Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.solchen Eid vor dem Niedergericht leiblich geleistet und vermeldet, seine Zeugen Die Herren zu Lübeck erkannten, Bruser solle bezahlen laut Siegel und Brief. Hierauf will sich gebühren, meinen Kindern zur Lehre nicht vorzuenthal¬ solchen Eid vor dem Niedergericht leiblich geleistet und vermeldet, seine Zeugen Die Herren zu Lübeck erkannten, Bruser solle bezahlen laut Siegel und Brief. Hierauf will sich gebühren, meinen Kindern zur Lehre nicht vorzuenthal¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0024" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104225"/> <p xml:id="ID_54" prev="#ID_53"> solchen Eid vor dem Niedergericht leiblich geleistet und vermeldet, seine Zeugen<lb/> wären „über See und Sand", er erbitte deswegen zur Nollführung seines<lb/> Beweises Jahr und Tag. Als ihm auch solches zuerkannt wurde, appellirte<lb/> mein Vater an den Rath und von da an den Ehrbaren Rath zu Lübeck.</p><lb/> <p xml:id="ID_55"> Die Herren zu Lübeck erkannten, Bruser solle bezahlen laut Siegel und Brief.<lb/> Davon appellirte dieser an das kaiserliche Kammergericht zu Speier. Zu<lb/> Speier hat man viele Jahre processirt, Bruser schwor den Eid paupertatis, doch<lb/> steuerte er seine Tochter gleich eines Bürgermeisters Tochter mit Perlen und<lb/> Geschmeide aus, verkaufte seine Häuser und sein Schwestermann brachte Siegel<lb/> und Brief dem Buchstaben nach älter als meines Vaters Schuldbrief, worin ihm<lb/> alle Güter des Bruser als Hypothek verpfändet waren. Endlich ist das Kammer¬<lb/> gericht von den protestirenden Reichsständen recussirt worden, und man hat<lb/> mit dem Proceß still halten müssen, bis dasselbige nach sechs Jahren wiederum<lb/> besetzt worden ist, von da hat man die Sache bis zum Beschluß durchgeführt.<lb/> Ich aber bin nach dem Beschluß selbst zwei ganze Jahre in Speier gewesen<lb/> und habe die Publication deS Urtheils nicht herausbringen können, so daß<lb/> mein Vater sich zuletzt, nachdem er mit Bruser und seiner Partei über 34 Jahre<lb/> processirt mit den Erben von BruserS Schwestermann so verglichen hat, daß<lb/> dieselben 1000 Fi. als Ein und Alles gegeben haben. Die Hauptschuld ist<lb/> gewesen 172S Fi., meines Vaters aufgewandte Kosten haben mehr als<lb/> 1000 Fi. betragen, waS ist das luerum eessans? Daß mein Vater sein Geld<lb/> an die 40 Jahre entbehren müssen, daß meinen Eltern und ihren Kindern<lb/> merkliche große Ungelegenheit entstanden ist. Ich bin darüber aus meinem<lb/> Studiren und mein Bruder Magister Johannes uns Leben gekommen, so daß<lb/> man im GrundF sagen muß, das Dictum des Hesiodus: „die Hälfte ist mehr<lb/> als das Ganze" passe nicht übel auf den Rechtsproceß, sonderlich beim taiserl.<lb/> Kammergericht; so daß eS viel nützlicher sei, man nimmt im Anfang die Hälfte,<lb/> als daß man daS Ganze durch Erkenntniß des Kammergerichts erhalte.</p><lb/> <p xml:id="ID_56" next="#ID_57"> Hierauf will sich gebühren, meinen Kindern zur Lehre nicht vorzuenthal¬<lb/> ten, wie den gottlosen Gesellen, nachdem sie meine Eltern in die dreißig Jahre<lb/> tribulirt und verirt haben, gelohnt worden ist. Denn wie im 76 Psalm steht:<lb/> „Der Herr hat einen Becher in der Hand mit starkem Wein voll eingeschenkt,<lb/> und schenkt aus demselben," — diesen Kelch hat er auch mir daraus zu<lb/> trinken dargereicht, ziemlich so viel als er gewußt, daß ich habe vertragen<lb/> können. Aber die Gottlosen haben auch daraus getrunken und die Hefen<lb/> aussaufen müssen, so daß ich an meinen und der Meinigen Feinden meine<lb/> Lust gesehen habe. Denn der Hauptschuldige, Hermann Bruser ist mit seinem<lb/> hoffärtigen Weibe, der Erzbetrügerin, in die äußerste Armuth gerathen, daß<lb/> sie von ihren Verwandten und Bekannten etliche Jahre gefüttert worden, end¬<lb/> lich hat er sich in Schweden als Kammerknecht vermiethet und zu Stockholm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
solchen Eid vor dem Niedergericht leiblich geleistet und vermeldet, seine Zeugen
wären „über See und Sand", er erbitte deswegen zur Nollführung seines
Beweises Jahr und Tag. Als ihm auch solches zuerkannt wurde, appellirte
mein Vater an den Rath und von da an den Ehrbaren Rath zu Lübeck.
Die Herren zu Lübeck erkannten, Bruser solle bezahlen laut Siegel und Brief.
Davon appellirte dieser an das kaiserliche Kammergericht zu Speier. Zu
Speier hat man viele Jahre processirt, Bruser schwor den Eid paupertatis, doch
steuerte er seine Tochter gleich eines Bürgermeisters Tochter mit Perlen und
Geschmeide aus, verkaufte seine Häuser und sein Schwestermann brachte Siegel
und Brief dem Buchstaben nach älter als meines Vaters Schuldbrief, worin ihm
alle Güter des Bruser als Hypothek verpfändet waren. Endlich ist das Kammer¬
gericht von den protestirenden Reichsständen recussirt worden, und man hat
mit dem Proceß still halten müssen, bis dasselbige nach sechs Jahren wiederum
besetzt worden ist, von da hat man die Sache bis zum Beschluß durchgeführt.
Ich aber bin nach dem Beschluß selbst zwei ganze Jahre in Speier gewesen
und habe die Publication deS Urtheils nicht herausbringen können, so daß
mein Vater sich zuletzt, nachdem er mit Bruser und seiner Partei über 34 Jahre
processirt mit den Erben von BruserS Schwestermann so verglichen hat, daß
dieselben 1000 Fi. als Ein und Alles gegeben haben. Die Hauptschuld ist
gewesen 172S Fi., meines Vaters aufgewandte Kosten haben mehr als
1000 Fi. betragen, waS ist das luerum eessans? Daß mein Vater sein Geld
an die 40 Jahre entbehren müssen, daß meinen Eltern und ihren Kindern
merkliche große Ungelegenheit entstanden ist. Ich bin darüber aus meinem
Studiren und mein Bruder Magister Johannes uns Leben gekommen, so daß
man im GrundF sagen muß, das Dictum des Hesiodus: „die Hälfte ist mehr
als das Ganze" passe nicht übel auf den Rechtsproceß, sonderlich beim taiserl.
Kammergericht; so daß eS viel nützlicher sei, man nimmt im Anfang die Hälfte,
als daß man daS Ganze durch Erkenntniß des Kammergerichts erhalte.
Hierauf will sich gebühren, meinen Kindern zur Lehre nicht vorzuenthal¬
ten, wie den gottlosen Gesellen, nachdem sie meine Eltern in die dreißig Jahre
tribulirt und verirt haben, gelohnt worden ist. Denn wie im 76 Psalm steht:
„Der Herr hat einen Becher in der Hand mit starkem Wein voll eingeschenkt,
und schenkt aus demselben," — diesen Kelch hat er auch mir daraus zu
trinken dargereicht, ziemlich so viel als er gewußt, daß ich habe vertragen
können. Aber die Gottlosen haben auch daraus getrunken und die Hefen
aussaufen müssen, so daß ich an meinen und der Meinigen Feinden meine
Lust gesehen habe. Denn der Hauptschuldige, Hermann Bruser ist mit seinem
hoffärtigen Weibe, der Erzbetrügerin, in die äußerste Armuth gerathen, daß
sie von ihren Verwandten und Bekannten etliche Jahre gefüttert worden, end¬
lich hat er sich in Schweden als Kammerknecht vermiethet und zu Stockholm
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