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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Berufs, die er auf ihrem mit Wäschkörbcn beladnen Maulthier vom Vomero
herabtraben sah. ^

Nicht minder werden die Gemüschändlerinnen gefeiert, und zwar eben¬
falls mit Grund, denn es gibt sehr zierliche unter ihnen. Die ?aan1g.na ist
ein durchaus volksthümliches Lied.

Dazwischen gibts aber auch schmachtende Mädchenherzen. "0 l'resoro,
o VioMa, Ah Le'arms.1" seufzt eins derselben, "kehre zurück, ich bereue meine
Kälte. Nicht mehr tanzen noch singen kann ich. Der Signor und die Sig-
nora und die ganze Verwandtschaft haben schon bemerkt, was mir fehlt.
Komm und noch diese Woche soll Hochzeit sein! Alle Tavernen von Se. Lucia
wollen wir durchschwärmen und die Nachbarn mögen unsere Freude theilen."
Auch hier also ein durchaus praktisches Ende. Selbst der arme Teufel, der
das große Loos zu treffen meint, geht zu allererst mit Heirathspiänen um.
Vor der Hand will er seine Hose versetzen, um in Benevent drei Nummern zu
wagen. Er ist aber sicher, daß sie herauskommen, und so soll seine Nenne
sich schon auf alles einrichten, unter anderm auf eine leriZUÄ lurastera, eine
fremde Sprache, denn im Frühling will er mit ihr Japan und Indien berei¬
sen. Natürlich schließt das Lied mit einer Niete, und er macht sich von Nenne
ebenso rasch los, wie sie von dem Ohnehosen.

Ueberhaupt ist die Umgangssprache in diesen Liedern durchweg von jeder
Schranke frei. Die teils. Liaräeneru, nimmt die ihr gebrachten Huldigungen
sehr übel. Francisco, der Gärtner, habe schon ihr Herz. Was Teufel lasse
sich ein andrer einfallen ihr sein Leid zu klagen; noch überdies ein solcher
Affe (Melo eng.im0No)I Ob er nicht merke, daß sie wie eine frische Rose blühe,
daß sie Milch sei, die man nicht stehen lasse, bis sie sauer werde? Die nea¬
politanischen Lieder thun es in Grobheiten denen Roms und Venedigs zuvor.
Die meisten Lieder, sobald sie anfangen beliebt zu werden, rufen eine soge¬
nannte liisxostÄ hervor d. h. eine gewöhnlich derselben Melodie angepaßte
Antwort, zuweilen von dem nämlichen Dichter, häusig von einem andern und
nicht selten travestirenden Inhalts. So' z. B. die liisvosw Mg, LianMns.:
1e voZIio den assai! In diesem letztern poetischen Liede erweichen die Seuf¬
zer eines Verliebten endlich das Herz der schönen Angebeteten, und der letzte
Vers jubelt über den Triumph Amors, denn ihr Auge werde feucht, ihr Herz
rufe ihm Antwort zu! Diese Antwort auf das beliebte Lied des Improvisators
Raffaele Sacco gibt ein Ungenannter. Nachdem die Schöne alle möglichen
Schmähungen über den Liebhaber ergossen hat. schließt sie mit der Versicherung:
für so feines Brot, wie sie sei, habe er viel zu grobe Zähne, und sein ganzer
Singsang bereite ihr Uebelkeit.

Von ähnlichen Wirkungen auf den Magen redet die in dem Liede ?eeelr6
angesungene Nenella. Sie sendet ihren Bewunderer ins Tollhaus; Schönheit,


Berufs, die er auf ihrem mit Wäschkörbcn beladnen Maulthier vom Vomero
herabtraben sah. ^

Nicht minder werden die Gemüschändlerinnen gefeiert, und zwar eben¬
falls mit Grund, denn es gibt sehr zierliche unter ihnen. Die ?aan1g.na ist
ein durchaus volksthümliches Lied.

Dazwischen gibts aber auch schmachtende Mädchenherzen. „0 l'resoro,
o VioMa, Ah Le'arms.1" seufzt eins derselben, „kehre zurück, ich bereue meine
Kälte. Nicht mehr tanzen noch singen kann ich. Der Signor und die Sig-
nora und die ganze Verwandtschaft haben schon bemerkt, was mir fehlt.
Komm und noch diese Woche soll Hochzeit sein! Alle Tavernen von Se. Lucia
wollen wir durchschwärmen und die Nachbarn mögen unsere Freude theilen."
Auch hier also ein durchaus praktisches Ende. Selbst der arme Teufel, der
das große Loos zu treffen meint, geht zu allererst mit Heirathspiänen um.
Vor der Hand will er seine Hose versetzen, um in Benevent drei Nummern zu
wagen. Er ist aber sicher, daß sie herauskommen, und so soll seine Nenne
sich schon auf alles einrichten, unter anderm auf eine leriZUÄ lurastera, eine
fremde Sprache, denn im Frühling will er mit ihr Japan und Indien berei¬
sen. Natürlich schließt das Lied mit einer Niete, und er macht sich von Nenne
ebenso rasch los, wie sie von dem Ohnehosen.

Ueberhaupt ist die Umgangssprache in diesen Liedern durchweg von jeder
Schranke frei. Die teils. Liaräeneru, nimmt die ihr gebrachten Huldigungen
sehr übel. Francisco, der Gärtner, habe schon ihr Herz. Was Teufel lasse
sich ein andrer einfallen ihr sein Leid zu klagen; noch überdies ein solcher
Affe (Melo eng.im0No)I Ob er nicht merke, daß sie wie eine frische Rose blühe,
daß sie Milch sei, die man nicht stehen lasse, bis sie sauer werde? Die nea¬
politanischen Lieder thun es in Grobheiten denen Roms und Venedigs zuvor.
Die meisten Lieder, sobald sie anfangen beliebt zu werden, rufen eine soge¬
nannte liisxostÄ hervor d. h. eine gewöhnlich derselben Melodie angepaßte
Antwort, zuweilen von dem nämlichen Dichter, häusig von einem andern und
nicht selten travestirenden Inhalts. So' z. B. die liisvosw Mg, LianMns.:
1e voZIio den assai! In diesem letztern poetischen Liede erweichen die Seuf¬
zer eines Verliebten endlich das Herz der schönen Angebeteten, und der letzte
Vers jubelt über den Triumph Amors, denn ihr Auge werde feucht, ihr Herz
rufe ihm Antwort zu! Diese Antwort auf das beliebte Lied des Improvisators
Raffaele Sacco gibt ein Ungenannter. Nachdem die Schöne alle möglichen
Schmähungen über den Liebhaber ergossen hat. schließt sie mit der Versicherung:
für so feines Brot, wie sie sei, habe er viel zu grobe Zähne, und sein ganzer
Singsang bereite ihr Uebelkeit.

Von ähnlichen Wirkungen auf den Magen redet die in dem Liede ?eeelr6
angesungene Nenella. Sie sendet ihren Bewunderer ins Tollhaus; Schönheit,


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[0234] Berufs, die er auf ihrem mit Wäschkörbcn beladnen Maulthier vom Vomero herabtraben sah. ^ Nicht minder werden die Gemüschändlerinnen gefeiert, und zwar eben¬ falls mit Grund, denn es gibt sehr zierliche unter ihnen. Die ?aan1g.na ist ein durchaus volksthümliches Lied. Dazwischen gibts aber auch schmachtende Mädchenherzen. „0 l'resoro, o VioMa, Ah Le'arms.1" seufzt eins derselben, „kehre zurück, ich bereue meine Kälte. Nicht mehr tanzen noch singen kann ich. Der Signor und die Sig- nora und die ganze Verwandtschaft haben schon bemerkt, was mir fehlt. Komm und noch diese Woche soll Hochzeit sein! Alle Tavernen von Se. Lucia wollen wir durchschwärmen und die Nachbarn mögen unsere Freude theilen." Auch hier also ein durchaus praktisches Ende. Selbst der arme Teufel, der das große Loos zu treffen meint, geht zu allererst mit Heirathspiänen um. Vor der Hand will er seine Hose versetzen, um in Benevent drei Nummern zu wagen. Er ist aber sicher, daß sie herauskommen, und so soll seine Nenne sich schon auf alles einrichten, unter anderm auf eine leriZUÄ lurastera, eine fremde Sprache, denn im Frühling will er mit ihr Japan und Indien berei¬ sen. Natürlich schließt das Lied mit einer Niete, und er macht sich von Nenne ebenso rasch los, wie sie von dem Ohnehosen. Ueberhaupt ist die Umgangssprache in diesen Liedern durchweg von jeder Schranke frei. Die teils. Liaräeneru, nimmt die ihr gebrachten Huldigungen sehr übel. Francisco, der Gärtner, habe schon ihr Herz. Was Teufel lasse sich ein andrer einfallen ihr sein Leid zu klagen; noch überdies ein solcher Affe (Melo eng.im0No)I Ob er nicht merke, daß sie wie eine frische Rose blühe, daß sie Milch sei, die man nicht stehen lasse, bis sie sauer werde? Die nea¬ politanischen Lieder thun es in Grobheiten denen Roms und Venedigs zuvor. Die meisten Lieder, sobald sie anfangen beliebt zu werden, rufen eine soge¬ nannte liisxostÄ hervor d. h. eine gewöhnlich derselben Melodie angepaßte Antwort, zuweilen von dem nämlichen Dichter, häusig von einem andern und nicht selten travestirenden Inhalts. So' z. B. die liisvosw Mg, LianMns.: 1e voZIio den assai! In diesem letztern poetischen Liede erweichen die Seuf¬ zer eines Verliebten endlich das Herz der schönen Angebeteten, und der letzte Vers jubelt über den Triumph Amors, denn ihr Auge werde feucht, ihr Herz rufe ihm Antwort zu! Diese Antwort auf das beliebte Lied des Improvisators Raffaele Sacco gibt ein Ungenannter. Nachdem die Schöne alle möglichen Schmähungen über den Liebhaber ergossen hat. schließt sie mit der Versicherung: für so feines Brot, wie sie sei, habe er viel zu grobe Zähne, und sein ganzer Singsang bereite ihr Uebelkeit. Von ähnlichen Wirkungen auf den Magen redet die in dem Liede ?eeelr6 angesungene Nenella. Sie sendet ihren Bewunderer ins Tollhaus; Schönheit,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/234>, abgerufen am 27.07.2024.