Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.sagte, obwol ich nichts von der Sache verstand, um die Frau nicht zu be¬ Nicht weit von hier erweitert sich das Thal zu einer Ebene, auf der mehre Leonoari ist ein ärmliches schmuziges Oertchen, welches sich nur durch 64*
sagte, obwol ich nichts von der Sache verstand, um die Frau nicht zu be¬ Nicht weit von hier erweitert sich das Thal zu einer Ebene, auf der mehre Leonoari ist ein ärmliches schmuziges Oertchen, welches sich nur durch 64*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0515" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106326"/> <p xml:id="ID_1522" prev="#ID_1521"> sagte, obwol ich nichts von der Sache verstand, um die Frau nicht zu be¬<lb/> trüben und den Ruf der Allwissenheit nicht zu gefährden, in dem hier die West¬<lb/> europäer zu stehen scheinen, ja wol. sie fräßen ja vortrefflich, die Raupen.<lb/> Mein Blick mochte dabei etwas zu viel Bewunderung oder nach der Auffassung<lb/> der Frau Neid ausgedruckt haben. Sie machte ein finsteres Gesicht und be¬<lb/> deckte die Thiere mit ihrer Schürze, und acht eher gab sie sich über mein<lb/> Lob zufrieden, als bis ich Spiros Rath gefolgt und — ich thats zu mehrer<lb/> Sicherheit dreimal — ausgespuckt hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1523"> Nicht weit von hier erweitert sich das Thal zu einer Ebene, auf der mehre<lb/> Dörfer und hart über dem Eurotas die Ruinen einer fränkischen Burg liegen.<lb/> Dann verläßt der Weg die Ufer des Flusses und führt einen Bergrücken hin¬<lb/> an. Hier weidete unter riesenhaften Maulbeerbäumen, die einen förmlichen<lb/> Wald bildeten, ein Schäfer seine Herde, von der wir ein Schaf kauften,<lb/> welches sofort geschlachtet, abgehäutet und dann wieder in seine Haut gescho¬<lb/> ben wurde, um in ihr als passendem Proviantsack an Spiros Sattelknopf<lb/> weiter transportirt zu werden. Bald nachher ritten wir durch ein schönes<lb/> kleines Thal, durch das sich ein Nebenfluß des Eurotas schlängelt. und in<lb/> dessen Platanen, Stachel- und Steineichen Nachtigallen schlugen und wilde<lb/> Tauben mit weithin hörbarem Girren sich ihre Liebe erklärten. Inzwischen<lb/> hatte sich der Himmel umdüstert. Seitwärts im Gebirge goß es bereits wie<lb/> mit Kannen, und endlich erreichte auch uns das Wetter, so daß wir froh<lb/> waren, uns in einer Sennhütte vor gänzlicher Durchnässung, die hier leicht<lb/> ein Fieber bringt, retten zu können. Nach einer Stunde fteß der Regen nach,<lb/> und als wir unsere Tour über die Wasserscheide zwischen Eurotas und Al¬<lb/> pheus fortsetzten, leuchtete uns durch den Eichenwald, der hier das Gebirge"<lb/> bedeckt, eine schöne Abendsonne, welche die Regentropfen an den Zweigen und<lb/> Gräsern in ebenso viele blitzende Edelsteine verwandelte. In das breite lang¬<lb/> gestreckte dunkelgrüne Thal des Alpheus hinabschauend, gewahrten wir Ketten<lb/> runder Waldhügel und daneben Dörfer, von Getreidefeldern und Weingärten<lb/> umgeben. Unser Weg führte aber den Berghang nur zum Theil hinab, dann<lb/> wand er sich, fortwährend quer durch bewaldete Schluchten führend, bergauf<lb/> und bergab und wieder bergauf nach einem öden Kamme empor, auf dem die<lb/> Ruinen der mittelalterlichen Feste Gardiki und einige hundert Fuß tiefer die<lb/> Häuser von Leondcm sich zeigten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1524" next="#ID_1525"> Leonoari ist ein ärmliches schmuziges Oertchen, welches sich nur durch<lb/> seine schöne Lage an dem sattelförmigen Paß, de'r Arkadien von Messenien'<lb/> trennt, durch eure alte mit mehren Kuppeln geschmückte Kirche und durch die<lb/> neben dieser stehende Gruppe von Riesencypressen auszeichnet. Wir schätzten<lb/> die Höhe der beiden größten aus mindestens hundert Fuß und fanden durch<lb/> Anspannen, daß die eine gegen vierzehn Fuß Umfang hatte. Die Stadt ist</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 64*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0515]
sagte, obwol ich nichts von der Sache verstand, um die Frau nicht zu be¬
trüben und den Ruf der Allwissenheit nicht zu gefährden, in dem hier die West¬
europäer zu stehen scheinen, ja wol. sie fräßen ja vortrefflich, die Raupen.
Mein Blick mochte dabei etwas zu viel Bewunderung oder nach der Auffassung
der Frau Neid ausgedruckt haben. Sie machte ein finsteres Gesicht und be¬
deckte die Thiere mit ihrer Schürze, und acht eher gab sie sich über mein
Lob zufrieden, als bis ich Spiros Rath gefolgt und — ich thats zu mehrer
Sicherheit dreimal — ausgespuckt hatte.
Nicht weit von hier erweitert sich das Thal zu einer Ebene, auf der mehre
Dörfer und hart über dem Eurotas die Ruinen einer fränkischen Burg liegen.
Dann verläßt der Weg die Ufer des Flusses und führt einen Bergrücken hin¬
an. Hier weidete unter riesenhaften Maulbeerbäumen, die einen förmlichen
Wald bildeten, ein Schäfer seine Herde, von der wir ein Schaf kauften,
welches sofort geschlachtet, abgehäutet und dann wieder in seine Haut gescho¬
ben wurde, um in ihr als passendem Proviantsack an Spiros Sattelknopf
weiter transportirt zu werden. Bald nachher ritten wir durch ein schönes
kleines Thal, durch das sich ein Nebenfluß des Eurotas schlängelt. und in
dessen Platanen, Stachel- und Steineichen Nachtigallen schlugen und wilde
Tauben mit weithin hörbarem Girren sich ihre Liebe erklärten. Inzwischen
hatte sich der Himmel umdüstert. Seitwärts im Gebirge goß es bereits wie
mit Kannen, und endlich erreichte auch uns das Wetter, so daß wir froh
waren, uns in einer Sennhütte vor gänzlicher Durchnässung, die hier leicht
ein Fieber bringt, retten zu können. Nach einer Stunde fteß der Regen nach,
und als wir unsere Tour über die Wasserscheide zwischen Eurotas und Al¬
pheus fortsetzten, leuchtete uns durch den Eichenwald, der hier das Gebirge"
bedeckt, eine schöne Abendsonne, welche die Regentropfen an den Zweigen und
Gräsern in ebenso viele blitzende Edelsteine verwandelte. In das breite lang¬
gestreckte dunkelgrüne Thal des Alpheus hinabschauend, gewahrten wir Ketten
runder Waldhügel und daneben Dörfer, von Getreidefeldern und Weingärten
umgeben. Unser Weg führte aber den Berghang nur zum Theil hinab, dann
wand er sich, fortwährend quer durch bewaldete Schluchten führend, bergauf
und bergab und wieder bergauf nach einem öden Kamme empor, auf dem die
Ruinen der mittelalterlichen Feste Gardiki und einige hundert Fuß tiefer die
Häuser von Leondcm sich zeigten.
Leonoari ist ein ärmliches schmuziges Oertchen, welches sich nur durch
seine schöne Lage an dem sattelförmigen Paß, de'r Arkadien von Messenien'
trennt, durch eure alte mit mehren Kuppeln geschmückte Kirche und durch die
neben dieser stehende Gruppe von Riesencypressen auszeichnet. Wir schätzten
die Höhe der beiden größten aus mindestens hundert Fuß und fanden durch
Anspannen, daß die eine gegen vierzehn Fuß Umfang hatte. Die Stadt ist
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