Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band."Der Artikel 36 der wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 schützt Ver" Was nun die zweite Frage betrifft, ob durch die vorgelegte Verfassung die Es folgt nun die lange Reihe der Beschwerden: die willkürlichen Verordnungen „Der Artikel 36 der wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 schützt Ver« Was nun die zweite Frage betrifft, ob durch die vorgelegte Verfassung die Es folgt nun die lange Reihe der Beschwerden: die willkürlichen Verordnungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104679"/> <p xml:id="ID_1261"> „Der Artikel 36 der wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 schützt Ver«<lb/> fassungcn, die in anerkannter Wirksamkeit bestehen, und es werden in Gemäßheit<lb/> dieses Artikels die ans nicht verfassungsmäßigen Wege entstandenen Veränderungen<lb/> in solchen Verfassungen, so wie die factische an die Stelle derselben getretenen An¬<lb/> ordnungen, mithin das Vcrfassungsgesetz für die besonderen Angelegenheiten vom<lb/> 11, Juni 183i in seinen §§ 1—6, serner die allerhöchste Bekanntmachung vom<lb/> Juni 1836, betreffend eine nähere Bestimmung der besonderen Angelegen¬<lb/> heiten, endlich das Verfassungsgesctz sür die gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom<lb/> 2. October 1835 und das Wahlgesetz von demselben Datum, rücksichtlich des Her¬<lb/> zogtums Holstein als zu Recht bestehend nicht betrachtet werden können."</p><lb/> <p xml:id="ID_1262"> Was nun die zweite Frage betrifft, ob durch die vorgelegte Verfassung die<lb/> Interessen des Herzogthums in seiner Stellung zur Gcsammtmonarchie aus be¬<lb/> friedigende Weise wahrgenommen und gesichert seien, so liegt die Antwort auf der<lb/> Hand, wenn man sich erinnert, daß dem dänischen Reichstage die Annahme der<lb/> Verfassung den 2. October 1833 mit den Worten empfohlen wurde: „Wenn man<lb/> hinsieht auf das durchaus unzweifelhafte Uebergewicht, welches in allen Instanzen<lb/> nach Recht und Gerechtigkeit dem dänischen Elemente gegeben ist, so ist diese Ver¬<lb/> sammlung — der Reichsrath — eine solche, der diese Sache — die gemeinschaft¬<lb/> lichen Angelegenheiten der Monarchie nämlich — anvertraut werden können." In<lb/> diesem Sinne hat bekanntlich auch überall der dänische Reichstag sein Verhältniß<lb/> zu den gemeinsamen Angelegenheiten aufgefaßt, und die Herzogthümer sind nicht als<lb/> gleichberechtigt, sondern als rechtlos behandelt worden. „Die vernünftige Absicht<lb/> einer jeden constiMionellen Verfassung," heißt es dagegen im Bericht, „kann nur die<lb/> sein, daß das Volk, welchem dieselbe verliehen ist, berechtigt sein soll, seinen Willen<lb/> durch seine Vertreter zur Geltung zu bringen. Diese Berechtigung ist aber sür die<lb/> Bevölkerung des Herzogthums Holstein bei der jetzt bestehenden Einrichtung des<lb/> Ncichsraths eine illusorische. Für Holstein ist mithin die verheißene constitutionelle<lb/> Verfassung für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten nicht zur Wahrheit ge¬<lb/> worden. Es ist ihm vielmehr aus der betreffenden Verfassung eine große Ge¬<lb/> fahr erwachsen. Denn anstatt des Willens des Landesherrn, von dem bei seiner<lb/> erhabenen Stellung im Allgemeinen eine unbefangene Würdigung der in Betracht<lb/> kommenden Interessen zu erwarten ist, sind die wichtigsten Interessen des Herzog¬<lb/> thums der Einwirkung der Majorität eines fremden Volksstammes Preis gegeben.<lb/> Sollen Länder und Völkerschaften wie die unter dem Scepter Sr. Majestät des<lb/> Königs vereinigten, durch eine gemeinschaftliche Verfassung mit einander verbunden<lb/> sein, so müssen die Länder als solche ihre Vertretung im gemeinschaftlichen Organe<lb/> finden. Nur so kann ihre Gleichberechtigung und eine den Verhältnissen ent¬<lb/> sprechende Wahrnehmung ihrer Interessen gesichert werden. Eine Vertretung nach<lb/> der Volkszahl mag in einer aus gleichartigen Provinzen mit gleicher Nationalität<lb/> zusammengesetzten Monarchie zum Ziele sühren. Das Herzogthum Holstein ist aber<lb/> keine Provinz des Königreichs Dänemark, sondern, gleich wie die übrigen Landes-<lb/> - theile der dem Scepter Sr. Majestät unterworfenen Monarchie, ein selbstständiger<lb/> Theil derselben."</p><lb/> <p xml:id="ID_1263" next="#ID_1264"> Es folgt nun die lange Reihe der Beschwerden: die willkürlichen Verordnungen<lb/> Scheeles, die den Landesprivilegien zuwiderlaufende und dem Lande höchst nach-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
„Der Artikel 36 der wiener Schlußacte vom 15. Mai 1820 schützt Ver«
fassungcn, die in anerkannter Wirksamkeit bestehen, und es werden in Gemäßheit
dieses Artikels die ans nicht verfassungsmäßigen Wege entstandenen Veränderungen
in solchen Verfassungen, so wie die factische an die Stelle derselben getretenen An¬
ordnungen, mithin das Vcrfassungsgesetz für die besonderen Angelegenheiten vom
11, Juni 183i in seinen §§ 1—6, serner die allerhöchste Bekanntmachung vom
Juni 1836, betreffend eine nähere Bestimmung der besonderen Angelegen¬
heiten, endlich das Verfassungsgesctz sür die gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom
2. October 1835 und das Wahlgesetz von demselben Datum, rücksichtlich des Her¬
zogtums Holstein als zu Recht bestehend nicht betrachtet werden können."
Was nun die zweite Frage betrifft, ob durch die vorgelegte Verfassung die
Interessen des Herzogthums in seiner Stellung zur Gcsammtmonarchie aus be¬
friedigende Weise wahrgenommen und gesichert seien, so liegt die Antwort auf der
Hand, wenn man sich erinnert, daß dem dänischen Reichstage die Annahme der
Verfassung den 2. October 1833 mit den Worten empfohlen wurde: „Wenn man
hinsieht auf das durchaus unzweifelhafte Uebergewicht, welches in allen Instanzen
nach Recht und Gerechtigkeit dem dänischen Elemente gegeben ist, so ist diese Ver¬
sammlung — der Reichsrath — eine solche, der diese Sache — die gemeinschaft¬
lichen Angelegenheiten der Monarchie nämlich — anvertraut werden können." In
diesem Sinne hat bekanntlich auch überall der dänische Reichstag sein Verhältniß
zu den gemeinsamen Angelegenheiten aufgefaßt, und die Herzogthümer sind nicht als
gleichberechtigt, sondern als rechtlos behandelt worden. „Die vernünftige Absicht
einer jeden constiMionellen Verfassung," heißt es dagegen im Bericht, „kann nur die
sein, daß das Volk, welchem dieselbe verliehen ist, berechtigt sein soll, seinen Willen
durch seine Vertreter zur Geltung zu bringen. Diese Berechtigung ist aber sür die
Bevölkerung des Herzogthums Holstein bei der jetzt bestehenden Einrichtung des
Ncichsraths eine illusorische. Für Holstein ist mithin die verheißene constitutionelle
Verfassung für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten nicht zur Wahrheit ge¬
worden. Es ist ihm vielmehr aus der betreffenden Verfassung eine große Ge¬
fahr erwachsen. Denn anstatt des Willens des Landesherrn, von dem bei seiner
erhabenen Stellung im Allgemeinen eine unbefangene Würdigung der in Betracht
kommenden Interessen zu erwarten ist, sind die wichtigsten Interessen des Herzog¬
thums der Einwirkung der Majorität eines fremden Volksstammes Preis gegeben.
Sollen Länder und Völkerschaften wie die unter dem Scepter Sr. Majestät des
Königs vereinigten, durch eine gemeinschaftliche Verfassung mit einander verbunden
sein, so müssen die Länder als solche ihre Vertretung im gemeinschaftlichen Organe
finden. Nur so kann ihre Gleichberechtigung und eine den Verhältnissen ent¬
sprechende Wahrnehmung ihrer Interessen gesichert werden. Eine Vertretung nach
der Volkszahl mag in einer aus gleichartigen Provinzen mit gleicher Nationalität
zusammengesetzten Monarchie zum Ziele sühren. Das Herzogthum Holstein ist aber
keine Provinz des Königreichs Dänemark, sondern, gleich wie die übrigen Landes-
- theile der dem Scepter Sr. Majestät unterworfenen Monarchie, ein selbstständiger
Theil derselben."
Es folgt nun die lange Reihe der Beschwerden: die willkürlichen Verordnungen
Scheeles, die den Landesprivilegien zuwiderlaufende und dem Lande höchst nach-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |