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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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fehle ertheilen, bei Tafel selbst darf nie vom Dienste gesprochen werden. Jede
Woche wird ein Tischpräfident, ebenso ein Vizepräsident ohne Ansehen des
Ranges gewählt, welche während des Diners oben und unten an der Tafel
sitzen, und sowol auf anständiges Benehmen der Anwesenden ohne Berück¬
sichtigung der dienstlichen Stellung derselben zu sehen, als auch der Diener¬
schaft ausschließlich die nöthigen Weisungen zu ertheilen habe". Kein Offizier
darf ohne ihre Erlaubniß aufstehen oder die Tafel verlassen, keiner vor der
von ihnen zu bestimmenden Zeit eine Cigarre anzünden, -- jeder muß sich
ihren Weisungen unbedingt fügen.

Der Preis des Couverts ist in der Regel zwei, bisweilen drei Schilling.
Wein und Bier werden extra bezahlt. Das Diner wird nach englischer Sitte
servirt d. h. sämmtliche Fleischspeisen kommen in Schüsseln, die mit plattirten
Metalldeckeln bedeckt sind, gleichzeitig auf den Tisch und werden systematisch
geordnet aufgestellt. Auf einen Wink des Präsidenten nehmen die Diener die
Deckel ab, und jeder Offizier, vor dem ein Braten oder gekochtes Fleisch steht,
hat dies zu tranchiren, die Stücke auf einzelne Teller zu legen, mit etwas
Sauce zu begießen und durch den hinter seinem Stuhle stehenden Diener, dem,
der davon verlangt, zu überschicken. Demnach wird alles Fleisch gleichzeitig
tranchirt. und jeder Anwesende kann selbst bestimmen, welche Gerichte und
ur welcher Reihenfolge er davon essen will; die Gemüse bestehen in Grünem
(eadbagos) und Kartoffeln, die geschält auf den Tisch kommen. Ißt niemand
mehr, so läßt der Präsident die Teller wechseln und die Fleischgerichte weg¬
nehmen und in derselben Weise, wie oben geschildert, bringen die Diener
Puddings und Mehlspeisen, die ebenso getheilt und herumgereicht werden.
Sind auch diese wieder weggeräumt, so erscheinen Käse und Früchte auf der
Tafel. Sieht der Präsident, daß niemand mehr ißt. so erhebt er sich, ergreift
sein Glas, und alle Anwesenden thun dasselbe. "Oentlemen, tus Huc<zu" --
Meine Herren, die Königin -- rust er. -- "Arc Huc<in" antworten alle und
leeren dann ein Glas Wein auf die Gesundheit ihrer Kriegsherrin. Wo auch
immer englische Offiziere zusammen <sen. ob in Europa, Indien oder Au¬
stralien, die Sitte bleibt dieselbe, und die drei Offiziere einer Compagnie er¬
halten jährlich 25 Livres Weingeld, um sie aufrecht zu erhalten, ohne des¬
halb selbst in Unkosten zu gerathen. Ist dies geschehen, so setzen sich alle
Anwesende wieder, das Tischtuch wird weggenommen, die etwa anwesenden
Damen gehen in die Nebenzimmer, während die Herren noch Wein trinken
und rauchen. Bei Tische wird meist Sherry oder Portwein getrunken. Die
Sitte des Anstoßens mit den Gläsern findet nicht statt. Will man auf die
Gesundheit eines der Anwesenden trinken, so schenkt man sein Glas voll, gibt
die Flasche einem Diener mit dem Bedeuten, zu dem und dem Herrn zu
gehen, ihm sein Glas vollzuschenken, und um die Ehre zu bitten, ein Glas


fehle ertheilen, bei Tafel selbst darf nie vom Dienste gesprochen werden. Jede
Woche wird ein Tischpräfident, ebenso ein Vizepräsident ohne Ansehen des
Ranges gewählt, welche während des Diners oben und unten an der Tafel
sitzen, und sowol auf anständiges Benehmen der Anwesenden ohne Berück¬
sichtigung der dienstlichen Stellung derselben zu sehen, als auch der Diener¬
schaft ausschließlich die nöthigen Weisungen zu ertheilen habe». Kein Offizier
darf ohne ihre Erlaubniß aufstehen oder die Tafel verlassen, keiner vor der
von ihnen zu bestimmenden Zeit eine Cigarre anzünden, — jeder muß sich
ihren Weisungen unbedingt fügen.

Der Preis des Couverts ist in der Regel zwei, bisweilen drei Schilling.
Wein und Bier werden extra bezahlt. Das Diner wird nach englischer Sitte
servirt d. h. sämmtliche Fleischspeisen kommen in Schüsseln, die mit plattirten
Metalldeckeln bedeckt sind, gleichzeitig auf den Tisch und werden systematisch
geordnet aufgestellt. Auf einen Wink des Präsidenten nehmen die Diener die
Deckel ab, und jeder Offizier, vor dem ein Braten oder gekochtes Fleisch steht,
hat dies zu tranchiren, die Stücke auf einzelne Teller zu legen, mit etwas
Sauce zu begießen und durch den hinter seinem Stuhle stehenden Diener, dem,
der davon verlangt, zu überschicken. Demnach wird alles Fleisch gleichzeitig
tranchirt. und jeder Anwesende kann selbst bestimmen, welche Gerichte und
ur welcher Reihenfolge er davon essen will; die Gemüse bestehen in Grünem
(eadbagos) und Kartoffeln, die geschält auf den Tisch kommen. Ißt niemand
mehr, so läßt der Präsident die Teller wechseln und die Fleischgerichte weg¬
nehmen und in derselben Weise, wie oben geschildert, bringen die Diener
Puddings und Mehlspeisen, die ebenso getheilt und herumgereicht werden.
Sind auch diese wieder weggeräumt, so erscheinen Käse und Früchte auf der
Tafel. Sieht der Präsident, daß niemand mehr ißt. so erhebt er sich, ergreift
sein Glas, und alle Anwesenden thun dasselbe. „Oentlemen, tus Huc<zu" —
Meine Herren, die Königin — rust er. — „Arc Huc<in" antworten alle und
leeren dann ein Glas Wein auf die Gesundheit ihrer Kriegsherrin. Wo auch
immer englische Offiziere zusammen <sen. ob in Europa, Indien oder Au¬
stralien, die Sitte bleibt dieselbe, und die drei Offiziere einer Compagnie er¬
halten jährlich 25 Livres Weingeld, um sie aufrecht zu erhalten, ohne des¬
halb selbst in Unkosten zu gerathen. Ist dies geschehen, so setzen sich alle
Anwesende wieder, das Tischtuch wird weggenommen, die etwa anwesenden
Damen gehen in die Nebenzimmer, während die Herren noch Wein trinken
und rauchen. Bei Tische wird meist Sherry oder Portwein getrunken. Die
Sitte des Anstoßens mit den Gläsern findet nicht statt. Will man auf die
Gesundheit eines der Anwesenden trinken, so schenkt man sein Glas voll, gibt
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gehen, ihm sein Glas vollzuschenken, und um die Ehre zu bitten, ein Glas


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/223>, abgerufen am 22.07.2024.