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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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in eine Verzückung, während nur die Frauenzimmer seiner Familie anwesend
waren. Er gebot nun als der himmlische Vater den Weibern, den nördlichen
Fürsten herzurufen, und während dies geschah, gab er ihnen einige Aufträge,
die ihm selbst als dem östlichen Fürsten mitgetheilt werden sollten. Diese Aus¬
träge lauteten, der östliche Fürst solle "an den Hos" gehen und den himm¬
lischen Fürsten zur Rede stellen wegen Heftigkeit und Rauhheit, wie es scheint,
gegen die Frauen bei Hofe, und bann wegen allzu großer Nachsicht gegen
seinen Sohn, den Thronerben. Vier ausdrücklich genannte Frauen sollten
nicht mehr an den Hof zu kommen brauchen. Der himmlische Vater war in
den Himmel zurückgekehrt, ehe der nördliche Fürst eintraf, welcher, da er ihn
noch im Palaste glaubte, mit den Würdenträgern, die ihn begleiteten, am
Außenthore niederkniete. Sie wurden nun aufgefordert, aufzustehen und ein¬
zutreten, und von dem Inhalt der Aufträge unterrichtet. Die ganze Gesell¬
schaft setzte sich nun in ihre Sänften, um sich nach dem Palast des himm¬
lischen Fürsten zu begeben, als auf einmal der himmlische Vater aufs Neue
herabkam, d. h. der östliche Fürst in seiner Sänfte wieder in Verzückung ver¬
fiel. Dies Mal ergingen Befehle an den nördlichen Fürsten, der aus seiner
Sänfte heraustrat und auf der Straße niederkmete, um sie zu empfangen:
Man solle ihn (den himmlischen Vater) nach der Audienzhalle bringen, welche
am Außenthore des Hofes im Palaste des himmlischen Fürsten liegt. AIS
man hier angekommen ist, wird der himmlische Fürst herausgerufen, er kommt
auf der Stelle und kniet mit den andern vor dem himmlischen Vater nieder,
um seine Befehle zu empfangen. Der himmlische Vater, d. h. der östliche Fürst
von seiner Sänfte aus macht dem himmlischen Fürsten bittere Vorwürfe und
erklärt, er müsse eine Strafe von vierzig Schlägen bekommen, Der nördliche
Arst und die andern Würdenträger werfen sich zur Erde, bitten mit Thränen,
daß ihrem Herrn die Strafe erlassen werde, und erbieten sich, die Schläge
selbst aus sich zu nehmen. Der himmlische Fürst weist sie zurück, indem er
erklärt, er verdiene die Schläge, und da der himmlische Vater sich von diesen
Fürbitten nicht rühren läßt, sondern auf der Ertheilung der Schläge besteht,
so wirft er sich'nieder, um sie zu empfangen. Nun erläßt ihm der himmlische
Vater mit Rücksicht auf seine schnelle Unterwerfung die Strafe, befiehlt.ihm,
die Entfernung der vier Frauen zu gestatten, theilt ihm mit, daß der östliche
Fürst ihm weitere Jnstructionen über andere Gegenstände geben werde, und
kehrt dann nach dem Himmel zurück. Der nördliche Fürst und die andern be¬
gleiten den himmlischen Fürsten ehrfurchtsvoll zurück in das Innere seines
Palastes, und während dessen erwacht der östliche Fürst aus seiner Verzückung.
Nun berichtet ihm der nördliche Fürst von dem zweiten Herabkommen des
himmlischen Vaters, wie ihm die Frauen seiner Familie vom ersten erzählt
hatten. Der östliche Fürst geht nun in den Palast hinein, um die beim ersten


in eine Verzückung, während nur die Frauenzimmer seiner Familie anwesend
waren. Er gebot nun als der himmlische Vater den Weibern, den nördlichen
Fürsten herzurufen, und während dies geschah, gab er ihnen einige Aufträge,
die ihm selbst als dem östlichen Fürsten mitgetheilt werden sollten. Diese Aus¬
träge lauteten, der östliche Fürst solle „an den Hos" gehen und den himm¬
lischen Fürsten zur Rede stellen wegen Heftigkeit und Rauhheit, wie es scheint,
gegen die Frauen bei Hofe, und bann wegen allzu großer Nachsicht gegen
seinen Sohn, den Thronerben. Vier ausdrücklich genannte Frauen sollten
nicht mehr an den Hof zu kommen brauchen. Der himmlische Vater war in
den Himmel zurückgekehrt, ehe der nördliche Fürst eintraf, welcher, da er ihn
noch im Palaste glaubte, mit den Würdenträgern, die ihn begleiteten, am
Außenthore niederkniete. Sie wurden nun aufgefordert, aufzustehen und ein¬
zutreten, und von dem Inhalt der Aufträge unterrichtet. Die ganze Gesell¬
schaft setzte sich nun in ihre Sänften, um sich nach dem Palast des himm¬
lischen Fürsten zu begeben, als auf einmal der himmlische Vater aufs Neue
herabkam, d. h. der östliche Fürst in seiner Sänfte wieder in Verzückung ver¬
fiel. Dies Mal ergingen Befehle an den nördlichen Fürsten, der aus seiner
Sänfte heraustrat und auf der Straße niederkmete, um sie zu empfangen:
Man solle ihn (den himmlischen Vater) nach der Audienzhalle bringen, welche
am Außenthore des Hofes im Palaste des himmlischen Fürsten liegt. AIS
man hier angekommen ist, wird der himmlische Fürst herausgerufen, er kommt
auf der Stelle und kniet mit den andern vor dem himmlischen Vater nieder,
um seine Befehle zu empfangen. Der himmlische Vater, d. h. der östliche Fürst
von seiner Sänfte aus macht dem himmlischen Fürsten bittere Vorwürfe und
erklärt, er müsse eine Strafe von vierzig Schlägen bekommen, Der nördliche
Arst und die andern Würdenträger werfen sich zur Erde, bitten mit Thränen,
daß ihrem Herrn die Strafe erlassen werde, und erbieten sich, die Schläge
selbst aus sich zu nehmen. Der himmlische Fürst weist sie zurück, indem er
erklärt, er verdiene die Schläge, und da der himmlische Vater sich von diesen
Fürbitten nicht rühren läßt, sondern auf der Ertheilung der Schläge besteht,
so wirft er sich'nieder, um sie zu empfangen. Nun erläßt ihm der himmlische
Vater mit Rücksicht auf seine schnelle Unterwerfung die Strafe, befiehlt.ihm,
die Entfernung der vier Frauen zu gestatten, theilt ihm mit, daß der östliche
Fürst ihm weitere Jnstructionen über andere Gegenstände geben werde, und
kehrt dann nach dem Himmel zurück. Der nördliche Fürst und die andern be¬
gleiten den himmlischen Fürsten ehrfurchtsvoll zurück in das Innere seines
Palastes, und während dessen erwacht der östliche Fürst aus seiner Verzückung.
Nun berichtet ihm der nördliche Fürst von dem zweiten Herabkommen des
himmlischen Vaters, wie ihm die Frauen seiner Familie vom ersten erzählt
hatten. Der östliche Fürst geht nun in den Palast hinein, um die beim ersten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/275>, abgerufen am 23.07.2024.