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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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riger Zahlung", und ebenso sagt er über die Erschütterungen der östlichen
Provinzen durch den Pontischen Mithridates: "Man weiß, daß damals, als so
viele in Asien große Summen verloren hatten, auch in Rom durch die in den
Zahlungen eingetretene Hemmung der Credit ganz gesunken ist; denn es kön¬
nen nicht in einem Staate viele ihr Vermögen einbüßen, ohne andre mit sich
in dasselbe Unglück zu verwickeln." Auch die Entwerthung des Geldes erzeugte
große Störungen des Verkehrs. Zwar war es erst einer fernen Zukunft vor¬
behalten, den Geldwerth des Papiers zu entdecken und auszubeuten; aber das
Kippen und Wippen verstanden die römischen Gewalthaber schon vortrefflich. Wäh¬
rend der Bürgerkriege mischte der Triumvir Antonius Eisen unter das geprägte
Silber und den Entdecker der Silberprobe ehrte damals das Volk mit Bild¬
säulen in allen Districten. In den 200 Jahren von Nero bis Aurelian ver¬
schlechterte sich aber das Geld allmälig immer mehr. Die Regierungen ver¬
boten das Probiren ihrer Münzen und gaben bronzene Denare mit Silber-
plattirung aus, deren Silbcrgehnlt von '/" endlich auf Vs hcrabsan?. Zuletzt
wußte man gar nicht mehr, ob der Ueberzug des weiß gesottenen Kupfers aus
Silber oder Zinn bestand und es geriethen alle Vermögensverhältnisse in die
heilloseste Verwirrung. Die Abgaben mußten unter Heliogabal und Alexan¬
der Severus in Gold gezahlt werden, und hiermit war eigentlich schon der
Staatsbankerott ausgesprochen. Erst Diocletian gelang es, vollständige Ord¬
nung im Münzwesen wieder herzustellen.

Wie in Athen wurde auch in Rom das Forum dadurch zu einer Art von
Börse, daß die Boutiken der Wechsler auf demselben oder in seiner Nähe sich
befanden. Besonders unter den drei großen, gewölbten Durchgangsbogen
desselben, in welchen besondere kleine Nischen zu diesem Zwecke angebracht
waren, pflegten sie ihren Stand aufzuschlagen und nach der Localität bezeich¬
neten sie auch ihre Firma (z. B. "der Wechsler von der jütischen Basilika",
"vom Circus Flaminius" u. s. w.). Ihre Geschäfte waren bedeutend aus¬
gedehnter und vielseitiger als die der griechischen Collegen. Zwar machte das
Wechselwesen selbst, wie schon erwähnt, in Rom keinen Fortschritt, und es
blieb nach wie vor bei den bloßen Anweisungen, allein der Ausdehnung des
Reiches analog erweiterten sich auch die Beziehungen der römischen Bankiers
zu denen in den Provinzen und es kamen mit der Zeit eine Menge auf Geld
und Handel bezügliche Besorgungen in ihre Hände, die bei uns besonderen
Agenten und den Notaren anheimfallen. Bei Käufer und Verkäufen dienten
sie als Makler, sie besorgten Privatauctionen und wurden bei öffentlichen Ver¬
steigerungen als Schriftführer und Kassirer zugezogen, weshalb auch die
Auctionsl'ataloge an ihre Buden angeschlagen wurden. Natürlich liehen sie
auch fremdes Geld, um dasselbe zu höhern Zinsen wieder unterzubringen,
aber bei solchen Operationen waren sie hinsichtlich der Zinsen immer durch


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riger Zahlung", und ebenso sagt er über die Erschütterungen der östlichen
Provinzen durch den Pontischen Mithridates: „Man weiß, daß damals, als so
viele in Asien große Summen verloren hatten, auch in Rom durch die in den
Zahlungen eingetretene Hemmung der Credit ganz gesunken ist; denn es kön¬
nen nicht in einem Staate viele ihr Vermögen einbüßen, ohne andre mit sich
in dasselbe Unglück zu verwickeln." Auch die Entwerthung des Geldes erzeugte
große Störungen des Verkehrs. Zwar war es erst einer fernen Zukunft vor¬
behalten, den Geldwerth des Papiers zu entdecken und auszubeuten; aber das
Kippen und Wippen verstanden die römischen Gewalthaber schon vortrefflich. Wäh¬
rend der Bürgerkriege mischte der Triumvir Antonius Eisen unter das geprägte
Silber und den Entdecker der Silberprobe ehrte damals das Volk mit Bild¬
säulen in allen Districten. In den 200 Jahren von Nero bis Aurelian ver¬
schlechterte sich aber das Geld allmälig immer mehr. Die Regierungen ver¬
boten das Probiren ihrer Münzen und gaben bronzene Denare mit Silber-
plattirung aus, deren Silbcrgehnlt von '/» endlich auf Vs hcrabsan?. Zuletzt
wußte man gar nicht mehr, ob der Ueberzug des weiß gesottenen Kupfers aus
Silber oder Zinn bestand und es geriethen alle Vermögensverhältnisse in die
heilloseste Verwirrung. Die Abgaben mußten unter Heliogabal und Alexan¬
der Severus in Gold gezahlt werden, und hiermit war eigentlich schon der
Staatsbankerott ausgesprochen. Erst Diocletian gelang es, vollständige Ord¬
nung im Münzwesen wieder herzustellen.

Wie in Athen wurde auch in Rom das Forum dadurch zu einer Art von
Börse, daß die Boutiken der Wechsler auf demselben oder in seiner Nähe sich
befanden. Besonders unter den drei großen, gewölbten Durchgangsbogen
desselben, in welchen besondere kleine Nischen zu diesem Zwecke angebracht
waren, pflegten sie ihren Stand aufzuschlagen und nach der Localität bezeich¬
neten sie auch ihre Firma (z. B. „der Wechsler von der jütischen Basilika",
„vom Circus Flaminius" u. s. w.). Ihre Geschäfte waren bedeutend aus¬
gedehnter und vielseitiger als die der griechischen Collegen. Zwar machte das
Wechselwesen selbst, wie schon erwähnt, in Rom keinen Fortschritt, und es
blieb nach wie vor bei den bloßen Anweisungen, allein der Ausdehnung des
Reiches analog erweiterten sich auch die Beziehungen der römischen Bankiers
zu denen in den Provinzen und es kamen mit der Zeit eine Menge auf Geld
und Handel bezügliche Besorgungen in ihre Hände, die bei uns besonderen
Agenten und den Notaren anheimfallen. Bei Käufer und Verkäufen dienten
sie als Makler, sie besorgten Privatauctionen und wurden bei öffentlichen Ver¬
steigerungen als Schriftführer und Kassirer zugezogen, weshalb auch die
Auctionsl'ataloge an ihre Buden angeschlagen wurden. Natürlich liehen sie
auch fremdes Geld, um dasselbe zu höhern Zinsen wieder unterzubringen,
aber bei solchen Operationen waren sie hinsichtlich der Zinsen immer durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/523>, abgerufen am 27.07.2024.