Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.Hungersnoth von 1315 und Ili ein mächtiger würtembergischer Graf viele Wol aber wurde selbst in den frühesten Zeiten des Mittelalters allgemein Uebrigens konnte, wenn das Kloster recht reich war, dieses bei aller Wohl¬ Hungersnoth von 1315 und Ili ein mächtiger würtembergischer Graf viele Wol aber wurde selbst in den frühesten Zeiten des Mittelalters allgemein Uebrigens konnte, wenn das Kloster recht reich war, dieses bei aller Wohl¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186530"/> <p xml:id="ID_267" prev="#ID_266"> Hungersnoth von 1315 und Ili ein mächtiger würtembergischer Graf viele<lb/> Armen in eine Scheuer gesperrt und dort »erbrannt haben, da er meinte,<lb/> den Armen sei ja in der Bibel das Himmelreich verheißen, also thue er recht,<lb/> sie so schnell als möglich zu ihrem Glück zu führen. Zur Ehre der Mensch¬<lb/> heit sind indeß diese beiden Erzählungen so schlecht verbürgt, daß wir sie ge¬<lb/> trost als Sagen ansehen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_268"> Wol aber wurde selbst in den frühesten Zeiten des Mittelalters allgemein<lb/> die Verpflichtung empfunden, der Noth nach Kräften zu steuern; das am<lb/> nächsten Liegende war die unmittelbare Unterstützung der Nothleidenden; und<lb/> wenn die Geistlichkeit, die Stifter und Klöster von sich selbst und andern als<lb/> besonders zur Wohlthätigkeit berufen angesehen, wenn ihre Pforten eigentlich<lb/> nie leer wurden von Almosen Suchenden, so heischte natürlich die Zeit der<lb/> Hungersnoth von ihnen ganz besondere Anstrengungen, Und die Klöster haben<lb/> diesen Anforderungen wirklich nach Kräften entsprochen. Die Chronisten rühmen<lb/> vielfach das hilfreiche Wirken derselben; und die unzähligen Biographien<lb/> heiliger Männer und Frauen, die wir aus dem Mittelalter noch übrig haben,<lb/> wissen sast alle die Aufopferung ihrer Helden zur Zeit einer Theurung zu<lb/> preisen. Die heilige Hedwig, die heilige Elisabeth haben Wunderdinge gethan,<lb/> Odilo, Abt von Clignv verkaufte sogar das größte Kleinod seines Stiftes, die<lb/> Kaiserkrone Heinrichs II, welche dieser dem Kloster geschenkt, und zog selbst<lb/> durch Städte und Dörfer umher, um die Herzen der Fürsten und Reichen zu<lb/> rühren und von ihnen Almosen für das darbende Volk zu erhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_269" next="#ID_270"> Uebrigens konnte, wenn das Kloster recht reich war, dieses bei aller Wohl¬<lb/> thätigkeit oft noch Vortheil haben von theurer Zeit; dann fielen wegen des<lb/> Sterbens und der Auswanderung die Grundstücke sehr im Preise und das<lb/> Stift konnte leicht seine Besitzungen erheblich vergrößern. Andrerseits aber<lb/> traf auch oft die Klöster selbst die Schwere der Zeit. Wir finden mehrfach<lb/> Beispiele, wo Mönche durch Mangel an Lebensmitteln gezwungen sind in ein<lb/> andres Kloster zeitweise überzusiedeln. Als in den letzten Jahrzehnten des<lb/> XI. Jahrhunderts das Georgskloster im Schwarzwalde sich schwer von der<lb/> Theurung bedrängt sah, beschlossen die Brüder, es solle jeder, der nicht etwas<lb/> von Vermögen oder Gütern dem Kloster zugebracht, bis auf bessere Zeit dasselbe<lb/> verlassen. Da tadelt sie der Abt Theodor wegen ihres Kleinmuths und erklärt,<lb/> sollte der Beschluß ausgeführt werden, dann treffe er ihn auch und er werde<lb/> mit fortziehen. Um nicht den geliebten Vater fortgehen zu lassen, steht man<lb/> von dem Entschlüsse ab. und. obwol die Theurung noch zunimmt, wird doch<lb/> das Vertrauen belohnt; ein reicher Wohlthäter nimmt sich des Klosters an und<lb/> hilft ihm durch in den bösen Tagen. Ebenso war das Nonnenkloster zu<lb/> Kathclenburg gegen das Ende des XV. Jahrhunderts so in Dürftigkeit ge¬<lb/> kommen, daß man dem durchreisenden Herzog Albrecht von Herzberg, dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
Hungersnoth von 1315 und Ili ein mächtiger würtembergischer Graf viele
Armen in eine Scheuer gesperrt und dort »erbrannt haben, da er meinte,
den Armen sei ja in der Bibel das Himmelreich verheißen, also thue er recht,
sie so schnell als möglich zu ihrem Glück zu führen. Zur Ehre der Mensch¬
heit sind indeß diese beiden Erzählungen so schlecht verbürgt, daß wir sie ge¬
trost als Sagen ansehen können.
Wol aber wurde selbst in den frühesten Zeiten des Mittelalters allgemein
die Verpflichtung empfunden, der Noth nach Kräften zu steuern; das am
nächsten Liegende war die unmittelbare Unterstützung der Nothleidenden; und
wenn die Geistlichkeit, die Stifter und Klöster von sich selbst und andern als
besonders zur Wohlthätigkeit berufen angesehen, wenn ihre Pforten eigentlich
nie leer wurden von Almosen Suchenden, so heischte natürlich die Zeit der
Hungersnoth von ihnen ganz besondere Anstrengungen, Und die Klöster haben
diesen Anforderungen wirklich nach Kräften entsprochen. Die Chronisten rühmen
vielfach das hilfreiche Wirken derselben; und die unzähligen Biographien
heiliger Männer und Frauen, die wir aus dem Mittelalter noch übrig haben,
wissen sast alle die Aufopferung ihrer Helden zur Zeit einer Theurung zu
preisen. Die heilige Hedwig, die heilige Elisabeth haben Wunderdinge gethan,
Odilo, Abt von Clignv verkaufte sogar das größte Kleinod seines Stiftes, die
Kaiserkrone Heinrichs II, welche dieser dem Kloster geschenkt, und zog selbst
durch Städte und Dörfer umher, um die Herzen der Fürsten und Reichen zu
rühren und von ihnen Almosen für das darbende Volk zu erhalten.
Uebrigens konnte, wenn das Kloster recht reich war, dieses bei aller Wohl¬
thätigkeit oft noch Vortheil haben von theurer Zeit; dann fielen wegen des
Sterbens und der Auswanderung die Grundstücke sehr im Preise und das
Stift konnte leicht seine Besitzungen erheblich vergrößern. Andrerseits aber
traf auch oft die Klöster selbst die Schwere der Zeit. Wir finden mehrfach
Beispiele, wo Mönche durch Mangel an Lebensmitteln gezwungen sind in ein
andres Kloster zeitweise überzusiedeln. Als in den letzten Jahrzehnten des
XI. Jahrhunderts das Georgskloster im Schwarzwalde sich schwer von der
Theurung bedrängt sah, beschlossen die Brüder, es solle jeder, der nicht etwas
von Vermögen oder Gütern dem Kloster zugebracht, bis auf bessere Zeit dasselbe
verlassen. Da tadelt sie der Abt Theodor wegen ihres Kleinmuths und erklärt,
sollte der Beschluß ausgeführt werden, dann treffe er ihn auch und er werde
mit fortziehen. Um nicht den geliebten Vater fortgehen zu lassen, steht man
von dem Entschlüsse ab. und. obwol die Theurung noch zunimmt, wird doch
das Vertrauen belohnt; ein reicher Wohlthäter nimmt sich des Klosters an und
hilft ihm durch in den bösen Tagen. Ebenso war das Nonnenkloster zu
Kathclenburg gegen das Ende des XV. Jahrhunderts so in Dürftigkeit ge¬
kommen, daß man dem durchreisenden Herzog Albrecht von Herzberg, dem
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