Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.
Wie mit dem Gedicht "Gesang und Krieg" verfahren wird, muß man nach¬ Wir wollen nun den Faden der Handlung, wie sie von Herrn P. zugerichtet Grenzboten III.-I8S7. 7
Wie mit dem Gedicht „Gesang und Krieg" verfahren wird, muß man nach¬ Wir wollen nun den Faden der Handlung, wie sie von Herrn P. zugerichtet Grenzboten III.-I8S7. 7
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0057" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104258"/> <quote> <p xml:id="ID_160"> Uhland.</p> <p xml:id="ID_161"> Er ist den Lebenden vereinet,<lb/> Vom Hauch des Grabes keine Spur:<lb/> Die Vorwelt, die ihn todt gemeinet,<lb/> Lebt selbst in seinem Liede nur.</p> <p xml:id="ID_162"> Po si.</p> <p xml:id="ID_163"> Zu Sang und Spiel sind wir vereint,<lb/> Vom Hauch des Grabes keine Spur:<lb/> Die ernste Wahrheit, die ihr meint,<lb/> Lebt ja in eurem Liede nur.</p> <p xml:id="ID_164"> Uhland.</p> <p xml:id="ID_165"> Natur, wohl braucht es solcher Stunden !c.</p> <p xml:id="ID_166"> Po si.</p> <p xml:id="ID_167"> Musik, wohl braucht es ze.</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_168"> Wie mit dem Gedicht „Gesang und Krieg" verfahren wird, muß man nach¬<lb/> sehe» und vergleichen, es würde hier viel zu weit fuhren. Das ist nicht<lb/> wehr Benutzung, das ist Verunglimpfung eines Dichters, die durch keinen<lb/> noch so wohlgemeinten Zweck entschuldigt werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_169" next="#ID_170"> Wir wollen nun den Faden der Handlung, wie sie von Herrn P. zugerichtet<lb/> worden, wieder aufzunehmen suchen. Der König, der von vornherein den<lb/> Sängern nicht hold ist, wittert in dem Vortrag der Ballade „die drei Lieder"<lb/> eine böse Absicht und sagt (für sich): Wer ist der Harfner? die heimliche That<lb/> hat keiner gesehen, das Lied ist Verrath! Von welcher That, von welchem<lb/> Verrath die Rede sein könne, darüber erhalten wir nicht die allergeringste Auf¬<lb/> klärung. Und wie stimmt ein (absichtliches) Aufreizen zur Absicht des Alten<lb/> „deö Königs steinern Herz zu rühren? Ein vaterländisches Lied, was die Sänger<lb/> nun zu zweien anstimmen, regt den Chor zum höchsten Preise an, macht aber<lb/> den König noch zorniger. Trotzdem erlaubt er auf die Fürbitte der Königin,<lb/> daß im Gesang noch fortgefahren werde. Diese wünscht ein altes Lied „Ent¬<lb/> sagung" zu hören. singt denn und setzt die Worte gut, daß euch belohne<lb/> weine Hand, sagt der König „arglistig" und der Chor setzt hinzu „des Königs<lb/> Lippen im Lächeln beben, o dürft ich warnen das junge Blut." Der Jüng¬<lb/> ling beginnt: „Lausche Jungfrau, aus der Höhe" und nach einem Dutzend Verse<lb/> stimmt die Königin, duettirenb mit ein, singt unter anderem die Schlu߬<lb/> verse, „nimm den Ring und denke mein" u. s. w., worauf der Jüngling immer<lb/> entflammter endlich in die feurigen Worte ausbricht: „In Liebesarmen ruht ihr<lb/> trunken, des Lebens Früchte winken euch; ein Blick nur ist auf mich gesunken,<lb/> doch bin ich vor euch allen reich!" Man kann es wahrhaftig einem stolzen<lb/> Tyrannen nicht übel nehmen, wenn er nach allen diesen Ungebührlichkeiten<lb/> wüthend wird. Sein Weib hat sich wie eine Liebhaberin in einer italienischen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III.-I8S7. 7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0057]
Uhland.
Er ist den Lebenden vereinet,
Vom Hauch des Grabes keine Spur:
Die Vorwelt, die ihn todt gemeinet,
Lebt selbst in seinem Liede nur.
Po si.
Zu Sang und Spiel sind wir vereint,
Vom Hauch des Grabes keine Spur:
Die ernste Wahrheit, die ihr meint,
Lebt ja in eurem Liede nur.
Uhland.
Natur, wohl braucht es solcher Stunden !c.
Po si.
Musik, wohl braucht es ze.
Wie mit dem Gedicht „Gesang und Krieg" verfahren wird, muß man nach¬
sehe» und vergleichen, es würde hier viel zu weit fuhren. Das ist nicht
wehr Benutzung, das ist Verunglimpfung eines Dichters, die durch keinen
noch so wohlgemeinten Zweck entschuldigt werden kann.
Wir wollen nun den Faden der Handlung, wie sie von Herrn P. zugerichtet
worden, wieder aufzunehmen suchen. Der König, der von vornherein den
Sängern nicht hold ist, wittert in dem Vortrag der Ballade „die drei Lieder"
eine böse Absicht und sagt (für sich): Wer ist der Harfner? die heimliche That
hat keiner gesehen, das Lied ist Verrath! Von welcher That, von welchem
Verrath die Rede sein könne, darüber erhalten wir nicht die allergeringste Auf¬
klärung. Und wie stimmt ein (absichtliches) Aufreizen zur Absicht des Alten
„deö Königs steinern Herz zu rühren? Ein vaterländisches Lied, was die Sänger
nun zu zweien anstimmen, regt den Chor zum höchsten Preise an, macht aber
den König noch zorniger. Trotzdem erlaubt er auf die Fürbitte der Königin,
daß im Gesang noch fortgefahren werde. Diese wünscht ein altes Lied „Ent¬
sagung" zu hören. singt denn und setzt die Worte gut, daß euch belohne
weine Hand, sagt der König „arglistig" und der Chor setzt hinzu „des Königs
Lippen im Lächeln beben, o dürft ich warnen das junge Blut." Der Jüng¬
ling beginnt: „Lausche Jungfrau, aus der Höhe" und nach einem Dutzend Verse
stimmt die Königin, duettirenb mit ein, singt unter anderem die Schlu߬
verse, „nimm den Ring und denke mein" u. s. w., worauf der Jüngling immer
entflammter endlich in die feurigen Worte ausbricht: „In Liebesarmen ruht ihr
trunken, des Lebens Früchte winken euch; ein Blick nur ist auf mich gesunken,
doch bin ich vor euch allen reich!" Man kann es wahrhaftig einem stolzen
Tyrannen nicht übel nehmen, wenn er nach allen diesen Ungebührlichkeiten
wüthend wird. Sein Weib hat sich wie eine Liebhaberin in einer italienischen
Grenzboten III.-I8S7. 7
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |