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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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aber obwol ihnen kein eigner Grundbesitz erlaubt ist, haben sie doch einen
sehr großen Theil der Ländereien und Güter des Adels in ihren Händen.
Gesetzlich sind sie allerdings nur Pächter dieser Güter, durch die vielen vom
Juden dem Edelmann geleisteten Vorschüsse jedoch sind sie so gut wie Eigen¬
thümer. Der Adel in Galizien ist durch Aushebung der Robot überhaupt in
sehr bedrückte Umstände gekommen. Die Arbeit, die sonst der Bauer seinem
Grundherrn unentgeldlich that, muß jetzt bezahlt werden, und unverhältniß-
mäßig theuer, da der Bauer über alle Begriffe trug ist und lieber hungert und
stiehlt, als arbeitet. Dazu kommt noch die Prachtliebe, die Verschwendungs¬
sucht und das Reisefieber des Adels, der sich, statt auf seinen Gütern,
lieber in Paris oder in den Bädern aufhält, wo er alles, was er gegen hohe
Interessen von den stets bereitwilligen Juden geliehen, in Saus und Braus
verpraßt. Daher darf man sich nicht wundern, wenn es ganze Dörfer gibt,
wo jeder Jnsasse ein Edelmann ist und ein Wappen führt, wie solche Dörfer
in der Nähe von Serp. Brody und Rzesczow mehre liegen.

Im Jahre 184" wurde außerdem noch der Adel vorzüglich im Königreich
Lodomerien durch den Bauernaufstand so geplündert und beraubt, daß schon
dadurch viele Edelleute ihr ganzes Vermögen verloren. Wie der Adel, ist
auch der Bauer abhängig vom Juden. Bei der ihm angebornen Trägheit
erbaut er im Sommer nur so viel, daß er höchstens den halben Winter davon
zu zehren hat. Trotzdem will er den ganzen Tag im Wirthshause sitzen und
Branntwein trinken. Credit gibt ihm der Jude nicht; er muß ihm also ei¬
nen Theil der Saat und des Feldes verpfänden; so geschieht es nicht selten,
daß der Bauer die Feldfrüchte, die er erst nächsten Sommer ernten wird, im Win¬
ter schon vertrunken hat. Daher das grenzenlose Elend der Bevölkerung. Als
ein Beispiel, wie der Jude es versteht, die Unwissenheit des Bauern zu seinem
Vortheil zu benutzen, gelte Folgendes: Bei jenem Aufstand der Bauern gegen
den Adel traf es sich nicht selten, daß die Bauern bei den Plünderungen
Banknoten von bedeutenden Beträgen fanden, deren Werth sie aber nicht
kannten und die sie wegen der darauf befindlichen Figuren für werthlose Bildchen
hielten, in ihren Wohnungen an der Wand aufklebten, schließlich aber an die
Juden für einige Kreuzer verkauften, so daß oft eins Banknote von 2--3000
Gulden für zwei bis drei Kreuzer verkauft wurde. --

Der Handel mit Pferden wird fast ausschließlich von Juden geleitet, und
auch hier verstehen sie es wie Wenige, den Käufer zu übervortheilen. In jeder
Stadt findet man jüdische Fahrgelegenheit, bekannt unter dem Namen Bud-
kas, große, mit Planen überzogene Personenwagen, in denen man um mehr
als die Hülste billiger als mit der Post reisen kann.

Doch sind dieselben immer so überfüllt, und von reisenden Juden selbst
so besetzt, daß es für niemand, der die Mehrausgabe mit der Post nicht zu


Grenzboten I. 1so6. 55

aber obwol ihnen kein eigner Grundbesitz erlaubt ist, haben sie doch einen
sehr großen Theil der Ländereien und Güter des Adels in ihren Händen.
Gesetzlich sind sie allerdings nur Pächter dieser Güter, durch die vielen vom
Juden dem Edelmann geleisteten Vorschüsse jedoch sind sie so gut wie Eigen¬
thümer. Der Adel in Galizien ist durch Aushebung der Robot überhaupt in
sehr bedrückte Umstände gekommen. Die Arbeit, die sonst der Bauer seinem
Grundherrn unentgeldlich that, muß jetzt bezahlt werden, und unverhältniß-
mäßig theuer, da der Bauer über alle Begriffe trug ist und lieber hungert und
stiehlt, als arbeitet. Dazu kommt noch die Prachtliebe, die Verschwendungs¬
sucht und das Reisefieber des Adels, der sich, statt auf seinen Gütern,
lieber in Paris oder in den Bädern aufhält, wo er alles, was er gegen hohe
Interessen von den stets bereitwilligen Juden geliehen, in Saus und Braus
verpraßt. Daher darf man sich nicht wundern, wenn es ganze Dörfer gibt,
wo jeder Jnsasse ein Edelmann ist und ein Wappen führt, wie solche Dörfer
in der Nähe von Serp. Brody und Rzesczow mehre liegen.

Im Jahre 184« wurde außerdem noch der Adel vorzüglich im Königreich
Lodomerien durch den Bauernaufstand so geplündert und beraubt, daß schon
dadurch viele Edelleute ihr ganzes Vermögen verloren. Wie der Adel, ist
auch der Bauer abhängig vom Juden. Bei der ihm angebornen Trägheit
erbaut er im Sommer nur so viel, daß er höchstens den halben Winter davon
zu zehren hat. Trotzdem will er den ganzen Tag im Wirthshause sitzen und
Branntwein trinken. Credit gibt ihm der Jude nicht; er muß ihm also ei¬
nen Theil der Saat und des Feldes verpfänden; so geschieht es nicht selten,
daß der Bauer die Feldfrüchte, die er erst nächsten Sommer ernten wird, im Win¬
ter schon vertrunken hat. Daher das grenzenlose Elend der Bevölkerung. Als
ein Beispiel, wie der Jude es versteht, die Unwissenheit des Bauern zu seinem
Vortheil zu benutzen, gelte Folgendes: Bei jenem Aufstand der Bauern gegen
den Adel traf es sich nicht selten, daß die Bauern bei den Plünderungen
Banknoten von bedeutenden Beträgen fanden, deren Werth sie aber nicht
kannten und die sie wegen der darauf befindlichen Figuren für werthlose Bildchen
hielten, in ihren Wohnungen an der Wand aufklebten, schließlich aber an die
Juden für einige Kreuzer verkauften, so daß oft eins Banknote von 2—3000
Gulden für zwei bis drei Kreuzer verkauft wurde. —

Der Handel mit Pferden wird fast ausschließlich von Juden geleitet, und
auch hier verstehen sie es wie Wenige, den Käufer zu übervortheilen. In jeder
Stadt findet man jüdische Fahrgelegenheit, bekannt unter dem Namen Bud-
kas, große, mit Planen überzogene Personenwagen, in denen man um mehr
als die Hülste billiger als mit der Post reisen kann.

Doch sind dieselben immer so überfüllt, und von reisenden Juden selbst
so besetzt, daß es für niemand, der die Mehrausgabe mit der Post nicht zu


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[0441] aber obwol ihnen kein eigner Grundbesitz erlaubt ist, haben sie doch einen sehr großen Theil der Ländereien und Güter des Adels in ihren Händen. Gesetzlich sind sie allerdings nur Pächter dieser Güter, durch die vielen vom Juden dem Edelmann geleisteten Vorschüsse jedoch sind sie so gut wie Eigen¬ thümer. Der Adel in Galizien ist durch Aushebung der Robot überhaupt in sehr bedrückte Umstände gekommen. Die Arbeit, die sonst der Bauer seinem Grundherrn unentgeldlich that, muß jetzt bezahlt werden, und unverhältniß- mäßig theuer, da der Bauer über alle Begriffe trug ist und lieber hungert und stiehlt, als arbeitet. Dazu kommt noch die Prachtliebe, die Verschwendungs¬ sucht und das Reisefieber des Adels, der sich, statt auf seinen Gütern, lieber in Paris oder in den Bädern aufhält, wo er alles, was er gegen hohe Interessen von den stets bereitwilligen Juden geliehen, in Saus und Braus verpraßt. Daher darf man sich nicht wundern, wenn es ganze Dörfer gibt, wo jeder Jnsasse ein Edelmann ist und ein Wappen führt, wie solche Dörfer in der Nähe von Serp. Brody und Rzesczow mehre liegen. Im Jahre 184« wurde außerdem noch der Adel vorzüglich im Königreich Lodomerien durch den Bauernaufstand so geplündert und beraubt, daß schon dadurch viele Edelleute ihr ganzes Vermögen verloren. Wie der Adel, ist auch der Bauer abhängig vom Juden. Bei der ihm angebornen Trägheit erbaut er im Sommer nur so viel, daß er höchstens den halben Winter davon zu zehren hat. Trotzdem will er den ganzen Tag im Wirthshause sitzen und Branntwein trinken. Credit gibt ihm der Jude nicht; er muß ihm also ei¬ nen Theil der Saat und des Feldes verpfänden; so geschieht es nicht selten, daß der Bauer die Feldfrüchte, die er erst nächsten Sommer ernten wird, im Win¬ ter schon vertrunken hat. Daher das grenzenlose Elend der Bevölkerung. Als ein Beispiel, wie der Jude es versteht, die Unwissenheit des Bauern zu seinem Vortheil zu benutzen, gelte Folgendes: Bei jenem Aufstand der Bauern gegen den Adel traf es sich nicht selten, daß die Bauern bei den Plünderungen Banknoten von bedeutenden Beträgen fanden, deren Werth sie aber nicht kannten und die sie wegen der darauf befindlichen Figuren für werthlose Bildchen hielten, in ihren Wohnungen an der Wand aufklebten, schließlich aber an die Juden für einige Kreuzer verkauften, so daß oft eins Banknote von 2—3000 Gulden für zwei bis drei Kreuzer verkauft wurde. — Der Handel mit Pferden wird fast ausschließlich von Juden geleitet, und auch hier verstehen sie es wie Wenige, den Käufer zu übervortheilen. In jeder Stadt findet man jüdische Fahrgelegenheit, bekannt unter dem Namen Bud- kas, große, mit Planen überzogene Personenwagen, in denen man um mehr als die Hülste billiger als mit der Post reisen kann. Doch sind dieselben immer so überfüllt, und von reisenden Juden selbst so besetzt, daß es für niemand, der die Mehrausgabe mit der Post nicht zu Grenzboten I. 1so6. 55

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/441>, abgerufen am 28.07.2024.