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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Und Verbesserungen gemacht, geprüft und ohne Rücksicht auf die Kosten ein¬
geführt werden, wenn sie sich als praktisch bewähren. Das System der eng¬
lischen Blocklaffeten ist wol das vorzüglichste, was man bis jetzt kennt, und
die Einwürfe, welche man gegen dasselbe macht, und die namentlich darin
bestehen, daß das Stangenhcmdpferd in einer Gabeldeichsel gehen müsse, folg¬
lich sehr leide und in seiner freien Bewegung gehemmt sei, haben nicht viel
zu bedeuten; die französische und die sardinische Artillerie befolgen dasselbe Prin¬
cip, nur in Deutschland, mit Ausnahme des Königreichs Hannover, hat es sich
keinen Eingang verschaffen können. -- Die Batterien sind nicht wie bei uns
mit Nummern, sondern mit Buchstaben bezeichnet. Es gibt kein Heer der
Welt, das so schwere Belagerungsgeschütze hat als das englische, und man
hat sie hier in einer Anzahl und Vollkommenheit, wie schwerlich irgendwo
anders. Die Munition ist vorzüglich und höchst sorgsam angefertigt; dies
bedingt schon der Seetransport, dem sie mehrentheils vor dem Verbrauche
unterworfen werden muß. Bei der Geschützmunition ist Geschoß und Pulver¬
sack getrennt, bei der Gewehrmunition ist die Patronenhülse mit zwei Theilen
Stearin, zwei Theilen animalischen Fett und einem Theil Wachs so getränkt, daß
Feuchtigkeit das Pulver nur schwer erreichen und unbrauchbar machen kann.
-- Es sind dies die sogenannten "gefetteten Patronen", die zum Ausbruche
der Meuterei in Bengalen den letzten Anstoß gaben. Um die Patronen mög¬
lichst trocken zu erhalten, haben die Patrontaschen der Soldaten blecherne Ein¬
sätze mit doppeltem Bodendeckel.

Dem Jngenieurcorps sind Sappeur- und Mineurcompagnien beigegeben,
welche den Pontvnnierdienst mit zu verrichten haben; sie sind mit leichten Pon¬
tons und Wagen für das nöthige Handwerkszeug so ausgerüstet, daß sie
rasch den Bewegungen der andern Truppengattungen folgen können. -- Auch
ein Landtransportcorps ist in neuerer Zeit errichtet worden, das mit dem
Train der deutschen Armeen auf gleiche Stufe zu stellen sein dürfte.

An der Spitze der Commandoangelegenheiten steht der Feldmarschall Her¬
zog von Cambridge, doch haben Artillerie und Ingenieurs in der Person
des MÄSter ALueral ot tue Koarä ot' oräouaiice (Generalfeldzeugmeister) ihr
besonderes Obercommando in technischer Beziehung. Den Generalstab bildet
eine Anzahl höherer Offiziere, der "ZMrtor MÄStc-r stM, die mit Ausnahme
der eigentlichen Adjutanten, iüäo cle cauM, mit den schwerfälligsten Titeln
behaftet sind, als z. B. äexut^ Marter matter acljutaut MueiAl, was höch¬
stens Chef des Stabes einer Division bedeutet.

Das Heer ist im Frieden nicht in stehende Armeecorps, Divisionen oder
Brigaden eingetheilt, sie bilden dergleichen wie sie zusammen garnisoniren oder
in Lagern stehen, was den großen Nachtheil hat, daß die Truppen mit den
Quartieren auch ihre höhern Befehlshaber wechseln und ebenso wenig von


Und Verbesserungen gemacht, geprüft und ohne Rücksicht auf die Kosten ein¬
geführt werden, wenn sie sich als praktisch bewähren. Das System der eng¬
lischen Blocklaffeten ist wol das vorzüglichste, was man bis jetzt kennt, und
die Einwürfe, welche man gegen dasselbe macht, und die namentlich darin
bestehen, daß das Stangenhcmdpferd in einer Gabeldeichsel gehen müsse, folg¬
lich sehr leide und in seiner freien Bewegung gehemmt sei, haben nicht viel
zu bedeuten; die französische und die sardinische Artillerie befolgen dasselbe Prin¬
cip, nur in Deutschland, mit Ausnahme des Königreichs Hannover, hat es sich
keinen Eingang verschaffen können. — Die Batterien sind nicht wie bei uns
mit Nummern, sondern mit Buchstaben bezeichnet. Es gibt kein Heer der
Welt, das so schwere Belagerungsgeschütze hat als das englische, und man
hat sie hier in einer Anzahl und Vollkommenheit, wie schwerlich irgendwo
anders. Die Munition ist vorzüglich und höchst sorgsam angefertigt; dies
bedingt schon der Seetransport, dem sie mehrentheils vor dem Verbrauche
unterworfen werden muß. Bei der Geschützmunition ist Geschoß und Pulver¬
sack getrennt, bei der Gewehrmunition ist die Patronenhülse mit zwei Theilen
Stearin, zwei Theilen animalischen Fett und einem Theil Wachs so getränkt, daß
Feuchtigkeit das Pulver nur schwer erreichen und unbrauchbar machen kann.
— Es sind dies die sogenannten „gefetteten Patronen", die zum Ausbruche
der Meuterei in Bengalen den letzten Anstoß gaben. Um die Patronen mög¬
lichst trocken zu erhalten, haben die Patrontaschen der Soldaten blecherne Ein¬
sätze mit doppeltem Bodendeckel.

Dem Jngenieurcorps sind Sappeur- und Mineurcompagnien beigegeben,
welche den Pontvnnierdienst mit zu verrichten haben; sie sind mit leichten Pon¬
tons und Wagen für das nöthige Handwerkszeug so ausgerüstet, daß sie
rasch den Bewegungen der andern Truppengattungen folgen können. — Auch
ein Landtransportcorps ist in neuerer Zeit errichtet worden, das mit dem
Train der deutschen Armeen auf gleiche Stufe zu stellen sein dürfte.

An der Spitze der Commandoangelegenheiten steht der Feldmarschall Her¬
zog von Cambridge, doch haben Artillerie und Ingenieurs in der Person
des MÄSter ALueral ot tue Koarä ot' oräouaiice (Generalfeldzeugmeister) ihr
besonderes Obercommando in technischer Beziehung. Den Generalstab bildet
eine Anzahl höherer Offiziere, der «ZMrtor MÄStc-r stM, die mit Ausnahme
der eigentlichen Adjutanten, iüäo cle cauM, mit den schwerfälligsten Titeln
behaftet sind, als z. B. äexut^ Marter matter acljutaut MueiAl, was höch¬
stens Chef des Stabes einer Division bedeutet.

Das Heer ist im Frieden nicht in stehende Armeecorps, Divisionen oder
Brigaden eingetheilt, sie bilden dergleichen wie sie zusammen garnisoniren oder
in Lagern stehen, was den großen Nachtheil hat, daß die Truppen mit den
Quartieren auch ihre höhern Befehlshaber wechseln und ebenso wenig von


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[0146] Und Verbesserungen gemacht, geprüft und ohne Rücksicht auf die Kosten ein¬ geführt werden, wenn sie sich als praktisch bewähren. Das System der eng¬ lischen Blocklaffeten ist wol das vorzüglichste, was man bis jetzt kennt, und die Einwürfe, welche man gegen dasselbe macht, und die namentlich darin bestehen, daß das Stangenhcmdpferd in einer Gabeldeichsel gehen müsse, folg¬ lich sehr leide und in seiner freien Bewegung gehemmt sei, haben nicht viel zu bedeuten; die französische und die sardinische Artillerie befolgen dasselbe Prin¬ cip, nur in Deutschland, mit Ausnahme des Königreichs Hannover, hat es sich keinen Eingang verschaffen können. — Die Batterien sind nicht wie bei uns mit Nummern, sondern mit Buchstaben bezeichnet. Es gibt kein Heer der Welt, das so schwere Belagerungsgeschütze hat als das englische, und man hat sie hier in einer Anzahl und Vollkommenheit, wie schwerlich irgendwo anders. Die Munition ist vorzüglich und höchst sorgsam angefertigt; dies bedingt schon der Seetransport, dem sie mehrentheils vor dem Verbrauche unterworfen werden muß. Bei der Geschützmunition ist Geschoß und Pulver¬ sack getrennt, bei der Gewehrmunition ist die Patronenhülse mit zwei Theilen Stearin, zwei Theilen animalischen Fett und einem Theil Wachs so getränkt, daß Feuchtigkeit das Pulver nur schwer erreichen und unbrauchbar machen kann. — Es sind dies die sogenannten „gefetteten Patronen", die zum Ausbruche der Meuterei in Bengalen den letzten Anstoß gaben. Um die Patronen mög¬ lichst trocken zu erhalten, haben die Patrontaschen der Soldaten blecherne Ein¬ sätze mit doppeltem Bodendeckel. Dem Jngenieurcorps sind Sappeur- und Mineurcompagnien beigegeben, welche den Pontvnnierdienst mit zu verrichten haben; sie sind mit leichten Pon¬ tons und Wagen für das nöthige Handwerkszeug so ausgerüstet, daß sie rasch den Bewegungen der andern Truppengattungen folgen können. — Auch ein Landtransportcorps ist in neuerer Zeit errichtet worden, das mit dem Train der deutschen Armeen auf gleiche Stufe zu stellen sein dürfte. An der Spitze der Commandoangelegenheiten steht der Feldmarschall Her¬ zog von Cambridge, doch haben Artillerie und Ingenieurs in der Person des MÄSter ALueral ot tue Koarä ot' oräouaiice (Generalfeldzeugmeister) ihr besonderes Obercommando in technischer Beziehung. Den Generalstab bildet eine Anzahl höherer Offiziere, der «ZMrtor MÄStc-r stM, die mit Ausnahme der eigentlichen Adjutanten, iüäo cle cauM, mit den schwerfälligsten Titeln behaftet sind, als z. B. äexut^ Marter matter acljutaut MueiAl, was höch¬ stens Chef des Stabes einer Division bedeutet. Das Heer ist im Frieden nicht in stehende Armeecorps, Divisionen oder Brigaden eingetheilt, sie bilden dergleichen wie sie zusammen garnisoniren oder in Lagern stehen, was den großen Nachtheil hat, daß die Truppen mit den Quartieren auch ihre höhern Befehlshaber wechseln und ebenso wenig von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/146>, abgerufen am 22.07.2024.