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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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und Verbreitung heidnischer Religionsübungen. Mit dem römischen Cultus
standen die Schauspiele im innigsten Zusammenhange, sie waren zur Feier
von Götterfesten gestiftet und wurden stets von Opfern, Processionen und
andern gottesdienstlichen Handlungen begleitet; deshalb verabscheuten sie die
Christen als abgöttischen Greuel. Und ebendeshalb sah es Symmachus ohne
Zweifel als heilige Pflicht an, ein für seine gefährdete Religion so hochwich¬
tige? Institut nach Kräften aufrecht zu erhalten, um so mehr, da er als Pon-
tifer Marinus an der Spitze deö Cultus stand. Lindere Gründe von welt¬
licher Natur erhöhten seinen Eifer; der Wunsch, seinen Standesgenossen nicht
nachzustehen, die Größe seines Hauses und ein hoher Begriff von dem, was
der Würde des römischen Volks gebührte. So bot er denn alle Mittel auf,
über die ihn sein Einfluß, sein immerhin sehr bedeutendes Vermögen und seine
weitreichenden Verbindungen verfügen ließen, um auch bei der Prätur seines
Sohnes die durch den Glanz seiner frühern Spiele hochgespannter Erwar¬
tungen womöglich noch zu übertreffen. Seine Briefsammlung enthält einen
beträchtlichen Theil der Korrespondenz, die er über den Ankauf der Pferde zu
den Wagenrennen führte. Er bezog sie beinahe ausschließlich aus Spanien,
diese Race war am meisten geschätzt, die Sage behauptete, daß die Stuten
dort von den Winden empfingen. Aus Symmachus Briefen sehen wir, daß
die üppige Hauptstadt Syriens, Antiochia, die Weitläufigkeiten, Schwierigkeiten
und Kosten der ungeheuern Entfernung nicht scheute, um in ihren Bahnen die
edeln Thiere rennen zu sehen, die auf den Wiesen am Tajo und Guadal-
quivir geweidet hatten. Einem Mann in Symmachus Stellung konnte es nicht
schwer werden, für seine Beauftragren die Benutzung der kaiserlichen Post ZU
erwirken; diese war zwar zunächst nur für den Staatsdienst, besonders zur
Beförderung von dienstlich reisenden Beamten und Courieren eingerichtet, wurde
jedoch auch (namentlich in jener Zeit) ausnahmsweise besonders begünstigte"
Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Man reiste mit ihr, beiläufig gesagt,
auf den unübertrefflichen römischen Chausseen ungefähr mit der Schnelligkeit
heutiger preußischer Eilwagen. So gingen denn zahlreiche Agenten in Sym¬
machus Auftrage nach, Spanien, wohl versehen mit großen Geldsummen, Ver¬
zeichnissen und Briefen an die Besitzer der berühmtesten Gestüte und an
Pferdekenner, die ihnen bei der Auswahl behilflich sein sollten, überdies der
Unterstützung der Behörden und einflußreichen Personen in Spanien wohl
empfohlen. Symmachus glaubte das Verlangen des Publicums nach Abwech¬
selung berücksichtigen zu müssen, und seine Agenten hatten den Auftrag, die
vorzüglichsten Nenner ans den Racen aller Provinzen zu wählen. Die Aus¬
wahl, die mit so großer Sorgfalt getroffen werden sollte, zog das ohnehin
langwierige Geschäft noch mehr in die Länge, so daß der Winter darüber ein¬
brechen und,die Schiffahrt, und somit den Transport nach Italien verhindern


und Verbreitung heidnischer Religionsübungen. Mit dem römischen Cultus
standen die Schauspiele im innigsten Zusammenhange, sie waren zur Feier
von Götterfesten gestiftet und wurden stets von Opfern, Processionen und
andern gottesdienstlichen Handlungen begleitet; deshalb verabscheuten sie die
Christen als abgöttischen Greuel. Und ebendeshalb sah es Symmachus ohne
Zweifel als heilige Pflicht an, ein für seine gefährdete Religion so hochwich¬
tige? Institut nach Kräften aufrecht zu erhalten, um so mehr, da er als Pon-
tifer Marinus an der Spitze deö Cultus stand. Lindere Gründe von welt¬
licher Natur erhöhten seinen Eifer; der Wunsch, seinen Standesgenossen nicht
nachzustehen, die Größe seines Hauses und ein hoher Begriff von dem, was
der Würde des römischen Volks gebührte. So bot er denn alle Mittel auf,
über die ihn sein Einfluß, sein immerhin sehr bedeutendes Vermögen und seine
weitreichenden Verbindungen verfügen ließen, um auch bei der Prätur seines
Sohnes die durch den Glanz seiner frühern Spiele hochgespannter Erwar¬
tungen womöglich noch zu übertreffen. Seine Briefsammlung enthält einen
beträchtlichen Theil der Korrespondenz, die er über den Ankauf der Pferde zu
den Wagenrennen führte. Er bezog sie beinahe ausschließlich aus Spanien,
diese Race war am meisten geschätzt, die Sage behauptete, daß die Stuten
dort von den Winden empfingen. Aus Symmachus Briefen sehen wir, daß
die üppige Hauptstadt Syriens, Antiochia, die Weitläufigkeiten, Schwierigkeiten
und Kosten der ungeheuern Entfernung nicht scheute, um in ihren Bahnen die
edeln Thiere rennen zu sehen, die auf den Wiesen am Tajo und Guadal-
quivir geweidet hatten. Einem Mann in Symmachus Stellung konnte es nicht
schwer werden, für seine Beauftragren die Benutzung der kaiserlichen Post ZU
erwirken; diese war zwar zunächst nur für den Staatsdienst, besonders zur
Beförderung von dienstlich reisenden Beamten und Courieren eingerichtet, wurde
jedoch auch (namentlich in jener Zeit) ausnahmsweise besonders begünstigte»
Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Man reiste mit ihr, beiläufig gesagt,
auf den unübertrefflichen römischen Chausseen ungefähr mit der Schnelligkeit
heutiger preußischer Eilwagen. So gingen denn zahlreiche Agenten in Sym¬
machus Auftrage nach, Spanien, wohl versehen mit großen Geldsummen, Ver¬
zeichnissen und Briefen an die Besitzer der berühmtesten Gestüte und an
Pferdekenner, die ihnen bei der Auswahl behilflich sein sollten, überdies der
Unterstützung der Behörden und einflußreichen Personen in Spanien wohl
empfohlen. Symmachus glaubte das Verlangen des Publicums nach Abwech¬
selung berücksichtigen zu müssen, und seine Agenten hatten den Auftrag, die
vorzüglichsten Nenner ans den Racen aller Provinzen zu wählen. Die Aus¬
wahl, die mit so großer Sorgfalt getroffen werden sollte, zog das ohnehin
langwierige Geschäft noch mehr in die Länge, so daß der Winter darüber ein¬
brechen und,die Schiffahrt, und somit den Transport nach Italien verhindern


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[0394] und Verbreitung heidnischer Religionsübungen. Mit dem römischen Cultus standen die Schauspiele im innigsten Zusammenhange, sie waren zur Feier von Götterfesten gestiftet und wurden stets von Opfern, Processionen und andern gottesdienstlichen Handlungen begleitet; deshalb verabscheuten sie die Christen als abgöttischen Greuel. Und ebendeshalb sah es Symmachus ohne Zweifel als heilige Pflicht an, ein für seine gefährdete Religion so hochwich¬ tige? Institut nach Kräften aufrecht zu erhalten, um so mehr, da er als Pon- tifer Marinus an der Spitze deö Cultus stand. Lindere Gründe von welt¬ licher Natur erhöhten seinen Eifer; der Wunsch, seinen Standesgenossen nicht nachzustehen, die Größe seines Hauses und ein hoher Begriff von dem, was der Würde des römischen Volks gebührte. So bot er denn alle Mittel auf, über die ihn sein Einfluß, sein immerhin sehr bedeutendes Vermögen und seine weitreichenden Verbindungen verfügen ließen, um auch bei der Prätur seines Sohnes die durch den Glanz seiner frühern Spiele hochgespannter Erwar¬ tungen womöglich noch zu übertreffen. Seine Briefsammlung enthält einen beträchtlichen Theil der Korrespondenz, die er über den Ankauf der Pferde zu den Wagenrennen führte. Er bezog sie beinahe ausschließlich aus Spanien, diese Race war am meisten geschätzt, die Sage behauptete, daß die Stuten dort von den Winden empfingen. Aus Symmachus Briefen sehen wir, daß die üppige Hauptstadt Syriens, Antiochia, die Weitläufigkeiten, Schwierigkeiten und Kosten der ungeheuern Entfernung nicht scheute, um in ihren Bahnen die edeln Thiere rennen zu sehen, die auf den Wiesen am Tajo und Guadal- quivir geweidet hatten. Einem Mann in Symmachus Stellung konnte es nicht schwer werden, für seine Beauftragren die Benutzung der kaiserlichen Post ZU erwirken; diese war zwar zunächst nur für den Staatsdienst, besonders zur Beförderung von dienstlich reisenden Beamten und Courieren eingerichtet, wurde jedoch auch (namentlich in jener Zeit) ausnahmsweise besonders begünstigte» Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Man reiste mit ihr, beiläufig gesagt, auf den unübertrefflichen römischen Chausseen ungefähr mit der Schnelligkeit heutiger preußischer Eilwagen. So gingen denn zahlreiche Agenten in Sym¬ machus Auftrage nach, Spanien, wohl versehen mit großen Geldsummen, Ver¬ zeichnissen und Briefen an die Besitzer der berühmtesten Gestüte und an Pferdekenner, die ihnen bei der Auswahl behilflich sein sollten, überdies der Unterstützung der Behörden und einflußreichen Personen in Spanien wohl empfohlen. Symmachus glaubte das Verlangen des Publicums nach Abwech¬ selung berücksichtigen zu müssen, und seine Agenten hatten den Auftrag, die vorzüglichsten Nenner ans den Racen aller Provinzen zu wählen. Die Aus¬ wahl, die mit so großer Sorgfalt getroffen werden sollte, zog das ohnehin langwierige Geschäft noch mehr in die Länge, so daß der Winter darüber ein¬ brechen und,die Schiffahrt, und somit den Transport nach Italien verhindern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/394>, abgerufen am 23.07.2024.