Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.gebung ist anmuthig und die Behandlung der Luft sehr weich, das beste Der erste englische Künstler, der mit Glück in das bewegte Leben eingriff, gebung ist anmuthig und die Behandlung der Luft sehr weich, das beste Der erste englische Künstler, der mit Glück in das bewegte Leben eingriff, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104693"/> <p xml:id="ID_1302" prev="#ID_1301"> gebung ist anmuthig und die Behandlung der Luft sehr weich, das beste<lb/> Stück dürfte die „Küstenscene mit Vieh" sein. Als dritter im Bunde der<lb/> englischen Porträtmaler ist Lawrence zu nennen, er ist vorzüglich der Maler<lb/> des High-life und strebte darnach, möglichst vornehme, berühmte und schöne<lb/> Personen zu conterfeicn; so sehen wir auf der Ausstellung die Gräfinnen<lb/> Wilton und Derby, Mr. und Mrs. Croker, Master Lambton u. a.; letzterer<lb/> durch einen Kupferstich bekannt. Von so vorzüglicher Feinheit indeß auch die<lb/> Auffassung wie die Ausführung ist, so zeigt sich bei Lawrence doch schon ein<lb/> gewisser stereotyper Zug der Anmuth, der an die Keepsake-Schönheiten erinnert,<lb/> und oft gegen die individuelle treue Darstellung Zweifel einflößen muß, in<lb/> weit höherem Maße tritt dies noch bei den spätern und gegenwärtigen<lb/> Miniaturporträtmalern wie Sir W. Roß und Thorburn hervor, die technische<lb/> Ausführung auf Elfenbein ist meisterhaft, aber die Aehnlichkeit oft wenig fein<lb/> geschmeichelt, wenn man die Originale vergleicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1303" next="#ID_1304"> Der erste englische Künstler, der mit Glück in das bewegte Leben eingriff,<lb/> und dessen Darstellungen sogleich einen hohen Grad der Meisterschaft erreichten,<lb/> war Hogarth; gleichwol, glauben wir, wird sich schwerlich jemand einer ge¬<lb/> wissen Enttäuschung erwehren, der zum ersten Mal ein Original des Meisters<lb/> sieht. Grade weil das Verdienst Hogarths überwiegend der charakteristischen<lb/> Zeichnung und glücklichen Gruppirung gehört, lassen sich seine Genrebilder so<lb/> vorzüglich durch den Grabstichel wiedergeben, aber wer kann leugnen, daß<lb/> auch seine besten Stücke wie „der Weg der Buhlerin und deS Taugenichts"<lb/> oder die Heirath nach der Mode hart und ungefällig in der Farbe sind? Ho-<lb/> garth war unstreitig der itrcffendste Darsteller des englischen Lebens seiner<lb/> Zeit, an übersprudelnden Humor und scharfer Satire ist er nie erreicht; merk¬<lb/> würdigerweise kämpfte er vergeblich gegen den herkömmlichen steifen Classi-<lb/> cismus, der im Porträt durch Reynolds überwunden, in den andern Gat¬<lb/> tungen noch ganz herrschte. Auch Hogarth ging übrigens vom Porträt aus<lb/> und hatte darin bedeutende Erfolge, sein Capitän Coram ist ein treffliches<lb/> Bild, weniger Geschmack können wir dem bekannten „Garrick als Richard III."<lb/> abgewinnen, es ist der Augenblick, wo der schuldige König aus seinem schreck¬<lb/> lichen Traume auffährt, obwol ausdrucksvoll ist daS Bild nicht von Affectation<lb/> frei. Hogarth erhielt dafür, wie er erzählt, mehr als je vorher einem eng¬<lb/> lischen Künstler für ein Porträt gezahlt worden, nämlich 200 Pfd. Se., während er<lb/> für seine berühmte „Heirath nach der Mode" in sechs Stücken nur 100 Pfd. Se.<lb/> empfing. Eins seiner besten Bilder, welche nicht in die Reihe seiner Zeich¬<lb/> nungen aufgenommen, ist der „Marsch der Garden nach Finchley". Der Nach¬<lb/> trab, der in buntester Auflösung einherzieht, bietet die vorzüglichsten Scenen<lb/> aus dem Volksleben. Es erregte aber den großen Zorn Georgs II., der, als<lb/> es ihm gezeigt wurde, rief: „Wer ist dieser Hogarth? das will ein Maler sein!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
gebung ist anmuthig und die Behandlung der Luft sehr weich, das beste
Stück dürfte die „Küstenscene mit Vieh" sein. Als dritter im Bunde der
englischen Porträtmaler ist Lawrence zu nennen, er ist vorzüglich der Maler
des High-life und strebte darnach, möglichst vornehme, berühmte und schöne
Personen zu conterfeicn; so sehen wir auf der Ausstellung die Gräfinnen
Wilton und Derby, Mr. und Mrs. Croker, Master Lambton u. a.; letzterer
durch einen Kupferstich bekannt. Von so vorzüglicher Feinheit indeß auch die
Auffassung wie die Ausführung ist, so zeigt sich bei Lawrence doch schon ein
gewisser stereotyper Zug der Anmuth, der an die Keepsake-Schönheiten erinnert,
und oft gegen die individuelle treue Darstellung Zweifel einflößen muß, in
weit höherem Maße tritt dies noch bei den spätern und gegenwärtigen
Miniaturporträtmalern wie Sir W. Roß und Thorburn hervor, die technische
Ausführung auf Elfenbein ist meisterhaft, aber die Aehnlichkeit oft wenig fein
geschmeichelt, wenn man die Originale vergleicht.
Der erste englische Künstler, der mit Glück in das bewegte Leben eingriff,
und dessen Darstellungen sogleich einen hohen Grad der Meisterschaft erreichten,
war Hogarth; gleichwol, glauben wir, wird sich schwerlich jemand einer ge¬
wissen Enttäuschung erwehren, der zum ersten Mal ein Original des Meisters
sieht. Grade weil das Verdienst Hogarths überwiegend der charakteristischen
Zeichnung und glücklichen Gruppirung gehört, lassen sich seine Genrebilder so
vorzüglich durch den Grabstichel wiedergeben, aber wer kann leugnen, daß
auch seine besten Stücke wie „der Weg der Buhlerin und deS Taugenichts"
oder die Heirath nach der Mode hart und ungefällig in der Farbe sind? Ho-
garth war unstreitig der itrcffendste Darsteller des englischen Lebens seiner
Zeit, an übersprudelnden Humor und scharfer Satire ist er nie erreicht; merk¬
würdigerweise kämpfte er vergeblich gegen den herkömmlichen steifen Classi-
cismus, der im Porträt durch Reynolds überwunden, in den andern Gat¬
tungen noch ganz herrschte. Auch Hogarth ging übrigens vom Porträt aus
und hatte darin bedeutende Erfolge, sein Capitän Coram ist ein treffliches
Bild, weniger Geschmack können wir dem bekannten „Garrick als Richard III."
abgewinnen, es ist der Augenblick, wo der schuldige König aus seinem schreck¬
lichen Traume auffährt, obwol ausdrucksvoll ist daS Bild nicht von Affectation
frei. Hogarth erhielt dafür, wie er erzählt, mehr als je vorher einem eng¬
lischen Künstler für ein Porträt gezahlt worden, nämlich 200 Pfd. Se., während er
für seine berühmte „Heirath nach der Mode" in sechs Stücken nur 100 Pfd. Se.
empfing. Eins seiner besten Bilder, welche nicht in die Reihe seiner Zeich¬
nungen aufgenommen, ist der „Marsch der Garden nach Finchley". Der Nach¬
trab, der in buntester Auflösung einherzieht, bietet die vorzüglichsten Scenen
aus dem Volksleben. Es erregte aber den großen Zorn Georgs II., der, als
es ihm gezeigt wurde, rief: „Wer ist dieser Hogarth? das will ein Maler sein!
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