Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.von Halle bei dem Fußfall: "Wohl, ich will euch lachen lehren!" redlich Die Kais. Majestät hat, so bald sie "zu Augsburg ankam, mitten in der Es war wol ein geharnischter Reichstag, denn außer den spanischen Da so viele Königl. und Fürstl. Frauenzimmer zur Stelle waren, die von Halle bei dem Fußfall: „Wohl, ich will euch lachen lehren!" redlich Die Kais. Majestät hat, so bald sie «zu Augsburg ankam, mitten in der Es war wol ein geharnischter Reichstag, denn außer den spanischen Da so viele Königl. und Fürstl. Frauenzimmer zur Stelle waren, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0300" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105577"/> <p xml:id="ID_786" prev="#ID_785"> von Halle bei dem Fußfall: „Wohl, ich will euch lachen lehren!" redlich<lb/> gehalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_787"> Die Kais. Majestät hat, so bald sie «zu Augsburg ankam, mitten in der<lb/> Stadt hart am Rathhause zu mehrerem Schrecken einen Galgen aufrichten<lb/> lassen, dabei einen halben Galgen, woran man die Chorda gab und grade<lb/> gegenüber ein Gerüst, in Höhe eines nüttelmäßigen Mannes, worauf man<lb/> räderte, köpfte, stranguliren, vertheilte und dergleichen Arbeit verrichtete.</p><lb/> <p xml:id="ID_788"> Es war wol ein geharnischter Reichstag, denn außer den spanischen<lb/> Soldaten und deutscheu .Knechten, die der Kaiser mit nach Augsburg brachte,<lb/> lagen bereits in der Besatzung daselbst 10 Fähnlein Landsknechte, auf dem<lb/> Lande und um Augsburg herum lag hispanisches und italienisches Kriegs¬<lb/> volk. Aber es war auch ein ansehnlicher, pompöser Reichstag, denn es waren<lb/> die Kais, und die Königl. Majestät zur Stelle, alle Kurfürsten in Person mit<lb/> sehr starkem Gefolge, der Kurfürst von Brandenburg mit seinem Gemahl, der<lb/> Cardinal von Trient, Herzog Heinrich von Braunschweig mit seinen beiden<lb/> Söhnen Karl Victor und Philipp, Markgraf Albrecht von Kulmbach, Herzog<lb/> Wolfgang, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog Augustus v. Sachsen, Herzog Albrecht<lb/> v. Baien u. s. w. Frau Maria, des Kaisers Schwester und die Tochter<lb/> seiner Schwester, die Witfrau von Lothringen, das markgräfliche Frauenzim¬<lb/> mer, das baiersche Frauenzimmer, item Gesandte fremder Potentaten, sonst<lb/> viel Bischöfe, Aebte. unzählig viel Grafen. Freiherrn, Reichsstädter, ansehn¬<lb/> liche Gesandte, vortreffliche Männer. Daß ich auch den Juden Michael<lb/> nicht vergesse, der sich auch als ein großer Herr hielt, und auf der Gasse<lb/> stattlich gekleidet, den Hals voll goldener Ketten auf wohlstaffirtem Pferde<lb/> ritt; 10—12 seiner Diener, alles Juden, immer als reisige Knechte ange¬<lb/> than, liefen um ihn her; von Person war er ansehnlich, wie man auch sagte,<lb/> sein wirklicher Vater wäre ein Graf von Rheinfelden. Der Erbmarschall von<lb/> Pappenheim. ein alter Herr, der nicht scharf sehn konnte, begegnete ihm ein¬<lb/> mal auf der Gasse und zog vor ihm nicht allein den Hut ab, sondern bog<lb/> auch die Knie, wie vor einem größern Herrn als er selbst war. Darnach<lb/> sah er, daß es Michael Jud gewesen, und bereute die dem Juden erzeigte<lb/> Ehre mit diesen Worten: „Daß dich Gottes Element Schande, alter schel¬<lb/> mischer Jude! "</p><lb/> <p xml:id="ID_789" next="#ID_790"> Da so viele Königl. und Fürstl. Frauenzimmer zur Stelle waren, die<lb/> auch viele Fürstl. und Gräfl. Fräulein bei sich hatten, von den Frauen statt¬<lb/> lichen rittermäßigen Standes ganz zu geschweige», so bnnketirten die Herrn<lb/> auf dem Reichstage vortrefflich und hielten fast alle Abende Tänze, welsche<lb/> und deutsche. Besonders König Ferdincmdus war selten ohne Gäste, sie<lb/> wurden stets herrlich mit allerlei Kurzweil und prächtigen Tänzen tractirt. er<lb/> hatte eine überaus stattliche, wohlgeordnete Musika. nicht allein Instrumente.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0300]
von Halle bei dem Fußfall: „Wohl, ich will euch lachen lehren!" redlich
gehalten.
Die Kais. Majestät hat, so bald sie «zu Augsburg ankam, mitten in der
Stadt hart am Rathhause zu mehrerem Schrecken einen Galgen aufrichten
lassen, dabei einen halben Galgen, woran man die Chorda gab und grade
gegenüber ein Gerüst, in Höhe eines nüttelmäßigen Mannes, worauf man
räderte, köpfte, stranguliren, vertheilte und dergleichen Arbeit verrichtete.
Es war wol ein geharnischter Reichstag, denn außer den spanischen
Soldaten und deutscheu .Knechten, die der Kaiser mit nach Augsburg brachte,
lagen bereits in der Besatzung daselbst 10 Fähnlein Landsknechte, auf dem
Lande und um Augsburg herum lag hispanisches und italienisches Kriegs¬
volk. Aber es war auch ein ansehnlicher, pompöser Reichstag, denn es waren
die Kais, und die Königl. Majestät zur Stelle, alle Kurfürsten in Person mit
sehr starkem Gefolge, der Kurfürst von Brandenburg mit seinem Gemahl, der
Cardinal von Trient, Herzog Heinrich von Braunschweig mit seinen beiden
Söhnen Karl Victor und Philipp, Markgraf Albrecht von Kulmbach, Herzog
Wolfgang, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog Augustus v. Sachsen, Herzog Albrecht
v. Baien u. s. w. Frau Maria, des Kaisers Schwester und die Tochter
seiner Schwester, die Witfrau von Lothringen, das markgräfliche Frauenzim¬
mer, das baiersche Frauenzimmer, item Gesandte fremder Potentaten, sonst
viel Bischöfe, Aebte. unzählig viel Grafen. Freiherrn, Reichsstädter, ansehn¬
liche Gesandte, vortreffliche Männer. Daß ich auch den Juden Michael
nicht vergesse, der sich auch als ein großer Herr hielt, und auf der Gasse
stattlich gekleidet, den Hals voll goldener Ketten auf wohlstaffirtem Pferde
ritt; 10—12 seiner Diener, alles Juden, immer als reisige Knechte ange¬
than, liefen um ihn her; von Person war er ansehnlich, wie man auch sagte,
sein wirklicher Vater wäre ein Graf von Rheinfelden. Der Erbmarschall von
Pappenheim. ein alter Herr, der nicht scharf sehn konnte, begegnete ihm ein¬
mal auf der Gasse und zog vor ihm nicht allein den Hut ab, sondern bog
auch die Knie, wie vor einem größern Herrn als er selbst war. Darnach
sah er, daß es Michael Jud gewesen, und bereute die dem Juden erzeigte
Ehre mit diesen Worten: „Daß dich Gottes Element Schande, alter schel¬
mischer Jude! "
Da so viele Königl. und Fürstl. Frauenzimmer zur Stelle waren, die
auch viele Fürstl. und Gräfl. Fräulein bei sich hatten, von den Frauen statt¬
lichen rittermäßigen Standes ganz zu geschweige», so bnnketirten die Herrn
auf dem Reichstage vortrefflich und hielten fast alle Abende Tänze, welsche
und deutsche. Besonders König Ferdincmdus war selten ohne Gäste, sie
wurden stets herrlich mit allerlei Kurzweil und prächtigen Tänzen tractirt. er
hatte eine überaus stattliche, wohlgeordnete Musika. nicht allein Instrumente.
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