Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.Unglücksfälle sondern, und hier wiederum zwei AiA'n unterscheiden, welche Unglücksfälle sondern, und hier wiederum zwei AiA'n unterscheiden, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105661"/> <p xml:id="ID_1001" prev="#ID_1000" next="#ID_1002"> Unglücksfälle sondern, und hier wiederum zwei AiA'n unterscheiden, welche<lb/> in der Kunstsprache als „große Havarie" und „particuläre Havarie" bezeichnet<lb/> ^werden. Nicht der Betrag des Schadens ist das eigentliche Merkmal eines<lb/> jeden derselben, sondern die Art, wie sie vor sich gegangen. Wenn im Ver¬<lb/> lauf eines Sturms Segel und Masten über Bord gerissen, Waaren hinab-<lb/> gespült oder durch vom Leck oder von oben einlaufendes Wasser beschädigt<lb/> werden, so ist hier, der angerichtete Schade mag noch so beträchtlich sein,<lb/> nur von „pnrticulärcr Havarie" die Rede, und jedex Versicherte, dessen Gut<lb/> dabei gelitten hat, mag sich an seinen eigenen Verhinderer halten, grade wie<lb/> bei einem durch Feuersbrunst beschädigten und von mehren bewohnten Hause.<lb/> Wenn aber in einem Sturme zur Rettung des Ganzen Segel und Masten gekappt<lb/> und über Lord geworfen werden, wenn Waaren zur Erleichterung des Schiffs<lb/> denselben Weg zum Abgrunde gehen, oder sonst eine Maßregel getroffen wird,<lb/> welche einem am oder im Schiffe befindlichen Vermögcnstheil beschädigt oder<lb/> vernichtet, damit die gemeinsame Gefahr abgewandt werde, oder endlich die<lb/> nothdürftige Wiederherstellung eines durch Seeunfall untüchtig gewordenen<lb/> Schiffes Kosten verursacht, dann ist „große Havarie" da. Es ist nämlich<lb/> nicht mehr als recht und billig, daß in allen solchen Fällen der freiwillig<lb/> angerichtete Schade nicht blos dem zur Last fällt, der davon zufällig betrof¬<lb/> fen worden, sondern allen zusammen, denen durch solche Aufopferungen und<lb/> Kosten ein Vortheil, der der Erhaltung eines Vermögensantheils geworden<lb/> ist. Es ist dies um so nothwendiger, da sonst die Verantwortlichkeit des<lb/> Schiffers in der Auswahl der zu opfernden Dinge erschwert und so die Ent¬<lb/> schlossenheit zur gemeinsamen Rettung gemindert werden könnte. Ist nun<lb/> Schiff und Ladung, so weit davon nichts geworfen, wirklich gerettet worden<lb/> (denn das ist die Vorbedingung zur „großen Havarie"), dann „contribuiren<lb/> Schiff, Fracht und Ladung zu gleichen Theilen" d. h. der Procentsatz der<lb/> herbeigeführten Verluste, angerichteten Beschädigungen oder verursachten Kosten<lb/> wird von dem Geldwerth jeder dieser drei Theile abgezogen und so weit ent¬<lb/> weder vom Eigenthümer oder dessen Verhinderer .vergütet. So einfach und<lb/> leicht dieser Grundsatz auch aussieht, so unendlich schwierig kann vorkom¬<lb/> menden Falls die Ausführung sein. Jedes der drei „contributionspflichtigen"<lb/> Theile muß tazirt und zwar jedes nach besondern Grundsätzen taxirt werden.<lb/> Am leichtesten ist es noch bei der Fracht, denn darüber liegt der Contract<lb/> zwischen Befrachter und Frachtnchmer (sog. Chartcpartie) vor. Beim Schiffe<lb/> ist aber nicht blos der durch particuläre Havarie verursachte möglicherweise<lb/> gleichzeitige Schaden zu trennen, sondern auch dessen allgemeiner Zustand beim<lb/> Seeuusall, ob und wie weit es neu war, und wird danach wo nöthig unter<lb/> Abzug von meist V» des Schiffswerths als „alt für neu" der zu ver¬<lb/> gütende Schade und die Contributionspflicht berechnet. Würde dies nicht in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
Unglücksfälle sondern, und hier wiederum zwei AiA'n unterscheiden, welche
in der Kunstsprache als „große Havarie" und „particuläre Havarie" bezeichnet
^werden. Nicht der Betrag des Schadens ist das eigentliche Merkmal eines
jeden derselben, sondern die Art, wie sie vor sich gegangen. Wenn im Ver¬
lauf eines Sturms Segel und Masten über Bord gerissen, Waaren hinab-
gespült oder durch vom Leck oder von oben einlaufendes Wasser beschädigt
werden, so ist hier, der angerichtete Schade mag noch so beträchtlich sein,
nur von „pnrticulärcr Havarie" die Rede, und jedex Versicherte, dessen Gut
dabei gelitten hat, mag sich an seinen eigenen Verhinderer halten, grade wie
bei einem durch Feuersbrunst beschädigten und von mehren bewohnten Hause.
Wenn aber in einem Sturme zur Rettung des Ganzen Segel und Masten gekappt
und über Lord geworfen werden, wenn Waaren zur Erleichterung des Schiffs
denselben Weg zum Abgrunde gehen, oder sonst eine Maßregel getroffen wird,
welche einem am oder im Schiffe befindlichen Vermögcnstheil beschädigt oder
vernichtet, damit die gemeinsame Gefahr abgewandt werde, oder endlich die
nothdürftige Wiederherstellung eines durch Seeunfall untüchtig gewordenen
Schiffes Kosten verursacht, dann ist „große Havarie" da. Es ist nämlich
nicht mehr als recht und billig, daß in allen solchen Fällen der freiwillig
angerichtete Schade nicht blos dem zur Last fällt, der davon zufällig betrof¬
fen worden, sondern allen zusammen, denen durch solche Aufopferungen und
Kosten ein Vortheil, der der Erhaltung eines Vermögensantheils geworden
ist. Es ist dies um so nothwendiger, da sonst die Verantwortlichkeit des
Schiffers in der Auswahl der zu opfernden Dinge erschwert und so die Ent¬
schlossenheit zur gemeinsamen Rettung gemindert werden könnte. Ist nun
Schiff und Ladung, so weit davon nichts geworfen, wirklich gerettet worden
(denn das ist die Vorbedingung zur „großen Havarie"), dann „contribuiren
Schiff, Fracht und Ladung zu gleichen Theilen" d. h. der Procentsatz der
herbeigeführten Verluste, angerichteten Beschädigungen oder verursachten Kosten
wird von dem Geldwerth jeder dieser drei Theile abgezogen und so weit ent¬
weder vom Eigenthümer oder dessen Verhinderer .vergütet. So einfach und
leicht dieser Grundsatz auch aussieht, so unendlich schwierig kann vorkom¬
menden Falls die Ausführung sein. Jedes der drei „contributionspflichtigen"
Theile muß tazirt und zwar jedes nach besondern Grundsätzen taxirt werden.
Am leichtesten ist es noch bei der Fracht, denn darüber liegt der Contract
zwischen Befrachter und Frachtnchmer (sog. Chartcpartie) vor. Beim Schiffe
ist aber nicht blos der durch particuläre Havarie verursachte möglicherweise
gleichzeitige Schaden zu trennen, sondern auch dessen allgemeiner Zustand beim
Seeuusall, ob und wie weit es neu war, und wird danach wo nöthig unter
Abzug von meist V» des Schiffswerths als „alt für neu" der zu ver¬
gütende Schade und die Contributionspflicht berechnet. Würde dies nicht in
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