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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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der Ertrag des Transitzolles sich verringert, wird die großherzogliche Domci-
"ialkasse schwerlich Anwandlungen von Großmuth haben, und ihre Einkünfte
beschneiden, wenn nicht andere zwingende Umstände hinzutreten. Wie bedeu¬
tend aber die Summen sind, welche der Verkehr für diese Kasse zahlen muß,
erhellt aus folgender Uebersicht.

1846--S42 " 23 8 1852 -- 123,716 29 41 ^
1847 - S0,747 " 1 " 4 " 1853 -- 132,183 " 14 " 8 ,
1848 -- 68,881 " 7 " 9" 18S4-- 1ö6,308 " 6 5>
1849 -- 76,517 " 2 " 9 " 1855 -- 163,979 " 23 "
1850 -- 90,079 " 28 " 8 " 1856 -- 198,555 " _
1851 -103,433 " 1 " 1 " 8naun lM7944^ 19^ 3^

Von allen den Gütern, welche diese enorme Summe entrichtet haben, ist wohl¬
verstanden nichts in den Verkehr deS Landes übergegangen, es ist diese Ab¬
gabe also zu Gunsten der mecklenburgischen Domanialkasse von auswärtigen
Consumenten, denen die Waaren um den Betrag des Transitzolles vertheuert
werden, getragen, rein für die Erlaubniß durchzugehen. Sehr treffend sagte
neulich das bremcr Handelsblatt über die deutschen Durchfuhrzölle: "Wenn
ein Kaufmann seinem Käufer beim Verlassen des Ladens noch 3 Sgr. ertra
abfordert, etwa für das Vergnügen, den Laden überhaupt betreten zu haben,
so wird der Käufer verwundert auf seine Waaren und den dafür gezählten
Preis zeigen, und wenn der Verkäufer gleichwol auf seiner Forderung beharrt,
jedenfalls sich künftig an andere Quellen wenden, es sei-denn, daß der be¬
treffende Verkäufer ein Monopol habe. Nun hat aber Deutschland kein Mo¬
nopol, die Waaren anderer Staaten durch sein Gebiet zu befördern, vielmehr
gibt es Umwege und vielseitige Gelegenheiten, die Waaren durch andere
Staaten billiger befördern, zu lassen, die keinen Durchfuhrzoll nehmen. Also
ruiniren die Durchfuhrzölle das Transportgeschäft deS Zollvereins." -- Was
läßt sich gegen solche Argumentation sagen? Gewiß nichts vom volkswirthschaft-
lichen Standpunkte, und deshalb haben alle Länder, denen an Entwicklung
ihres Verkehres gelegen, die DurchgangSabgaben ausgehoben oder doch sehr,
reducirt, nur einige Kleinstaaten halten mit Zähigkeit an den ihnen gelassenen
Zollrechten fest, unbekümmert um den Nachtheil, den das Ganze dadurch
leidet. So verhindern Hessen-Darmstadt und Nassau die Herabsetzung der Nhcin-
zölle, so Mecklenburg und Hannover die der Elbzöllc. Mecklenburg steht ganz
außerhalb des Weltverkehres und ist auch keineswegs ängstlich bemüht, daran
Theil zu, nehmen, sondern hält sich bei Seite in seinem kleinen Herrenthum,
Gebundenheit an die Scholle und sonstigem feudalen Wesen; es ist zufrieden,
wenn es sein Vieh, Korn und Butter verkauft, und müssen die andern unru¬
higen Nachbarn mit ihrem großen Verkehr das Land durchschneiden, so läßt
u>an sie wenigstens dafür tüchtig bezahlen und baut aus den Zollerträgcn in
Schwerin ein prachtvolles Schloß, das mit Fontainebleau und Windsor wett-


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der Ertrag des Transitzolles sich verringert, wird die großherzogliche Domci-
»ialkasse schwerlich Anwandlungen von Großmuth haben, und ihre Einkünfte
beschneiden, wenn nicht andere zwingende Umstände hinzutreten. Wie bedeu¬
tend aber die Summen sind, welche der Verkehr für diese Kasse zahlen muß,
erhellt aus folgender Uebersicht.

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Von allen den Gütern, welche diese enorme Summe entrichtet haben, ist wohl¬
verstanden nichts in den Verkehr deS Landes übergegangen, es ist diese Ab¬
gabe also zu Gunsten der mecklenburgischen Domanialkasse von auswärtigen
Consumenten, denen die Waaren um den Betrag des Transitzolles vertheuert
werden, getragen, rein für die Erlaubniß durchzugehen. Sehr treffend sagte
neulich das bremcr Handelsblatt über die deutschen Durchfuhrzölle: „Wenn
ein Kaufmann seinem Käufer beim Verlassen des Ladens noch 3 Sgr. ertra
abfordert, etwa für das Vergnügen, den Laden überhaupt betreten zu haben,
so wird der Käufer verwundert auf seine Waaren und den dafür gezählten
Preis zeigen, und wenn der Verkäufer gleichwol auf seiner Forderung beharrt,
jedenfalls sich künftig an andere Quellen wenden, es sei-denn, daß der be¬
treffende Verkäufer ein Monopol habe. Nun hat aber Deutschland kein Mo¬
nopol, die Waaren anderer Staaten durch sein Gebiet zu befördern, vielmehr
gibt es Umwege und vielseitige Gelegenheiten, die Waaren durch andere
Staaten billiger befördern, zu lassen, die keinen Durchfuhrzoll nehmen. Also
ruiniren die Durchfuhrzölle das Transportgeschäft deS Zollvereins." — Was
läßt sich gegen solche Argumentation sagen? Gewiß nichts vom volkswirthschaft-
lichen Standpunkte, und deshalb haben alle Länder, denen an Entwicklung
ihres Verkehres gelegen, die DurchgangSabgaben ausgehoben oder doch sehr,
reducirt, nur einige Kleinstaaten halten mit Zähigkeit an den ihnen gelassenen
Zollrechten fest, unbekümmert um den Nachtheil, den das Ganze dadurch
leidet. So verhindern Hessen-Darmstadt und Nassau die Herabsetzung der Nhcin-
zölle, so Mecklenburg und Hannover die der Elbzöllc. Mecklenburg steht ganz
außerhalb des Weltverkehres und ist auch keineswegs ängstlich bemüht, daran
Theil zu, nehmen, sondern hält sich bei Seite in seinem kleinen Herrenthum,
Gebundenheit an die Scholle und sonstigem feudalen Wesen; es ist zufrieden,
wenn es sein Vieh, Korn und Butter verkauft, und müssen die andern unru¬
higen Nachbarn mit ihrem großen Verkehr das Land durchschneiden, so läßt
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[0179] der Ertrag des Transitzolles sich verringert, wird die großherzogliche Domci- »ialkasse schwerlich Anwandlungen von Großmuth haben, und ihre Einkünfte beschneiden, wenn nicht andere zwingende Umstände hinzutreten. Wie bedeu¬ tend aber die Summen sind, welche der Verkehr für diese Kasse zahlen muß, erhellt aus folgender Uebersicht. 1846--S42 « 23 8 1852 — 123,716 29 41 ^ 1847 - S0,747 „ 1 „ 4 „ 1853 — 132,183 „ 14 „ 8 , 1848 — 68,881 „ 7 „ 9„ 18S4— 1ö6,308 „ 6 5> 1849 — 76,517 „ 2 „ 9 „ 1855 — 163,979 „ 23 „ 1850 — 90,079 „ 28 „ 8 „ 1856 — 198,555 „ _ 1851 -103,433 „ 1 „ 1 „ 8naun lM7944^ 19^ 3^ Von allen den Gütern, welche diese enorme Summe entrichtet haben, ist wohl¬ verstanden nichts in den Verkehr deS Landes übergegangen, es ist diese Ab¬ gabe also zu Gunsten der mecklenburgischen Domanialkasse von auswärtigen Consumenten, denen die Waaren um den Betrag des Transitzolles vertheuert werden, getragen, rein für die Erlaubniß durchzugehen. Sehr treffend sagte neulich das bremcr Handelsblatt über die deutschen Durchfuhrzölle: „Wenn ein Kaufmann seinem Käufer beim Verlassen des Ladens noch 3 Sgr. ertra abfordert, etwa für das Vergnügen, den Laden überhaupt betreten zu haben, so wird der Käufer verwundert auf seine Waaren und den dafür gezählten Preis zeigen, und wenn der Verkäufer gleichwol auf seiner Forderung beharrt, jedenfalls sich künftig an andere Quellen wenden, es sei-denn, daß der be¬ treffende Verkäufer ein Monopol habe. Nun hat aber Deutschland kein Mo¬ nopol, die Waaren anderer Staaten durch sein Gebiet zu befördern, vielmehr gibt es Umwege und vielseitige Gelegenheiten, die Waaren durch andere Staaten billiger befördern, zu lassen, die keinen Durchfuhrzoll nehmen. Also ruiniren die Durchfuhrzölle das Transportgeschäft deS Zollvereins." — Was läßt sich gegen solche Argumentation sagen? Gewiß nichts vom volkswirthschaft- lichen Standpunkte, und deshalb haben alle Länder, denen an Entwicklung ihres Verkehres gelegen, die DurchgangSabgaben ausgehoben oder doch sehr, reducirt, nur einige Kleinstaaten halten mit Zähigkeit an den ihnen gelassenen Zollrechten fest, unbekümmert um den Nachtheil, den das Ganze dadurch leidet. So verhindern Hessen-Darmstadt und Nassau die Herabsetzung der Nhcin- zölle, so Mecklenburg und Hannover die der Elbzöllc. Mecklenburg steht ganz außerhalb des Weltverkehres und ist auch keineswegs ängstlich bemüht, daran Theil zu, nehmen, sondern hält sich bei Seite in seinem kleinen Herrenthum, Gebundenheit an die Scholle und sonstigem feudalen Wesen; es ist zufrieden, wenn es sein Vieh, Korn und Butter verkauft, und müssen die andern unru¬ higen Nachbarn mit ihrem großen Verkehr das Land durchschneiden, so läßt u>an sie wenigstens dafür tüchtig bezahlen und baut aus den Zollerträgcn in Schwerin ein prachtvolles Schloß, das mit Fontainebleau und Windsor wett- 22*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/179>, abgerufen am 23.07.2024.