Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.Uebels nachzuforschen, ja es nur als ein solches zu betrachten, und doch haben Im Kriege leuchtet der englische Offizier seinen Soldaten immer als glän¬ Die Disciplin ist auch bei den Offizieren, so lange sie unter den Waffen Die Einrichtung des Offiziertisches -- Rehs genannt -- ist eine so eigen¬ Uebels nachzuforschen, ja es nur als ein solches zu betrachten, und doch haben Im Kriege leuchtet der englische Offizier seinen Soldaten immer als glän¬ Die Disciplin ist auch bei den Offizieren, so lange sie unter den Waffen Die Einrichtung des Offiziertisches — Rehs genannt — ist eine so eigen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106033"/> <p xml:id="ID_631" prev="#ID_630"> Uebels nachzuforschen, ja es nur als ein solches zu betrachten, und doch haben<lb/> Berechnungen bewiesen, daß bei der Linie jährlich zehn, bei der Garde zwanzig<lb/> vom Tausend sterben, daß die Ursachen hierzu wesentlich in der schlechten Lüf¬<lb/> tung der Kasernen, in der sehr nahrhaften, aber ewig gleichmäßigen Kost<lb/> (gekochtes Rindfleisch mit Gemüse) und dabei im Mangel tüchtiger Leibes¬<lb/> bewegung liegt, denn nur in seltenen Fällen exercirt der Soldat über eine<lb/> Stunde des Tages, und die Kaserne darf er nur von 4 bis 9 Uhr des Abends<lb/> verlassen, wo er, anstatt sich Bewegung zu machen, mehrentheils in Wirths¬<lb/> häusern sitzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_632"> Im Kriege leuchtet der englische Offizier seinen Soldaten immer als glän¬<lb/> zendes Beispiel der Tapferkeit voran, das liegt in seinem natürlichen Muthe,<lb/> in seiner Eigenschaft als Gentleman; sie aber geschickt führen, so führen, daß<lb/> ein möglichst großer Portheil mit möglichst wenig Opfern erkauft wird, das<lb/> versteht er selten — wer sollte es ihm auch lehren? Der letzte Sturm auf Se-<lb/> bastopol, die Schlacht bei Balaklavci sind Beweis genug für das Gesagte.<lb/> Erst jetzt, ganz in neuerer Zeit, finden wir einen Offizier in Indien, der wirk¬<lb/> lich manövrirt und dies versteht, es ist dies der Oberst Franks, sein Marsch<lb/> von Gorrakpur nach dem Königreich Audh im März dieses Jahres legt Zeug¬<lb/> niß dafür ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_633"> Die Disciplin ist auch bei den Offizieren, so lange sie unter den Waffen<lb/> stehen, außerordentlich streng, da dürfen sie sich in der Kleidung keine taneiös<lb/> erlauben, sondern müssen streng nach dem Reglement gekleidet sein; anders<lb/> ist es außer Dienst, da werden Vatermörder getragen, leichte Halstücher er¬<lb/> setzen die Binden, ohne daß darüber etwas gesagt wird, ja der Anzug bei<lb/> Tische ist von der Art, daß er, leicht und bequem, viele phantastische Aus¬<lb/> schmückungen gestattet.</p><lb/> <p xml:id="ID_634" next="#ID_635"> Die Einrichtung des Offiziertisches — Rehs genannt — ist eine so eigen¬<lb/> thümliche und vorzügliche, daß es nicht unangemessen erscheinen wird, hier<lb/> näher auf diesselbe einzugehen. Jedes Offiziercorps eines Regimentes der<lb/> britischen Armee hat innerhalb der Kasernen oder Baracken ein Etablissement,<lb/> ,in Lager ein großes Zelt, in dem es vereint speist, und wo auch sonst allen<lb/> Anforderungen genügt wird, die ein Engländer an ein Ciubhouse zu machen<lb/> gewohnt ist. und deren sind nicht wenige. Jede solche Meß hält ein Speisewirth,<lb/> der den Namen Meßman führt. Er steht unter Aufsicht des Meßcomitös,<lb/> das aus drei Offizieren zusammengesetzt ist. und welches den Accord mit jenem<lb/> abzuschließen und für dessen pünktliche Erfüllung Sorge zu tragen hat. Das<lb/> Speisezimmer besteht in der Regel aus einem eleganten Salon und mehren<lb/> Nebenstuben, welche letztern als sprech- und Spielzimmer und als Garderobe<lb/> benutzt werden. Keinem Offizier ist es gestattet, den Salon bewaffnet zu be¬<lb/> treten, keiner darf darin eine Meldung abstatten oder empfangen, oder Be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
Uebels nachzuforschen, ja es nur als ein solches zu betrachten, und doch haben
Berechnungen bewiesen, daß bei der Linie jährlich zehn, bei der Garde zwanzig
vom Tausend sterben, daß die Ursachen hierzu wesentlich in der schlechten Lüf¬
tung der Kasernen, in der sehr nahrhaften, aber ewig gleichmäßigen Kost
(gekochtes Rindfleisch mit Gemüse) und dabei im Mangel tüchtiger Leibes¬
bewegung liegt, denn nur in seltenen Fällen exercirt der Soldat über eine
Stunde des Tages, und die Kaserne darf er nur von 4 bis 9 Uhr des Abends
verlassen, wo er, anstatt sich Bewegung zu machen, mehrentheils in Wirths¬
häusern sitzt.
Im Kriege leuchtet der englische Offizier seinen Soldaten immer als glän¬
zendes Beispiel der Tapferkeit voran, das liegt in seinem natürlichen Muthe,
in seiner Eigenschaft als Gentleman; sie aber geschickt führen, so führen, daß
ein möglichst großer Portheil mit möglichst wenig Opfern erkauft wird, das
versteht er selten — wer sollte es ihm auch lehren? Der letzte Sturm auf Se-
bastopol, die Schlacht bei Balaklavci sind Beweis genug für das Gesagte.
Erst jetzt, ganz in neuerer Zeit, finden wir einen Offizier in Indien, der wirk¬
lich manövrirt und dies versteht, es ist dies der Oberst Franks, sein Marsch
von Gorrakpur nach dem Königreich Audh im März dieses Jahres legt Zeug¬
niß dafür ab.
Die Disciplin ist auch bei den Offizieren, so lange sie unter den Waffen
stehen, außerordentlich streng, da dürfen sie sich in der Kleidung keine taneiös
erlauben, sondern müssen streng nach dem Reglement gekleidet sein; anders
ist es außer Dienst, da werden Vatermörder getragen, leichte Halstücher er¬
setzen die Binden, ohne daß darüber etwas gesagt wird, ja der Anzug bei
Tische ist von der Art, daß er, leicht und bequem, viele phantastische Aus¬
schmückungen gestattet.
Die Einrichtung des Offiziertisches — Rehs genannt — ist eine so eigen¬
thümliche und vorzügliche, daß es nicht unangemessen erscheinen wird, hier
näher auf diesselbe einzugehen. Jedes Offiziercorps eines Regimentes der
britischen Armee hat innerhalb der Kasernen oder Baracken ein Etablissement,
,in Lager ein großes Zelt, in dem es vereint speist, und wo auch sonst allen
Anforderungen genügt wird, die ein Engländer an ein Ciubhouse zu machen
gewohnt ist. und deren sind nicht wenige. Jede solche Meß hält ein Speisewirth,
der den Namen Meßman führt. Er steht unter Aufsicht des Meßcomitös,
das aus drei Offizieren zusammengesetzt ist. und welches den Accord mit jenem
abzuschließen und für dessen pünktliche Erfüllung Sorge zu tragen hat. Das
Speisezimmer besteht in der Regel aus einem eleganten Salon und mehren
Nebenstuben, welche letztern als sprech- und Spielzimmer und als Garderobe
benutzt werden. Keinem Offizier ist es gestattet, den Salon bewaffnet zu be¬
treten, keiner darf darin eine Meldung abstatten oder empfangen, oder Be-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |