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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Du lieber herzblutender Sänger,
Dein Lied versteh' ich ja wohl!
Doch finge so wirr nicht länger,
So zürnend nicht und hohl! .....
Ich habe so zürnend gesungen wie Du.
Ich habe geblutet gleich Dir.
Da strahlte durch Wolken Mondesruh,
Da sühlt' ich: dort ist nicht hier! .... .
Du, dem die Kraft in den Liedern schäumt,
Dem zuckt aus der Lippe der Schmerz,
Du hast schon einmal so Schlimmes geträumt,
O hüte Dein liebes Herz!

Im Sommer 1822 unternahm Heine eine Reise nach Polen. Am
28. Juni 1825 ließ er sich in Heiligenstadt laufen und wurde am 20. Juli
zu Göttingen zum Doctor juris utrwizquö promovirt. Seit der Zeit
hielt sich Heine in Hamburg auf, in einem Kreise literarischer Kapacitäten,
welche der Herausgeber aufzählt, deren Namen aber im übrigen Deutschland
ziemlich unbekannt sind. Von den Reisebildern erschien 1826 der erste Band:
die Harzreise und die Heimkehr; 1827 der zweite Band mit der Nordsee, dem
Buch Le Grand und den Briefen aus Bertin; 1830 und 1831 der dritte und
vierte Band, mit den Bildern aus Italien und England und den Angriffen
auf Platen. Besuche in Helgoland, Berlin :c. bilden die Episoden dieses
Aufenthalts in Hamburg, welches er im Frühjahr 1831 verließ, um nach Paris
zu gehen. Es folgten von hier aus zunächst die französischen Zustände in der
Allgemeinen Zeitung > von Gentz mit Recht verurtheilt, die Schrift zur Ge¬
schichte der neuern schönen Literatur in Deutschland 1833, die romantische
Schule 1834, die Schrift über Börne 1840; darauf der Salon, Atta Troll
1843, daS Wintermärchen 1844. Unter den Franzosen war sein intimster
Freund Gvrard de Nerval (eigentlich Labrunier, geb. 1810, übersetzte Goethes
Faust 1828, endete durch Selbstmord 1854). Ueber alle diese Schriften und
über die Männer, mit denen Heine in Verkehr lebte, macht der Verfasser
einige passende und unpassende Bemerkungen; dann folgt die traurige Krank-
hcits- und Leidensgeschichte des Dichters, über die wir aus andern Quellen
bereits hinreichend unterrichtet sind. Ueberhaupt wäre daS ganze Buch ein
besseres geworden, wenn es sich auf den dritten Theil des gegenwärtigen Um¬
fangs einschränkte. Die sämmtlichen apologetischen Bemerkungen sind um so
überflüssiger, da sie sich weder durch Scharfsinn noch durch Witz auszeichnen.
I. S.




Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E, Elbert in Leipzig.
Du lieber herzblutender Sänger,
Dein Lied versteh' ich ja wohl!
Doch finge so wirr nicht länger,
So zürnend nicht und hohl! .....
Ich habe so zürnend gesungen wie Du.
Ich habe geblutet gleich Dir.
Da strahlte durch Wolken Mondesruh,
Da sühlt' ich: dort ist nicht hier! .... .
Du, dem die Kraft in den Liedern schäumt,
Dem zuckt aus der Lippe der Schmerz,
Du hast schon einmal so Schlimmes geträumt,
O hüte Dein liebes Herz!

Im Sommer 1822 unternahm Heine eine Reise nach Polen. Am
28. Juni 1825 ließ er sich in Heiligenstadt laufen und wurde am 20. Juli
zu Göttingen zum Doctor juris utrwizquö promovirt. Seit der Zeit
hielt sich Heine in Hamburg auf, in einem Kreise literarischer Kapacitäten,
welche der Herausgeber aufzählt, deren Namen aber im übrigen Deutschland
ziemlich unbekannt sind. Von den Reisebildern erschien 1826 der erste Band:
die Harzreise und die Heimkehr; 1827 der zweite Band mit der Nordsee, dem
Buch Le Grand und den Briefen aus Bertin; 1830 und 1831 der dritte und
vierte Band, mit den Bildern aus Italien und England und den Angriffen
auf Platen. Besuche in Helgoland, Berlin :c. bilden die Episoden dieses
Aufenthalts in Hamburg, welches er im Frühjahr 1831 verließ, um nach Paris
zu gehen. Es folgten von hier aus zunächst die französischen Zustände in der
Allgemeinen Zeitung > von Gentz mit Recht verurtheilt, die Schrift zur Ge¬
schichte der neuern schönen Literatur in Deutschland 1833, die romantische
Schule 1834, die Schrift über Börne 1840; darauf der Salon, Atta Troll
1843, daS Wintermärchen 1844. Unter den Franzosen war sein intimster
Freund Gvrard de Nerval (eigentlich Labrunier, geb. 1810, übersetzte Goethes
Faust 1828, endete durch Selbstmord 1854). Ueber alle diese Schriften und
über die Männer, mit denen Heine in Verkehr lebte, macht der Verfasser
einige passende und unpassende Bemerkungen; dann folgt die traurige Krank-
hcits- und Leidensgeschichte des Dichters, über die wir aus andern Quellen
bereits hinreichend unterrichtet sind. Ueberhaupt wäre daS ganze Buch ein
besseres geworden, wenn es sich auf den dritten Theil des gegenwärtigen Um¬
fangs einschränkte. Die sämmtlichen apologetischen Bemerkungen sind um so
überflüssiger, da sie sich weder durch Scharfsinn noch durch Witz auszeichnen.
I. S.




Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E, Elbert in Leipzig.
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[0048] Du lieber herzblutender Sänger, Dein Lied versteh' ich ja wohl! Doch finge so wirr nicht länger, So zürnend nicht und hohl! ..... Ich habe so zürnend gesungen wie Du. Ich habe geblutet gleich Dir. Da strahlte durch Wolken Mondesruh, Da sühlt' ich: dort ist nicht hier! .... . Du, dem die Kraft in den Liedern schäumt, Dem zuckt aus der Lippe der Schmerz, Du hast schon einmal so Schlimmes geträumt, O hüte Dein liebes Herz! Im Sommer 1822 unternahm Heine eine Reise nach Polen. Am 28. Juni 1825 ließ er sich in Heiligenstadt laufen und wurde am 20. Juli zu Göttingen zum Doctor juris utrwizquö promovirt. Seit der Zeit hielt sich Heine in Hamburg auf, in einem Kreise literarischer Kapacitäten, welche der Herausgeber aufzählt, deren Namen aber im übrigen Deutschland ziemlich unbekannt sind. Von den Reisebildern erschien 1826 der erste Band: die Harzreise und die Heimkehr; 1827 der zweite Band mit der Nordsee, dem Buch Le Grand und den Briefen aus Bertin; 1830 und 1831 der dritte und vierte Band, mit den Bildern aus Italien und England und den Angriffen auf Platen. Besuche in Helgoland, Berlin :c. bilden die Episoden dieses Aufenthalts in Hamburg, welches er im Frühjahr 1831 verließ, um nach Paris zu gehen. Es folgten von hier aus zunächst die französischen Zustände in der Allgemeinen Zeitung > von Gentz mit Recht verurtheilt, die Schrift zur Ge¬ schichte der neuern schönen Literatur in Deutschland 1833, die romantische Schule 1834, die Schrift über Börne 1840; darauf der Salon, Atta Troll 1843, daS Wintermärchen 1844. Unter den Franzosen war sein intimster Freund Gvrard de Nerval (eigentlich Labrunier, geb. 1810, übersetzte Goethes Faust 1828, endete durch Selbstmord 1854). Ueber alle diese Schriften und über die Männer, mit denen Heine in Verkehr lebte, macht der Verfasser einige passende und unpassende Bemerkungen; dann folgt die traurige Krank- hcits- und Leidensgeschichte des Dichters, über die wir aus andern Quellen bereits hinreichend unterrichtet sind. Ueberhaupt wäre daS ganze Buch ein besseres geworden, wenn es sich auf den dritten Theil des gegenwärtigen Um¬ fangs einschränkte. Die sämmtlichen apologetischen Bemerkungen sind um so überflüssiger, da sie sich weder durch Scharfsinn noch durch Witz auszeichnen. I. S. Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. Druck von C. E, Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/48>, abgerufen am 24.08.2024.