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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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die Nachrichten über Ost- oder Westindien, England oder Frankreich in den
bedeutenden auswärtigen Journalen selbst zu lesen. So findet man denn auch
eine große Auswahl dieser Zeitungen nicht nur in den genannten Instituten,
sondern auch in den verschiedenen Cafvs. Sodann aber erscheinen hier am
Orte sechs Blätter, die in verschiedene Kreise die politischen Neuigkeiten tragen;
darunter bieten die "Ha mburger Nachrichten" schon durch ihr Format daS
größte Zeugniß für den Umfang, in dem dies geschieht. Im Laufe von
63 Jahren wurden sie aus einem zweimal wöchentlich erscheinenden Blatte,
besonders durch die rastlose und umsichtige Thätigkeit des 18S3 verstorbenen
Hartmeyer, zu einer der größten politischen Zeitschriften Deutschlands. Bis
1814 bildeten die "Nachrichten" nnr ein Anzeigeblatt; damals zuerst nahmen
sie auch kurze politische Notizen auf, die 1829 in einen eignen politischen
Theil verwandelt wurden. Seitdem ist die Zeitung wiederholt je nach Ma߬
gabe der sich entwickelnden Zeitgeschichte erweitert worden. In ihrem jetzigen
Format, groß Folio und sechsfältig, erscheint sie seit 1851. Jede Nummer
ohne Beilage würde im Romanformat ein Buch von 222 Seiten bilden und
liefern die "Nachrichten" mit der Beilage, nach Romandruck gerechnet, wöchent¬
lich ein Buch von 104 Bogen in 8". ES kommt mir natürlich nicht in den
Sinn, aus der Bedeutung dieses äußeren Umfangs eine Bürgschaft für die
Bedeutung des inneren Wendes abzuleiten. Ich erwähne dieses Umfangs nur
als ein Beispiel, wie ausgedehnt und rege bei uns daS Bedürfniß ist, von
den Weltereignissen zu erfahren. Zu diesem Ende läßt sich noch anführen, daß
die "Hamburger Nachrichten" einen täglichen Absatz von 10--11,000 Crempla-
ren haben; ein Absatz, der wol jenes Weltinteresse unter uns bekunden kann,
wenn auch ein Theil der Exemplare ins Ausland gehl und manche Leser "die
Nachrichten" um ihrer Geschäfts- oder Vergnügnugsanzeige" willen lejen
mögen.

DaS eigentliche Blatt der Kaufleute ist die "Börsenhalle, hambur¬
gische Abendzeitung für Handel, Schiffahrt und Politik." Sie
hat die weiteste überseeische Verbreitung und die Kaufleute lieben sie wegen
her Zuverlässigkeit ihrer Angaben."

Unser ältestes TageSblatt ist der "Unparteiische Korrespondent,
viele Jahre hindurch, wie or. Lappenberg sagt, die vorzüglichste politische Zei'
tung Deutschlands. Die Concession in Hamburg zu erscheinen, erhielt er
1730 auf die Bedingung hin, "daß er sich eines guten Stiles und leserliche"
Druckes", auch aller Vorsichtigkeit bei deren "Abfassung befleißige". Er ist se't
einigen Jahren Amtsblatt und gilt als Vertreter conservativer Elemente. I"
seinem Feuilleton gibt er oftmals ethnographische Skizzen und diese Rücksicht¬
nahme entspricht gewiß dem Hamburger Interesse. Der "Korrespondent" w>
auch durch kurze Anzeigen über neu erschienene Werke ein Blatt für gelehr e


die Nachrichten über Ost- oder Westindien, England oder Frankreich in den
bedeutenden auswärtigen Journalen selbst zu lesen. So findet man denn auch
eine große Auswahl dieser Zeitungen nicht nur in den genannten Instituten,
sondern auch in den verschiedenen Cafvs. Sodann aber erscheinen hier am
Orte sechs Blätter, die in verschiedene Kreise die politischen Neuigkeiten tragen;
darunter bieten die „Ha mburger Nachrichten" schon durch ihr Format daS
größte Zeugniß für den Umfang, in dem dies geschieht. Im Laufe von
63 Jahren wurden sie aus einem zweimal wöchentlich erscheinenden Blatte,
besonders durch die rastlose und umsichtige Thätigkeit des 18S3 verstorbenen
Hartmeyer, zu einer der größten politischen Zeitschriften Deutschlands. Bis
1814 bildeten die „Nachrichten" nnr ein Anzeigeblatt; damals zuerst nahmen
sie auch kurze politische Notizen auf, die 1829 in einen eignen politischen
Theil verwandelt wurden. Seitdem ist die Zeitung wiederholt je nach Ma߬
gabe der sich entwickelnden Zeitgeschichte erweitert worden. In ihrem jetzigen
Format, groß Folio und sechsfältig, erscheint sie seit 1851. Jede Nummer
ohne Beilage würde im Romanformat ein Buch von 222 Seiten bilden und
liefern die „Nachrichten" mit der Beilage, nach Romandruck gerechnet, wöchent¬
lich ein Buch von 104 Bogen in 8". ES kommt mir natürlich nicht in den
Sinn, aus der Bedeutung dieses äußeren Umfangs eine Bürgschaft für die
Bedeutung des inneren Wendes abzuleiten. Ich erwähne dieses Umfangs nur
als ein Beispiel, wie ausgedehnt und rege bei uns daS Bedürfniß ist, von
den Weltereignissen zu erfahren. Zu diesem Ende läßt sich noch anführen, daß
die „Hamburger Nachrichten" einen täglichen Absatz von 10—11,000 Crempla-
ren haben; ein Absatz, der wol jenes Weltinteresse unter uns bekunden kann,
wenn auch ein Theil der Exemplare ins Ausland gehl und manche Leser „die
Nachrichten" um ihrer Geschäfts- oder Vergnügnugsanzeige» willen lejen
mögen.

DaS eigentliche Blatt der Kaufleute ist die „Börsenhalle, hambur¬
gische Abendzeitung für Handel, Schiffahrt und Politik." Sie
hat die weiteste überseeische Verbreitung und die Kaufleute lieben sie wegen
her Zuverlässigkeit ihrer Angaben."

Unser ältestes TageSblatt ist der „Unparteiische Korrespondent,
viele Jahre hindurch, wie or. Lappenberg sagt, die vorzüglichste politische Zei'
tung Deutschlands. Die Concession in Hamburg zu erscheinen, erhielt er
1730 auf die Bedingung hin, „daß er sich eines guten Stiles und leserliche"
Druckes", auch aller Vorsichtigkeit bei deren „Abfassung befleißige". Er ist se't
einigen Jahren Amtsblatt und gilt als Vertreter conservativer Elemente. I»
seinem Feuilleton gibt er oftmals ethnographische Skizzen und diese Rücksicht¬
nahme entspricht gewiß dem Hamburger Interesse. Der „Korrespondent" w>
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[0430] die Nachrichten über Ost- oder Westindien, England oder Frankreich in den bedeutenden auswärtigen Journalen selbst zu lesen. So findet man denn auch eine große Auswahl dieser Zeitungen nicht nur in den genannten Instituten, sondern auch in den verschiedenen Cafvs. Sodann aber erscheinen hier am Orte sechs Blätter, die in verschiedene Kreise die politischen Neuigkeiten tragen; darunter bieten die „Ha mburger Nachrichten" schon durch ihr Format daS größte Zeugniß für den Umfang, in dem dies geschieht. Im Laufe von 63 Jahren wurden sie aus einem zweimal wöchentlich erscheinenden Blatte, besonders durch die rastlose und umsichtige Thätigkeit des 18S3 verstorbenen Hartmeyer, zu einer der größten politischen Zeitschriften Deutschlands. Bis 1814 bildeten die „Nachrichten" nnr ein Anzeigeblatt; damals zuerst nahmen sie auch kurze politische Notizen auf, die 1829 in einen eignen politischen Theil verwandelt wurden. Seitdem ist die Zeitung wiederholt je nach Ma߬ gabe der sich entwickelnden Zeitgeschichte erweitert worden. In ihrem jetzigen Format, groß Folio und sechsfältig, erscheint sie seit 1851. Jede Nummer ohne Beilage würde im Romanformat ein Buch von 222 Seiten bilden und liefern die „Nachrichten" mit der Beilage, nach Romandruck gerechnet, wöchent¬ lich ein Buch von 104 Bogen in 8". ES kommt mir natürlich nicht in den Sinn, aus der Bedeutung dieses äußeren Umfangs eine Bürgschaft für die Bedeutung des inneren Wendes abzuleiten. Ich erwähne dieses Umfangs nur als ein Beispiel, wie ausgedehnt und rege bei uns daS Bedürfniß ist, von den Weltereignissen zu erfahren. Zu diesem Ende läßt sich noch anführen, daß die „Hamburger Nachrichten" einen täglichen Absatz von 10—11,000 Crempla- ren haben; ein Absatz, der wol jenes Weltinteresse unter uns bekunden kann, wenn auch ein Theil der Exemplare ins Ausland gehl und manche Leser „die Nachrichten" um ihrer Geschäfts- oder Vergnügnugsanzeige» willen lejen mögen. DaS eigentliche Blatt der Kaufleute ist die „Börsenhalle, hambur¬ gische Abendzeitung für Handel, Schiffahrt und Politik." Sie hat die weiteste überseeische Verbreitung und die Kaufleute lieben sie wegen her Zuverlässigkeit ihrer Angaben." Unser ältestes TageSblatt ist der „Unparteiische Korrespondent, viele Jahre hindurch, wie or. Lappenberg sagt, die vorzüglichste politische Zei' tung Deutschlands. Die Concession in Hamburg zu erscheinen, erhielt er 1730 auf die Bedingung hin, „daß er sich eines guten Stiles und leserliche" Druckes", auch aller Vorsichtigkeit bei deren „Abfassung befleißige". Er ist se't einigen Jahren Amtsblatt und gilt als Vertreter conservativer Elemente. I» seinem Feuilleton gibt er oftmals ethnographische Skizzen und diese Rücksicht¬ nahme entspricht gewiß dem Hamburger Interesse. Der „Korrespondent" w> auch durch kurze Anzeigen über neu erschienene Werke ein Blatt für gelehr e

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/430>, abgerufen am 23.07.2024.