Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Im Gebrauche der Waffen, im Exerciren sind sie außerordentlich geübt,
und geben darin den besten englischen Regimentern nichts nach. Ein meute¬
rischer Geist hatte sich schon seit den letzten 25 Jahren hin und wiedr unter
den Sipoys gezeigt, doch wurde so wenig als möglich davon gesprochen, und
die Offiziere der königlichen Regimenter erfuhren um so weniger davon, als
sie nie auf intimen Fuße mit denen der Compagnie standen, und sich viel
höher hielten als letztere,

Bei Seetransporten leiden die Sipoys immer ganz außerordentlich. Es
ist vorgekommen, daß sie beinahe vor Hunger gestorben sind, ehe sie Schiffs¬
kost zu sich nahmen, die sie nicht selbst gekocht hatten, und daß auf dem Schiffe
nicht jeder für sich allein kochen kann, ist einleuchtend, daher stammt auch ihr
Widerwille gegen Seereisen.

Die indische Reiterei zerfällt in reguläre und irreguläre, erstere ist
europäisch uniformirt, eingeübt und bewaffnet, und mit Pferden aus den
Stutereien der Compagnie beritten, letztere hat einen höhern Sold, trägt die
Landestracht, und muß jeder Reiter sein Pferd selbst kaufen, steht aber unter
denselben Dienst- und Disciplinarverhältnissen als erstere, und wird wie jene
von europäischen Offizieren befehligt, wir sagten schon früher, daß in ihr
mehrentheils die Mahomedaner dienen.

Die Pferde der Cavalerie sind nicht sehr hoch, und werden, wie bemerkt,
in Stutereien. welche der Compagnie gehören, gezogen, sie stammen von einer
gekreuzten Race, und zwar von englischen, arabischen und den Pferden des
Caps der guten Hoffnung. Ihre Gestalt ist schön, sie sind ungemein kräftig
und ausdauernd. Eine Eigenthümlichkeit dieser Pferde ist ihre Kampflust
unter sich; denn wo sie können, beißen und schlagen sie sich. Um dies zu
verhindern, genügt es nicht sie mit Halfterkettcn zu befestigen, sie müssen, um
Unglück zu vermeiden, stets mit den Beinen gefesselt und so weit auseinander¬
gestellt werden, daß sie sich mit den Zähnen nicht erreichen können.

Da in den seltensten Fällen die Rekruten der irregulären Regimenter ihre
Pferde sich sofort selbst beschaffen können, so erhalten sie solche vom Gouverne¬
ment, und müssen den Preis dafür nach und nach durch Löhnungsabzüge
decken und einen Zuschlag von 15 pr. Ce. zu dem übrigens sehr billig gestell¬
ten Preise zahlen; ersetzt erhalten sie denselben nur, wenn das Pferd im Ge¬
fecht verloren geht. Diese Reiterei ist von Oberst Skinner errichtet, und hieß
ursprünglich Stirners Horses; sie ist mit Säbel, Lanze, Gewehr und Pistol
bewaffnet und Meister in Führung dieser Waffen. Man stellt ihre Leistungen
bedeutend höher als die der regulären Reiterei, was wol darin seinen Grund
haben mag. daß ihre Kampfweise mehr dem Naturell des Asiaten entspricht;
eine geschlossene Attaque liegt nicht in dem Charakter des Orientalen- sie ist
durchaus nicht nach seinem Geschmack, er wird sie selten glücklich ausführen,


Im Gebrauche der Waffen, im Exerciren sind sie außerordentlich geübt,
und geben darin den besten englischen Regimentern nichts nach. Ein meute¬
rischer Geist hatte sich schon seit den letzten 25 Jahren hin und wiedr unter
den Sipoys gezeigt, doch wurde so wenig als möglich davon gesprochen, und
die Offiziere der königlichen Regimenter erfuhren um so weniger davon, als
sie nie auf intimen Fuße mit denen der Compagnie standen, und sich viel
höher hielten als letztere,

Bei Seetransporten leiden die Sipoys immer ganz außerordentlich. Es
ist vorgekommen, daß sie beinahe vor Hunger gestorben sind, ehe sie Schiffs¬
kost zu sich nahmen, die sie nicht selbst gekocht hatten, und daß auf dem Schiffe
nicht jeder für sich allein kochen kann, ist einleuchtend, daher stammt auch ihr
Widerwille gegen Seereisen.

Die indische Reiterei zerfällt in reguläre und irreguläre, erstere ist
europäisch uniformirt, eingeübt und bewaffnet, und mit Pferden aus den
Stutereien der Compagnie beritten, letztere hat einen höhern Sold, trägt die
Landestracht, und muß jeder Reiter sein Pferd selbst kaufen, steht aber unter
denselben Dienst- und Disciplinarverhältnissen als erstere, und wird wie jene
von europäischen Offizieren befehligt, wir sagten schon früher, daß in ihr
mehrentheils die Mahomedaner dienen.

Die Pferde der Cavalerie sind nicht sehr hoch, und werden, wie bemerkt,
in Stutereien. welche der Compagnie gehören, gezogen, sie stammen von einer
gekreuzten Race, und zwar von englischen, arabischen und den Pferden des
Caps der guten Hoffnung. Ihre Gestalt ist schön, sie sind ungemein kräftig
und ausdauernd. Eine Eigenthümlichkeit dieser Pferde ist ihre Kampflust
unter sich; denn wo sie können, beißen und schlagen sie sich. Um dies zu
verhindern, genügt es nicht sie mit Halfterkettcn zu befestigen, sie müssen, um
Unglück zu vermeiden, stets mit den Beinen gefesselt und so weit auseinander¬
gestellt werden, daß sie sich mit den Zähnen nicht erreichen können.

Da in den seltensten Fällen die Rekruten der irregulären Regimenter ihre
Pferde sich sofort selbst beschaffen können, so erhalten sie solche vom Gouverne¬
ment, und müssen den Preis dafür nach und nach durch Löhnungsabzüge
decken und einen Zuschlag von 15 pr. Ce. zu dem übrigens sehr billig gestell¬
ten Preise zahlen; ersetzt erhalten sie denselben nur, wenn das Pferd im Ge¬
fecht verloren geht. Diese Reiterei ist von Oberst Skinner errichtet, und hieß
ursprünglich Stirners Horses; sie ist mit Säbel, Lanze, Gewehr und Pistol
bewaffnet und Meister in Führung dieser Waffen. Man stellt ihre Leistungen
bedeutend höher als die der regulären Reiterei, was wol darin seinen Grund
haben mag. daß ihre Kampfweise mehr dem Naturell des Asiaten entspricht;
eine geschlossene Attaque liegt nicht in dem Charakter des Orientalen- sie ist
durchaus nicht nach seinem Geschmack, er wird sie selten glücklich ausführen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0230" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106041"/>
              <p xml:id="ID_661"> Im Gebrauche der Waffen, im Exerciren sind sie außerordentlich geübt,<lb/>
und geben darin den besten englischen Regimentern nichts nach. Ein meute¬<lb/>
rischer Geist hatte sich schon seit den letzten 25 Jahren hin und wiedr unter<lb/>
den Sipoys gezeigt, doch wurde so wenig als möglich davon gesprochen, und<lb/>
die Offiziere der königlichen Regimenter erfuhren um so weniger davon, als<lb/>
sie nie auf intimen Fuße mit denen der Compagnie standen, und sich viel<lb/>
höher hielten als letztere,</p><lb/>
              <p xml:id="ID_662"> Bei Seetransporten leiden die Sipoys immer ganz außerordentlich. Es<lb/>
ist vorgekommen, daß sie beinahe vor Hunger gestorben sind, ehe sie Schiffs¬<lb/>
kost zu sich nahmen, die sie nicht selbst gekocht hatten, und daß auf dem Schiffe<lb/>
nicht jeder für sich allein kochen kann, ist einleuchtend, daher stammt auch ihr<lb/>
Widerwille gegen Seereisen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_663"> Die indische Reiterei zerfällt in reguläre und irreguläre, erstere ist<lb/>
europäisch uniformirt, eingeübt und bewaffnet, und mit Pferden aus den<lb/>
Stutereien der Compagnie beritten, letztere hat einen höhern Sold, trägt die<lb/>
Landestracht, und muß jeder Reiter sein Pferd selbst kaufen, steht aber unter<lb/>
denselben Dienst- und Disciplinarverhältnissen als erstere, und wird wie jene<lb/>
von europäischen Offizieren befehligt, wir sagten schon früher, daß in ihr<lb/>
mehrentheils die Mahomedaner dienen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_664"> Die Pferde der Cavalerie sind nicht sehr hoch, und werden, wie bemerkt,<lb/>
in Stutereien. welche der Compagnie gehören, gezogen, sie stammen von einer<lb/>
gekreuzten Race, und zwar von englischen, arabischen und den Pferden des<lb/>
Caps der guten Hoffnung. Ihre Gestalt ist schön, sie sind ungemein kräftig<lb/>
und ausdauernd. Eine Eigenthümlichkeit dieser Pferde ist ihre Kampflust<lb/>
unter sich; denn wo sie können, beißen und schlagen sie sich. Um dies zu<lb/>
verhindern, genügt es nicht sie mit Halfterkettcn zu befestigen, sie müssen, um<lb/>
Unglück zu vermeiden, stets mit den Beinen gefesselt und so weit auseinander¬<lb/>
gestellt werden, daß sie sich mit den Zähnen nicht erreichen können.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_665" next="#ID_666"> Da in den seltensten Fällen die Rekruten der irregulären Regimenter ihre<lb/>
Pferde sich sofort selbst beschaffen können, so erhalten sie solche vom Gouverne¬<lb/>
ment, und müssen den Preis dafür nach und nach durch Löhnungsabzüge<lb/>
decken und einen Zuschlag von 15 pr. Ce. zu dem übrigens sehr billig gestell¬<lb/>
ten Preise zahlen; ersetzt erhalten sie denselben nur, wenn das Pferd im Ge¬<lb/>
fecht verloren geht. Diese Reiterei ist von Oberst Skinner errichtet, und hieß<lb/>
ursprünglich Stirners Horses; sie ist mit Säbel, Lanze, Gewehr und Pistol<lb/>
bewaffnet und Meister in Führung dieser Waffen. Man stellt ihre Leistungen<lb/>
bedeutend höher als die der regulären Reiterei, was wol darin seinen Grund<lb/>
haben mag. daß ihre Kampfweise mehr dem Naturell des Asiaten entspricht;<lb/>
eine geschlossene Attaque liegt nicht in dem Charakter des Orientalen- sie ist<lb/>
durchaus nicht nach seinem Geschmack, er wird sie selten glücklich ausführen,</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0230] Im Gebrauche der Waffen, im Exerciren sind sie außerordentlich geübt, und geben darin den besten englischen Regimentern nichts nach. Ein meute¬ rischer Geist hatte sich schon seit den letzten 25 Jahren hin und wiedr unter den Sipoys gezeigt, doch wurde so wenig als möglich davon gesprochen, und die Offiziere der königlichen Regimenter erfuhren um so weniger davon, als sie nie auf intimen Fuße mit denen der Compagnie standen, und sich viel höher hielten als letztere, Bei Seetransporten leiden die Sipoys immer ganz außerordentlich. Es ist vorgekommen, daß sie beinahe vor Hunger gestorben sind, ehe sie Schiffs¬ kost zu sich nahmen, die sie nicht selbst gekocht hatten, und daß auf dem Schiffe nicht jeder für sich allein kochen kann, ist einleuchtend, daher stammt auch ihr Widerwille gegen Seereisen. Die indische Reiterei zerfällt in reguläre und irreguläre, erstere ist europäisch uniformirt, eingeübt und bewaffnet, und mit Pferden aus den Stutereien der Compagnie beritten, letztere hat einen höhern Sold, trägt die Landestracht, und muß jeder Reiter sein Pferd selbst kaufen, steht aber unter denselben Dienst- und Disciplinarverhältnissen als erstere, und wird wie jene von europäischen Offizieren befehligt, wir sagten schon früher, daß in ihr mehrentheils die Mahomedaner dienen. Die Pferde der Cavalerie sind nicht sehr hoch, und werden, wie bemerkt, in Stutereien. welche der Compagnie gehören, gezogen, sie stammen von einer gekreuzten Race, und zwar von englischen, arabischen und den Pferden des Caps der guten Hoffnung. Ihre Gestalt ist schön, sie sind ungemein kräftig und ausdauernd. Eine Eigenthümlichkeit dieser Pferde ist ihre Kampflust unter sich; denn wo sie können, beißen und schlagen sie sich. Um dies zu verhindern, genügt es nicht sie mit Halfterkettcn zu befestigen, sie müssen, um Unglück zu vermeiden, stets mit den Beinen gefesselt und so weit auseinander¬ gestellt werden, daß sie sich mit den Zähnen nicht erreichen können. Da in den seltensten Fällen die Rekruten der irregulären Regimenter ihre Pferde sich sofort selbst beschaffen können, so erhalten sie solche vom Gouverne¬ ment, und müssen den Preis dafür nach und nach durch Löhnungsabzüge decken und einen Zuschlag von 15 pr. Ce. zu dem übrigens sehr billig gestell¬ ten Preise zahlen; ersetzt erhalten sie denselben nur, wenn das Pferd im Ge¬ fecht verloren geht. Diese Reiterei ist von Oberst Skinner errichtet, und hieß ursprünglich Stirners Horses; sie ist mit Säbel, Lanze, Gewehr und Pistol bewaffnet und Meister in Führung dieser Waffen. Man stellt ihre Leistungen bedeutend höher als die der regulären Reiterei, was wol darin seinen Grund haben mag. daß ihre Kampfweise mehr dem Naturell des Asiaten entspricht; eine geschlossene Attaque liegt nicht in dem Charakter des Orientalen- sie ist durchaus nicht nach seinem Geschmack, er wird sie selten glücklich ausführen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/230
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/230>, abgerufen am 22.07.2024.