Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.die der nicht allein so gemüth- und gedankenreiche, sondern auch so gewissenhaft
die der nicht allein so gemüth- und gedankenreiche, sondern auch so gewissenhaft
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104257"/> <p xml:id="ID_151" prev="#ID_150"> die der nicht allein so gemüth- und gedankenreiche, sondern auch so gewissenhaft<lb/> strenge schwäbische Sänger schwerlich gut heißen wird. Die Ballade „die<lb/> drei Lieder" ist die einzige, die ganz wiedergegeben ist; (der alte Harfner<lb/> singt sie) — außerdem aber sind ihm, dem Jünglinge und der Königin, dem<lb/> Könige und dem Chor herausgerissene Stücke aus „Sängerliebe", das Thal,<lb/> „Lieb eines deutschen Sängers", Gesang und Krieg, Entsagung des Sän¬<lb/> gers, Wiederkehr u. s. w. in den Mund gelegt, und man muß gestehen —<lb/> ungenirter kann man mit den kostbarsten Meisterwerken der Poesie nicht um¬<lb/> springen, als H. Pohl eS hier gethan. Er versetzt die Verse nach Belieben,<lb/> nimmt oft nur die Hauptwörter und Reime, um etwas Anderes daraus zu<lb/> machen, verändert durch ein einziges Wort ganz und gar den Sinn eines<lb/> uhlandschen Gedichtes. Wir gestehen, daß wir durch diese rohe Art und Weise,<lb/> die an die beliebten Quodlibets der Gartenconcerte erinnert, in innerster Seele<lb/> beleidigt worden sind und zweifeln nicht daran, daß die wenigen Beispiele, die<lb/> wir zu geben uns genöthigt fühlen, den unbefangensten Leser zu unserer Em-<lb/> pftndungsweise bekehren werden.</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_152"> Uhland.</p> <p xml:id="ID_153"> Wie willst Du Dich mir offenbaren<lb/> Wie ungewohnt, geliebtes Thal?<lb/> Nur in den frühsten Jugendjahren<lb/> Erschienst Du so mir manches Mal.</p> <p xml:id="ID_154"> Pohl.</p> <p xml:id="ID_155"> Willst Du aufs neu Dich offenbaren<lb/> Du mein geliebtes Heimaththal?^<lb/> Wie in den sel'gen Jugendjahren<lb/> Erscheinst Du heute noch einmal.</p> <p xml:id="ID_156"> Uhland.<lb/> Ich sang in vorgen Tagen<lb/> Der Lieder mancherlei,<lb/> Von alten, frommen Sagen,<lb/> Von Minne, Wein und Mai.<lb/> Nun ist es ausgesungen,<lb/> Es dünkt mir alles Tand,<lb/> Der Heerschild ist erklungen;<lb/> Der Ruf: fürs Vaterland!</p> <p xml:id="ID_157"> Pohl</p> <p xml:id="ID_158"> Ich sang ?c.</p> <p xml:id="ID_159"> Nun hab ich ausgesungen —<lb/> Ein Jüngrer stehet hier,<lb/> singt unseres Volkes Lieder<lb/> Mit heitrem Klänge Dir.</p> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
die der nicht allein so gemüth- und gedankenreiche, sondern auch so gewissenhaft
strenge schwäbische Sänger schwerlich gut heißen wird. Die Ballade „die
drei Lieder" ist die einzige, die ganz wiedergegeben ist; (der alte Harfner
singt sie) — außerdem aber sind ihm, dem Jünglinge und der Königin, dem
Könige und dem Chor herausgerissene Stücke aus „Sängerliebe", das Thal,
„Lieb eines deutschen Sängers", Gesang und Krieg, Entsagung des Sän¬
gers, Wiederkehr u. s. w. in den Mund gelegt, und man muß gestehen —
ungenirter kann man mit den kostbarsten Meisterwerken der Poesie nicht um¬
springen, als H. Pohl eS hier gethan. Er versetzt die Verse nach Belieben,
nimmt oft nur die Hauptwörter und Reime, um etwas Anderes daraus zu
machen, verändert durch ein einziges Wort ganz und gar den Sinn eines
uhlandschen Gedichtes. Wir gestehen, daß wir durch diese rohe Art und Weise,
die an die beliebten Quodlibets der Gartenconcerte erinnert, in innerster Seele
beleidigt worden sind und zweifeln nicht daran, daß die wenigen Beispiele, die
wir zu geben uns genöthigt fühlen, den unbefangensten Leser zu unserer Em-
pftndungsweise bekehren werden.
Uhland.
Wie willst Du Dich mir offenbaren
Wie ungewohnt, geliebtes Thal?
Nur in den frühsten Jugendjahren
Erschienst Du so mir manches Mal.
Pohl.
Willst Du aufs neu Dich offenbaren
Du mein geliebtes Heimaththal?^
Wie in den sel'gen Jugendjahren
Erscheinst Du heute noch einmal.
Uhland.
Ich sang in vorgen Tagen
Der Lieder mancherlei,
Von alten, frommen Sagen,
Von Minne, Wein und Mai.
Nun ist es ausgesungen,
Es dünkt mir alles Tand,
Der Heerschild ist erklungen;
Der Ruf: fürs Vaterland!
Pohl
Ich sang ?c.
Nun hab ich ausgesungen —
Ein Jüngrer stehet hier,
singt unseres Volkes Lieder
Mit heitrem Klänge Dir.
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