Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.Christus. Wie überall bei den Römern, war die Kunst auch hier Mittel, nicht Christus. Wie überall bei den Römern, war die Kunst auch hier Mittel, nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/105075"/> <p xml:id="ID_960" prev="#ID_959" next="#ID_961"> Christus. Wie überall bei den Römern, war die Kunst auch hier Mittel, nicht<lb/> Zweck. Sie als Mittel zur Erhöhung der Pracht und Behaglichkeit ihrer Woh¬<lb/> nungen und Städte zu verwenden, haben die Römer erst durch ihre Erobe¬<lb/> rungen der griechischen Länder gelernt; sie als Mittel zur Firirung deS Erlebten<lb/> und Geschehenen für die Nachwelt, zur Verewigung der Gestchtszüge und<lb/> Gestalten geliebter und geehrter Personen zu benutzen, war ein nalioualrömi-<lb/> scheö Streben, daS sich schon in der alten Sitte der adeligen Geschlechter mani-<lb/> festirt, bemalte Wachsmaöken der Ahnen aufzubewahren. Schon früh waren<lb/> auf den Plätzen und in den Hallen Roms auch Ehrenstatuten errichtet worden.<lb/> Schon dem alten Cato wird das Wort in den Mund gelegt: er wolle lieber<lb/> daß die Leute frugen, warum ihm keine, als warum ihm eine Statue gesetzt sei-<lb/> Und doch, welcher Abstand von Catvs Zeit bis zu der des Kaisers Claudius,<lb/> der gegen die Uebcvfüllung Roms mit Statuen Maßregeln zu treffen sich ge¬<lb/> zwungen sah! In der Kaiserzeit wurde Meißel und Pinsel unaufhörlich in<lb/> Anspruch genommen, um denkwürdige Vorgänge und Begebenheiten wahrheits¬<lb/> gemäß abzubilden. Schlachten und Belagerungen, Friedensschlüsse und Ver¬<lb/> träge, Triumphzüge, Processionen, Wohlthätigkeitshandlungen, Standreden,<lb/> Opfer, Jagden u. s. w. der Kaiser, ferner Schauspiele, besonders große Gla¬<lb/> diatorenkämpfe und Thierhatzen, wurden massenweise in allen Maßstäben durch<lb/> Sculptur, Malerei und Mosaik verewigt, seit dem dritten Jahrhundert haupt¬<lb/> sächlich durch die beiden letzten, Künste, da theils die Technik der Sculptur'immer<lb/> unbehilflicher wurde und endlich ganz erlahmte, theils große bunte Fläche»<lb/> dem Geschmack der Zeit mehr zusagten. So erhielt die Malerei in dieser Zeit<lb/> ohne Presse, wie Burckhardt (in seiner „Zeit Konstantins des Großen)" be¬<lb/> merkt hat, oft die Aufgabe, dem Volke die Manul der Herrscher rasch zu ver-<lb/> sinnlichen, wie heutzutage Manifeste und Proclamationen. Aber wenn irgend<lb/> etwas geeignet ist, von der Unermeßlichkeit der künstlerischen Production in der<lb/> Kaiserzeit eine annähernde Vorstellung zu geben, so ist eS die Unzahl von<lb/> Ehrenstatuen, die namentlich in den beiden ersten Jahrhunderte,» nach Christus<lb/> in allen Städten der römischen Monarchie zum öffentlichen und Privatgedächl-<lb/> niß, in allen Größen und allen Materialien wahrhaft pilzengleich aus der<lb/> Erde schösse». Es ist wol sehr die Frage, ob Deutschland, England u»d<lb/> Frankreich zusammen gegenwärtig so viele Monumente dieser Art besitzen, als<lb/> eine einzige große Stadt oder selbst als ein Platz in Rom, wie das Trajans-<lb/> forum damals. Pompeji war nur eine Mittelstadt und hulde von der an<lb/> Denkmälern fruchtbarsten Periode nur einen kurzen Abschnitt erlebt, vieles<lb/> durch das Erdbeben im Jahr 63 Zerstörte war offenbar zur Zeit der Ver¬<lb/> schüttung im Jahr 79 noch nicht restaurirt, und doch hat man allein in dein<lb/> aufgegrabenen Theil, der etwa ein Viertel der ganzen Stadt ausmachen mag,<lb/> an 70 Ehrenstatucn gefunden. Nach einer im Jahr S40 n. Chr. gemachte</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0340]
Christus. Wie überall bei den Römern, war die Kunst auch hier Mittel, nicht
Zweck. Sie als Mittel zur Erhöhung der Pracht und Behaglichkeit ihrer Woh¬
nungen und Städte zu verwenden, haben die Römer erst durch ihre Erobe¬
rungen der griechischen Länder gelernt; sie als Mittel zur Firirung deS Erlebten
und Geschehenen für die Nachwelt, zur Verewigung der Gestchtszüge und
Gestalten geliebter und geehrter Personen zu benutzen, war ein nalioualrömi-
scheö Streben, daS sich schon in der alten Sitte der adeligen Geschlechter mani-
festirt, bemalte Wachsmaöken der Ahnen aufzubewahren. Schon früh waren
auf den Plätzen und in den Hallen Roms auch Ehrenstatuten errichtet worden.
Schon dem alten Cato wird das Wort in den Mund gelegt: er wolle lieber
daß die Leute frugen, warum ihm keine, als warum ihm eine Statue gesetzt sei-
Und doch, welcher Abstand von Catvs Zeit bis zu der des Kaisers Claudius,
der gegen die Uebcvfüllung Roms mit Statuen Maßregeln zu treffen sich ge¬
zwungen sah! In der Kaiserzeit wurde Meißel und Pinsel unaufhörlich in
Anspruch genommen, um denkwürdige Vorgänge und Begebenheiten wahrheits¬
gemäß abzubilden. Schlachten und Belagerungen, Friedensschlüsse und Ver¬
träge, Triumphzüge, Processionen, Wohlthätigkeitshandlungen, Standreden,
Opfer, Jagden u. s. w. der Kaiser, ferner Schauspiele, besonders große Gla¬
diatorenkämpfe und Thierhatzen, wurden massenweise in allen Maßstäben durch
Sculptur, Malerei und Mosaik verewigt, seit dem dritten Jahrhundert haupt¬
sächlich durch die beiden letzten, Künste, da theils die Technik der Sculptur'immer
unbehilflicher wurde und endlich ganz erlahmte, theils große bunte Fläche»
dem Geschmack der Zeit mehr zusagten. So erhielt die Malerei in dieser Zeit
ohne Presse, wie Burckhardt (in seiner „Zeit Konstantins des Großen)" be¬
merkt hat, oft die Aufgabe, dem Volke die Manul der Herrscher rasch zu ver-
sinnlichen, wie heutzutage Manifeste und Proclamationen. Aber wenn irgend
etwas geeignet ist, von der Unermeßlichkeit der künstlerischen Production in der
Kaiserzeit eine annähernde Vorstellung zu geben, so ist eS die Unzahl von
Ehrenstatuen, die namentlich in den beiden ersten Jahrhunderte,» nach Christus
in allen Städten der römischen Monarchie zum öffentlichen und Privatgedächl-
niß, in allen Größen und allen Materialien wahrhaft pilzengleich aus der
Erde schösse». Es ist wol sehr die Frage, ob Deutschland, England u»d
Frankreich zusammen gegenwärtig so viele Monumente dieser Art besitzen, als
eine einzige große Stadt oder selbst als ein Platz in Rom, wie das Trajans-
forum damals. Pompeji war nur eine Mittelstadt und hulde von der an
Denkmälern fruchtbarsten Periode nur einen kurzen Abschnitt erlebt, vieles
durch das Erdbeben im Jahr 63 Zerstörte war offenbar zur Zeit der Ver¬
schüttung im Jahr 79 noch nicht restaurirt, und doch hat man allein in dein
aufgegrabenen Theil, der etwa ein Viertel der ganzen Stadt ausmachen mag,
an 70 Ehrenstatucn gefunden. Nach einer im Jahr S40 n. Chr. gemachte
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