die<lb/> Hälfte hoher war als jene, ebenso wenig ihren Zweck erfüllen konnte. Ueb-<lb/> rigens war jene Verordnung von andern begleitet, die wir eher gelten lassen<lb/> tonnen, welche z. B. die Speculation mit Getreide verboten, ein gleiches und<lb/> richtiges Maß beobachtet wissen wollten, die es ferner den Grundeigentümern<lb/> zur Pflicht machten, in Zeiten der Noth für die Erhaltung ihrer Dienerschaft<lb/> und aller von ihnen Abhängigen zu sorgen. Seine nächsten Nachfolger be¬<lb/> traten noch in einigen Cupitularien den von Karl eingeschlagenen Weg, aber<lb/> mit den Karolingern hört auch vollständig die Betheiligung der Kaiser als<lb/> solcher an der Sorge für diese materiellen Interessen auf. Ausgenommen eine<lb/> vereinzelte Verordnung des nachmaligen Königs Konrad IV., damals noch in<lb/> Vertretung Friedrichs It., bei Gelegenheit des Tartarcneinfalls, wüßten wir<lb/> bis aus die Reformation leinen Erlaß, keine Handlung anzuführen, durch<lb/> welche die Kaiser als solche in die Thenrungspolitik eingegriffen hätte», diese<lb/> blieb der speciellen Gesetzgebung der einzelnen Landestheile überlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_275"> Es scheint aber nicht, daß in den nächsten darauf folgenden Jahrhun¬<lb/> derten viel nach dieser Seite hin geschah. Es mag damals überhaupt wenig<lb/> regiert worden sein; das sich so eigenthümlich abstufende Lchcnswesen des<lb/> Mittelalters, wo den Höchstgestellten von dem gemeinen Manne eine solche<lb/> Menge nicht zu übergehender Mittelspersonen trennten, welche alle nach der<lb/> einen Seite Herren, nach der andern Dienende waren, ohne daß die Grenzen<lb/> beider Verhältnisse irgendwie fest bestimmt waren, ließ nirgend den Grad<lb/> von Machtvollkommenheit aufkommen, mit welchem Maßregeln für das öffent¬<lb/> liche Wohl leicht ausführbar sind. Wer für den meist kleinen Kreis seiner<lb/> tuenden Unterthanen zur Zeit der Noth etwas thun wollte, schlug eben den<lb/> Weg der Privntwohlthätigl'eit ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_276" next="#ID_277"> Erst in den allmälig aufblühenden Städten bildeten sich politische Körper¬<lb/> schaften, welche in sich fester geschlossen, und frühzeitig herausgehoben aus<lb/> der Stufenleiter der sonstigen Gewalten sich freier zu einem organischen Stnats-<lb/> wesen entwickeln konnten. Indem sie bald Sitze des Handels und der Ge¬<lb/> werbe wurden, gestalteten sich dadurch schon die Eigenthums- und Verkehrs¬<lb/> verhältnisse complicirter, als daß die patriarchalischen Formen, wie sie sonst<lb/> aus dem platten Lande bestanden, hier noch sich hätten halten können. In<lb/> den Städten vermochte sich auch leichter eine öffentliche Meinung zu bilden<lb/> und die selbstgewählten und verantwortlichen Behörden, die hier bestanden,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0120]
die Ernte gut oder schlecht ausgefallen sein. Denselben Mann, den wir sonst
als Staatsmann, als organisatorisches Genie nicht weniger wie als Feldherrn
bewundern, sehen wir hier ein Edict erlassen, von dem heutzutage jeder ge¬
sunde Menschenverstand einsehen muß, daß es ein durchaus unvernünftiges
und undurchführbares war. Er mußte selbst auch schon zwölf Jahre spater
wieder zu einer neuen Taxe sich verstehen, welche natürlich, obwol sie um die
Hälfte hoher war als jene, ebenso wenig ihren Zweck erfüllen konnte. Ueb-
rigens war jene Verordnung von andern begleitet, die wir eher gelten lassen
tonnen, welche z. B. die Speculation mit Getreide verboten, ein gleiches und
richtiges Maß beobachtet wissen wollten, die es ferner den Grundeigentümern
zur Pflicht machten, in Zeiten der Noth für die Erhaltung ihrer Dienerschaft
und aller von ihnen Abhängigen zu sorgen. Seine nächsten Nachfolger be¬
traten noch in einigen Cupitularien den von Karl eingeschlagenen Weg, aber
mit den Karolingern hört auch vollständig die Betheiligung der Kaiser als
solcher an der Sorge für diese materiellen Interessen auf. Ausgenommen eine
vereinzelte Verordnung des nachmaligen Königs Konrad IV., damals noch in
Vertretung Friedrichs It., bei Gelegenheit des Tartarcneinfalls, wüßten wir
bis aus die Reformation leinen Erlaß, keine Handlung anzuführen, durch
welche die Kaiser als solche in die Thenrungspolitik eingegriffen hätte», diese
blieb der speciellen Gesetzgebung der einzelnen Landestheile überlassen.
Es scheint aber nicht, daß in den nächsten darauf folgenden Jahrhun¬
derten viel nach dieser Seite hin geschah. Es mag damals überhaupt wenig
regiert worden sein; das sich so eigenthümlich abstufende Lchcnswesen des
Mittelalters, wo den Höchstgestellten von dem gemeinen Manne eine solche
Menge nicht zu übergehender Mittelspersonen trennten, welche alle nach der
einen Seite Herren, nach der andern Dienende waren, ohne daß die Grenzen
beider Verhältnisse irgendwie fest bestimmt waren, ließ nirgend den Grad
von Machtvollkommenheit aufkommen, mit welchem Maßregeln für das öffent¬
liche Wohl leicht ausführbar sind. Wer für den meist kleinen Kreis seiner
tuenden Unterthanen zur Zeit der Noth etwas thun wollte, schlug eben den
Weg der Privntwohlthätigl'eit ein.
Erst in den allmälig aufblühenden Städten bildeten sich politische Körper¬
schaften, welche in sich fester geschlossen, und frühzeitig herausgehoben aus
der Stufenleiter der sonstigen Gewalten sich freier zu einem organischen Stnats-
wesen entwickeln konnten. Indem sie bald Sitze des Handels und der Ge¬
werbe wurden, gestalteten sich dadurch schon die Eigenthums- und Verkehrs¬
verhältnisse complicirter, als daß die patriarchalischen Formen, wie sie sonst
aus dem platten Lande bestanden, hier noch sich hätten halten können. In
den Städten vermochte sich auch leichter eine öffentliche Meinung zu bilden
und die selbstgewählten und verantwortlichen Behörden, die hier bestanden,
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