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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Regierungsmaßregeln beschränkt und der Zinsfuß stand in Rom nie auf der
Höhe des griechischen. Von stieg er zwar am Ende der Republik auf 12"/^,.
sank aber zu Anfang der Monarchie durch die Anhäufung vieler Capitalien
bis auf 4"/" herab. Zwar dauerte dies nicht lange, aber über 8"/^ scheint er
nicht oft gestiegen zu sein, und Justinian setzte endlich den gesetzlichen Zins¬
fuß auf 6"/y fest und verbot den Zinscszins gänzlich. In Rom beaufsichtigte
die Wechsler der Stadtprnfect, in den Provinzen der Statthalter, und vom
Kaiser Galba 'wird erzählt, daß er als Gouverneur in Spanien einem unred¬
lichen Bankier die langfingrigen Hände abhauen und an den Wechslertisch
habe nageln lassen. Wie in Rom überhaupt wenig Gewerbfreiheit herrschte,
war auch eine bestimmte Zahl für die Geldhändler festgesetzt, welche eine Art
von Innung bildeten, zuweilen unter sich solidarische Verbindlichkeiten ein¬
gingen und das Recht besaßen, über die Aufnahme neuer Mitglieder zu ent-
scheiden. Sclaven waren nur als Commis zulässig und der Herr des Ge¬
schäfts war stets für sie verantwortlich. Besonders streng verpflichtet waren
die römischen Bankiers, ihre Bücher genau zu führen, und es befremdet dies
um so weniger, als es überhaupt bei den Römern bis ins 3. Jahrhundert
n. Chr. allgemeine Sitte war. Ausgaben und Einnahmen gehörig aufzuschrei¬
ben und zu verrechnen, so daß Summen, die nicht im Buche (Calendarium)
standen, als unredlich erworbene vorgeworfen werden konnten. Daher hatten
die Wechsler nicht nur ein Kassabuch, in welches sie ihre Einnahmen und Aus¬
gaben chronologisch eintrugen, sondern auch ein Contocurrentbuch, in welchem
das Soll und Haben der einzelnen Kunden verzeichnet stand und ein Journal
zum Behuf späterer Eintragung in das Kassabuch. Vor Gericht hatten diese
Bücher vollständige Beweiskraft.

Justinian war den Wechslern besonders günstig gesinnt, vermehrte ihre
Privilegien und sagt unter anderem in dem bezüglichen Gesetze nach der Be¬
stimmung, daß ihnen auch ohne vorgehende Abmachung stets die gesetzlichen
Zinsen des verborgten Geldes gezahlt werden sollten: "denn es wäre ungerecht,
wenn diejenigen, welche bereit sind, fast alle Hilfsbedürftigen zu unterstützen
durch solche kleinliche Chicanen Unrecht erleiden sollten." Ueberhaupt hatte in
der Kaiserzeit dieser ganze Stand gleiche Geltung mit den Kaufleuten. Der
reiche Bankier war ebenso angesehen, wie der Großhändler; der kleine Wechs¬
ler und der schmuzige Wucherer dagegen genossen ebenso wenig Achtung wie
überhaupt jeder Kleinhändler und Krämer. Auf solche Händler niederen Ranges
beziehen sich auch die bittern Worte des Plautus: "Hinter dem Castortempel
sind diejenigen, bei welchen du schlecht ankommen kannst, wenn du ihnen
geschwind Geld anvertraust; so wie du dies gethan hast, machen sie augen¬
blicklich Bankerott!"




Regierungsmaßregeln beschränkt und der Zinsfuß stand in Rom nie auf der
Höhe des griechischen. Von stieg er zwar am Ende der Republik auf 12"/^,.
sank aber zu Anfang der Monarchie durch die Anhäufung vieler Capitalien
bis auf 4"/„ herab. Zwar dauerte dies nicht lange, aber über 8"/^ scheint er
nicht oft gestiegen zu sein, und Justinian setzte endlich den gesetzlichen Zins¬
fuß auf 6"/y fest und verbot den Zinscszins gänzlich. In Rom beaufsichtigte
die Wechsler der Stadtprnfect, in den Provinzen der Statthalter, und vom
Kaiser Galba 'wird erzählt, daß er als Gouverneur in Spanien einem unred¬
lichen Bankier die langfingrigen Hände abhauen und an den Wechslertisch
habe nageln lassen. Wie in Rom überhaupt wenig Gewerbfreiheit herrschte,
war auch eine bestimmte Zahl für die Geldhändler festgesetzt, welche eine Art
von Innung bildeten, zuweilen unter sich solidarische Verbindlichkeiten ein¬
gingen und das Recht besaßen, über die Aufnahme neuer Mitglieder zu ent-
scheiden. Sclaven waren nur als Commis zulässig und der Herr des Ge¬
schäfts war stets für sie verantwortlich. Besonders streng verpflichtet waren
die römischen Bankiers, ihre Bücher genau zu führen, und es befremdet dies
um so weniger, als es überhaupt bei den Römern bis ins 3. Jahrhundert
n. Chr. allgemeine Sitte war. Ausgaben und Einnahmen gehörig aufzuschrei¬
ben und zu verrechnen, so daß Summen, die nicht im Buche (Calendarium)
standen, als unredlich erworbene vorgeworfen werden konnten. Daher hatten
die Wechsler nicht nur ein Kassabuch, in welches sie ihre Einnahmen und Aus¬
gaben chronologisch eintrugen, sondern auch ein Contocurrentbuch, in welchem
das Soll und Haben der einzelnen Kunden verzeichnet stand und ein Journal
zum Behuf späterer Eintragung in das Kassabuch. Vor Gericht hatten diese
Bücher vollständige Beweiskraft.

Justinian war den Wechslern besonders günstig gesinnt, vermehrte ihre
Privilegien und sagt unter anderem in dem bezüglichen Gesetze nach der Be¬
stimmung, daß ihnen auch ohne vorgehende Abmachung stets die gesetzlichen
Zinsen des verborgten Geldes gezahlt werden sollten: „denn es wäre ungerecht,
wenn diejenigen, welche bereit sind, fast alle Hilfsbedürftigen zu unterstützen
durch solche kleinliche Chicanen Unrecht erleiden sollten." Ueberhaupt hatte in
der Kaiserzeit dieser ganze Stand gleiche Geltung mit den Kaufleuten. Der
reiche Bankier war ebenso angesehen, wie der Großhändler; der kleine Wechs¬
ler und der schmuzige Wucherer dagegen genossen ebenso wenig Achtung wie
überhaupt jeder Kleinhändler und Krämer. Auf solche Händler niederen Ranges
beziehen sich auch die bittern Worte des Plautus: „Hinter dem Castortempel
sind diejenigen, bei welchen du schlecht ankommen kannst, wenn du ihnen
geschwind Geld anvertraust; so wie du dies gethan hast, machen sie augen¬
blicklich Bankerott!"




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/524>, abgerufen am 22.12.2024.