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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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Ich finde sehr nöthig, den Generallieutenant von Heister selbst hierüber
zu sprechen, und dessen Gesundheit ist ohnehin vor das dortige Climat nicht
dauerhaft genug. Deswegen schreibe ihm, daß er sich auf eine Zeitlang an-
der begebe, dein Herrn Generallieutenant aber ita Interim das Commando
meiner Truppen in Amerika übertrage. . .

Und Ich lebe der festesten Hoffnung, daß durchdrungen, wie Ich selbst,
von dem gerechtesten Schmerz über einen solchen Schandfleck, und nach der
unumgänglichsten Nothwendigkeit solchen auszulöschen, derselbe sich nicht be¬
ruhigen werde, bis Meine Truppen durch eine Menge von rühmlichen Thäten
das Andenken dieser unglückseligen Begebenheit ersticket.

Der Tod des Obersten Rail hat ihn Meiner verdienten Ahndung entzogen,
daß er sich so unverantwortlich überrumpeln lassen; aber unendlich strafbarer
sind diejenigen, welche nach seiner tödtlichen Verwundung zugegeben, daß die
Bataillons, welche sie commandiret, den hessischen Namen entehret und auf
eine schändliche Art das Gewehr gestreckt, anstatt zu versuchen, sich wenigstens
wie rechtschaffene Soldaten durchzuschlagen, wenn der Platz nicht mehr be¬
hauptet werden konnte. Und die Menge Flüchtige, welche von diesen Regi¬
mentern durchgekommen, zeigt, was der Ueberrest hätte thun können, wenn
die dabei übrig gebliebenen Offiziers sich ihrer Pflicht erinnert und nicht bei
Seite gesetzt hätten, was sie Mir, der Ehre Meines Corps und sich selbsten
schuldig gewesen.

Die eigentlichen Umstände dieses Schimpfes sind Mir noch zur Zeit un¬
bekannt, es ist Mir aber keine Relation davon zu Gesichte gekommen, wodurch
er nicht bestätiget würde.

Dem Herrn Generallieutenant gebe hiermit auf, bei Wiederkunft der
Offiziers alles genau zu examiniren und mir einen pflichtmäßigen Rapport von
dem wahren Zusammenhange der Sache abzustatten. Ich sehe Mich gezwungen,
an den Schuldigen ein Exempel zu statuiren und declarire zum Voraus, daß
diese Regimenter niemals wieder Fahnen bekommen werden, wenn sie nicht
deren ebenso viele vom Feinde erobern, als sie auf eine so schimpfliche Art
verloren haben."

Auch noch ein drittes Schreiben vom 16. Juni 177? gehört hierher.
In demselben schreibt der Landgraf an Knyphausen:

"Nach der Retour des Regimentsquartiermeisters Müller hatte mir ver¬
muthet, daß der Generallieutenant von Heister eine vollständige und eigent¬
liche Relation von der fatalen surprise in Trentown abstatten würde; da
aber solches nicht geschehen und das beigelegte Diarium des besagten Müllers
nicht das Geringste davon erwähnt: so will nunmehro vom Herrn General¬
lieutenant fordersamst alles dasjenige erwarten, was zu Aufklärung solchen
unglücklichen Vorfalls und dessen Beurtheilung dienen kann, sowol durch dessen


Grenzboten III. 1358. 13

Ich finde sehr nöthig, den Generallieutenant von Heister selbst hierüber
zu sprechen, und dessen Gesundheit ist ohnehin vor das dortige Climat nicht
dauerhaft genug. Deswegen schreibe ihm, daß er sich auf eine Zeitlang an-
der begebe, dein Herrn Generallieutenant aber ita Interim das Commando
meiner Truppen in Amerika übertrage. . .

Und Ich lebe der festesten Hoffnung, daß durchdrungen, wie Ich selbst,
von dem gerechtesten Schmerz über einen solchen Schandfleck, und nach der
unumgänglichsten Nothwendigkeit solchen auszulöschen, derselbe sich nicht be¬
ruhigen werde, bis Meine Truppen durch eine Menge von rühmlichen Thäten
das Andenken dieser unglückseligen Begebenheit ersticket.

Der Tod des Obersten Rail hat ihn Meiner verdienten Ahndung entzogen,
daß er sich so unverantwortlich überrumpeln lassen; aber unendlich strafbarer
sind diejenigen, welche nach seiner tödtlichen Verwundung zugegeben, daß die
Bataillons, welche sie commandiret, den hessischen Namen entehret und auf
eine schändliche Art das Gewehr gestreckt, anstatt zu versuchen, sich wenigstens
wie rechtschaffene Soldaten durchzuschlagen, wenn der Platz nicht mehr be¬
hauptet werden konnte. Und die Menge Flüchtige, welche von diesen Regi¬
mentern durchgekommen, zeigt, was der Ueberrest hätte thun können, wenn
die dabei übrig gebliebenen Offiziers sich ihrer Pflicht erinnert und nicht bei
Seite gesetzt hätten, was sie Mir, der Ehre Meines Corps und sich selbsten
schuldig gewesen.

Die eigentlichen Umstände dieses Schimpfes sind Mir noch zur Zeit un¬
bekannt, es ist Mir aber keine Relation davon zu Gesichte gekommen, wodurch
er nicht bestätiget würde.

Dem Herrn Generallieutenant gebe hiermit auf, bei Wiederkunft der
Offiziers alles genau zu examiniren und mir einen pflichtmäßigen Rapport von
dem wahren Zusammenhange der Sache abzustatten. Ich sehe Mich gezwungen,
an den Schuldigen ein Exempel zu statuiren und declarire zum Voraus, daß
diese Regimenter niemals wieder Fahnen bekommen werden, wenn sie nicht
deren ebenso viele vom Feinde erobern, als sie auf eine so schimpfliche Art
verloren haben."

Auch noch ein drittes Schreiben vom 16. Juni 177? gehört hierher.
In demselben schreibt der Landgraf an Knyphausen:

„Nach der Retour des Regimentsquartiermeisters Müller hatte mir ver¬
muthet, daß der Generallieutenant von Heister eine vollständige und eigent¬
liche Relation von der fatalen surprise in Trentown abstatten würde; da
aber solches nicht geschehen und das beigelegte Diarium des besagten Müllers
nicht das Geringste davon erwähnt: so will nunmehro vom Herrn General¬
lieutenant fordersamst alles dasjenige erwarten, was zu Aufklärung solchen
unglücklichen Vorfalls und dessen Beurtheilung dienen kann, sowol durch dessen


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[0105] Ich finde sehr nöthig, den Generallieutenant von Heister selbst hierüber zu sprechen, und dessen Gesundheit ist ohnehin vor das dortige Climat nicht dauerhaft genug. Deswegen schreibe ihm, daß er sich auf eine Zeitlang an- der begebe, dein Herrn Generallieutenant aber ita Interim das Commando meiner Truppen in Amerika übertrage. . . Und Ich lebe der festesten Hoffnung, daß durchdrungen, wie Ich selbst, von dem gerechtesten Schmerz über einen solchen Schandfleck, und nach der unumgänglichsten Nothwendigkeit solchen auszulöschen, derselbe sich nicht be¬ ruhigen werde, bis Meine Truppen durch eine Menge von rühmlichen Thäten das Andenken dieser unglückseligen Begebenheit ersticket. Der Tod des Obersten Rail hat ihn Meiner verdienten Ahndung entzogen, daß er sich so unverantwortlich überrumpeln lassen; aber unendlich strafbarer sind diejenigen, welche nach seiner tödtlichen Verwundung zugegeben, daß die Bataillons, welche sie commandiret, den hessischen Namen entehret und auf eine schändliche Art das Gewehr gestreckt, anstatt zu versuchen, sich wenigstens wie rechtschaffene Soldaten durchzuschlagen, wenn der Platz nicht mehr be¬ hauptet werden konnte. Und die Menge Flüchtige, welche von diesen Regi¬ mentern durchgekommen, zeigt, was der Ueberrest hätte thun können, wenn die dabei übrig gebliebenen Offiziers sich ihrer Pflicht erinnert und nicht bei Seite gesetzt hätten, was sie Mir, der Ehre Meines Corps und sich selbsten schuldig gewesen. Die eigentlichen Umstände dieses Schimpfes sind Mir noch zur Zeit un¬ bekannt, es ist Mir aber keine Relation davon zu Gesichte gekommen, wodurch er nicht bestätiget würde. Dem Herrn Generallieutenant gebe hiermit auf, bei Wiederkunft der Offiziers alles genau zu examiniren und mir einen pflichtmäßigen Rapport von dem wahren Zusammenhange der Sache abzustatten. Ich sehe Mich gezwungen, an den Schuldigen ein Exempel zu statuiren und declarire zum Voraus, daß diese Regimenter niemals wieder Fahnen bekommen werden, wenn sie nicht deren ebenso viele vom Feinde erobern, als sie auf eine so schimpfliche Art verloren haben." Auch noch ein drittes Schreiben vom 16. Juni 177? gehört hierher. In demselben schreibt der Landgraf an Knyphausen: „Nach der Retour des Regimentsquartiermeisters Müller hatte mir ver¬ muthet, daß der Generallieutenant von Heister eine vollständige und eigent¬ liche Relation von der fatalen surprise in Trentown abstatten würde; da aber solches nicht geschehen und das beigelegte Diarium des besagten Müllers nicht das Geringste davon erwähnt: so will nunmehro vom Herrn General¬ lieutenant fordersamst alles dasjenige erwarten, was zu Aufklärung solchen unglücklichen Vorfalls und dessen Beurtheilung dienen kann, sowol durch dessen Grenzboten III. 1358. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/105>, abgerufen am 22.07.2024.