Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.nützigen Institutionen befriedigen, "Institutionen, welche zum Theil schon in Zu diesem Programm, welches den Verzicht auf eine Bundesreform so ') Zu einiger Erläuterung der damaligen Verhältnisse ist hier nachzutragen, daß bereits
>in Juli 1855 hoffnungsvolle Gerüchte durch die deutsche Presse geleitet worden waren, als beabsichtige Preußen beim Bundestage oder durch Einzclverträge eine allgemeine Organisation des Auswandcrungswesens in Anregung zu bringen. Allein bereits im August beeilte sich die "Preuß. Corr,," diese Hoffnungen wieder zu vertage". Sie schrieb: "In neuerer Zeit ist in Mittheilungen über das Auswandcrnngswcsen unter anderem auch von Absichten gesprochen worden, dasselbe zum Gegenstände einer vertragsmäßigen Einigung zwischen den betheiligten nützigen Institutionen befriedigen, „Institutionen, welche zum Theil schon in Zu diesem Programm, welches den Verzicht auf eine Bundesreform so ') Zu einiger Erläuterung der damaligen Verhältnisse ist hier nachzutragen, daß bereits
>in Juli 1855 hoffnungsvolle Gerüchte durch die deutsche Presse geleitet worden waren, als beabsichtige Preußen beim Bundestage oder durch Einzclverträge eine allgemeine Organisation des Auswandcrungswesens in Anregung zu bringen. Allein bereits im August beeilte sich die »Preuß. Corr,," diese Hoffnungen wieder zu vertage». Sie schrieb: „In neuerer Zeit ist in Mittheilungen über das Auswandcrnngswcsen unter anderem auch von Absichten gesprochen worden, dasselbe zum Gegenstände einer vertragsmäßigen Einigung zwischen den betheiligten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0213" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106024"/> <p xml:id="ID_606" prev="#ID_605"> nützigen Institutionen befriedigen, „Institutionen, welche zum Theil schon in<lb/> der Bundesacte verheißen worden seien, denen die deutsche Nation aber seit<lb/> 1815 vergeblich entgegengesehen/' Als solche berechtigte Institutionen bezeich¬<lb/> nete das bairische Cabinet: Gleichheit in Münze, Maß und Gewicht, ein<lb/> gemeinsames Handelsgesetzbuch, die Vollziehbarkeit rechtskräftiger Urtheile deut¬<lb/> scher Gerichtshöfe in allen deutschen Staaten, gemeinsame Bestimmungen über<lb/> das Heimathsrecht, gemeinsame Anordnungen' in Betreff der Auswanderung<lb/> und Ansässigmachung.</p><lb/> <p xml:id="ID_607" next="#ID_608"> Zu diesem Programm, welches den Verzicht auf eine Bundesreform so<lb/> vollständig ausdrückte, daß selbst die weiteste Konsequenz der beabsichtigten Ein¬<lb/> richtungen als keine weitere Allsbildung der Bundesverfassung erschien, er¬<lb/> klärten nun Sachsen, Württemberg und Hannover ihre sofortige Zustimmung.<lb/> Dagegen wurde von Berlin auch diese Intention mit der Bemerkung beant¬<lb/> wortet, daß man „an sich zwar nichts gegen solche materielle Verbesserungen<lb/> einzuwenden habe, jedoch wünschen müsse, das reichhaltige Material, welches<lb/> man für gesetzgeberische Ordnung einzelner der von Baiern bezeichneten Punkte<lb/> gesammelt habe, vorher zu verarbeiten." Dies deutete ziemlich unverhohlen<lb/> daraufhin, daß man dort noch nicht einmal alle Punkte dieses Programms für<lb/> convenabel erachtete,*) In München dagegen, wo man sich von den Kundgebungen<lb/> der Kammern denn doch einigermaßen gedrängt fühlte, irgend etwas „Natio¬<lb/> nales" zu unternehmen, faßte man die preußische Antwort als Zustimmung<lb/> auf und beabsichtigte mit positiven Anträgen sofort am Bundestage vorzugehen.<lb/> Allein diesem Unternehmen wehete plötzlich in der gescnnmten aus Berlin in-<lb/> spirirter Presse ein heftiger Sturm entgegen — sehr wahrscheinlich das Echo<lb/> einer vertraulichen Note. Der alte Brauch, hieß es, sei dagegen, daß ma߬<lb/> gebende Anträge in Frankfurt formulirt würden, bevor sie von Preußen<lb/> und Oestreich nach ihrer detaillirten Fassung gut geheißen seien; auch habe<lb/> die Bundesversammlung niemals eine selbstständig beschließende Competenz,<lb/> sondern überall nach den Jnstructionen der Einzelregierungen zu verfahren,<lb/> also auch in der Frage, ob die bairischen Anträge zur bundesgemäßen Be¬<lb/> handlung anzunehmen seien. Zugleich ging der preußische Bundestagsgesandte,<lb/> H. v. Bismark-Schönhausen, welcher längere Zeit in Berlin verweilt hatte,<lb/> nach München und Stuttgart (Mitte Decembers). Während aber von Berlin<lb/> aus behauptet wurde, diese preußische Mission erfolge im EinVerständniß mit</p><lb/> <note xml:id="FID_14" place="foot" next="#FID_15"> ') Zu einiger Erläuterung der damaligen Verhältnisse ist hier nachzutragen, daß bereits<lb/> >in Juli 1855 hoffnungsvolle Gerüchte durch die deutsche Presse geleitet worden waren, als<lb/> beabsichtige Preußen beim Bundestage oder durch Einzclverträge eine allgemeine Organisation<lb/> des Auswandcrungswesens in Anregung zu bringen. Allein bereits im August beeilte sich die<lb/> »Preuß. Corr,," diese Hoffnungen wieder zu vertage». Sie schrieb: „In neuerer Zeit ist in<lb/> Mittheilungen über das Auswandcrnngswcsen unter anderem auch von Absichten gesprochen<lb/> worden, dasselbe zum Gegenstände einer vertragsmäßigen Einigung zwischen den betheiligten</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0213]
nützigen Institutionen befriedigen, „Institutionen, welche zum Theil schon in
der Bundesacte verheißen worden seien, denen die deutsche Nation aber seit
1815 vergeblich entgegengesehen/' Als solche berechtigte Institutionen bezeich¬
nete das bairische Cabinet: Gleichheit in Münze, Maß und Gewicht, ein
gemeinsames Handelsgesetzbuch, die Vollziehbarkeit rechtskräftiger Urtheile deut¬
scher Gerichtshöfe in allen deutschen Staaten, gemeinsame Bestimmungen über
das Heimathsrecht, gemeinsame Anordnungen' in Betreff der Auswanderung
und Ansässigmachung.
Zu diesem Programm, welches den Verzicht auf eine Bundesreform so
vollständig ausdrückte, daß selbst die weiteste Konsequenz der beabsichtigten Ein¬
richtungen als keine weitere Allsbildung der Bundesverfassung erschien, er¬
klärten nun Sachsen, Württemberg und Hannover ihre sofortige Zustimmung.
Dagegen wurde von Berlin auch diese Intention mit der Bemerkung beant¬
wortet, daß man „an sich zwar nichts gegen solche materielle Verbesserungen
einzuwenden habe, jedoch wünschen müsse, das reichhaltige Material, welches
man für gesetzgeberische Ordnung einzelner der von Baiern bezeichneten Punkte
gesammelt habe, vorher zu verarbeiten." Dies deutete ziemlich unverhohlen
daraufhin, daß man dort noch nicht einmal alle Punkte dieses Programms für
convenabel erachtete,*) In München dagegen, wo man sich von den Kundgebungen
der Kammern denn doch einigermaßen gedrängt fühlte, irgend etwas „Natio¬
nales" zu unternehmen, faßte man die preußische Antwort als Zustimmung
auf und beabsichtigte mit positiven Anträgen sofort am Bundestage vorzugehen.
Allein diesem Unternehmen wehete plötzlich in der gescnnmten aus Berlin in-
spirirter Presse ein heftiger Sturm entgegen — sehr wahrscheinlich das Echo
einer vertraulichen Note. Der alte Brauch, hieß es, sei dagegen, daß ma߬
gebende Anträge in Frankfurt formulirt würden, bevor sie von Preußen
und Oestreich nach ihrer detaillirten Fassung gut geheißen seien; auch habe
die Bundesversammlung niemals eine selbstständig beschließende Competenz,
sondern überall nach den Jnstructionen der Einzelregierungen zu verfahren,
also auch in der Frage, ob die bairischen Anträge zur bundesgemäßen Be¬
handlung anzunehmen seien. Zugleich ging der preußische Bundestagsgesandte,
H. v. Bismark-Schönhausen, welcher längere Zeit in Berlin verweilt hatte,
nach München und Stuttgart (Mitte Decembers). Während aber von Berlin
aus behauptet wurde, diese preußische Mission erfolge im EinVerständniß mit
') Zu einiger Erläuterung der damaligen Verhältnisse ist hier nachzutragen, daß bereits
>in Juli 1855 hoffnungsvolle Gerüchte durch die deutsche Presse geleitet worden waren, als
beabsichtige Preußen beim Bundestage oder durch Einzclverträge eine allgemeine Organisation
des Auswandcrungswesens in Anregung zu bringen. Allein bereits im August beeilte sich die
»Preuß. Corr,," diese Hoffnungen wieder zu vertage». Sie schrieb: „In neuerer Zeit ist in
Mittheilungen über das Auswandcrnngswcsen unter anderem auch von Absichten gesprochen
worden, dasselbe zum Gegenstände einer vertragsmäßigen Einigung zwischen den betheiligten
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