Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.hat ihm in seines Herrn Krambude der Teufel den Hals entzwei gebrochen, Mit seinem Sohn hat es nirgend glücklich hinausgewollt, er ist aus einer Die andere Gegnerin meiner Eltern, die Leweling, eine Witwe, hatte Grenzboten. III. -1867. 3
hat ihm in seines Herrn Krambude der Teufel den Hals entzwei gebrochen, Mit seinem Sohn hat es nirgend glücklich hinausgewollt, er ist aus einer Die andere Gegnerin meiner Eltern, die Leweling, eine Witwe, hatte Grenzboten. III. -1867. 3
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hat ihm in seines Herrn Krambude der Teufel den Hals entzwei gebrochen,
daß er mitten in der Krambude liegend gefunden wurde, das Angesicht nach
dem Rücken gedreht. Seine Tochter, die, wie oben gemeldet, mit meines
Vaters Gütern gleich eines Bürgermeisters Tochter ausgesteuert wurde, ist, ehe
sie verstorben, blos und arm geworden, hat Haus und Hof angeben müssen
und ihr Mann muß seit ihrem Tode, der viele Jahre her ist, bis auf den
heutigen Tag im Hospital zum heiligen Geist von Almosen leben.
Mit seinem Sohn hat es nirgend glücklich hinausgewollt, er ist aus einer
Leichtfertigkeit in die andere gefallen. Ihn hat man zu Kalmar eines Morgens
früh auf dem heimlichen Gemach todt sitzen gefunden, und seine Kinder müssen
von einem zum andern in der Stadt und auf dem Lande herumlungern.
Die andere Gegnerin meiner Eltern, die Leweling, eine Witwe, hatte
von ihrem Mann einen Sohn, sie war trefflich reich an Stadt- und Land¬
gütern, an Häusern, an Buden, Gärten und Aecker im Felde; man sagte,
daß sie an stehenden sicheren Pachter auf jeden Tag daS ganze Jahr durch¬
gerechnet ein Huhn und einen Goldgulden hatte. Sie hat aber mit ihrem
Sohn alles durchgejagt, so daß sie nicht allein meinem Vater die 800 Fi.,
sondern auch andern mehr so viel schuldig geworden, daß sie nach Urtheil und
Recht sich in ihrem abgetragenen Weibermantel aus ihrem Hause führen
lassen mußte und dasselbe ihren Creditoren einräumen. Ihrem Sohne, der
ein Bengel von 15 Jahren war, mußte sie in ihrem Hause eine eigene Dirne
halten, wenn sie nicht wollte, daß er des Nachts in den Dirnenhäusern liege;
bis sie ihm in so großer Jugend ein Eheweib gab, daß sich ma'nniglich darüber
verwunderte. Was er noch von Aeckern, Wiesen, Dörfern, Wald, Hauen,
Hufen und Kater übrig behielt, mußte alles dem Andern folgen. So hielt
er auch seinen Ehestand so rein, wie der Hund die Fasten. Denn bei Herzog
Philipps Huldigung lag die Herzogin in seinem Haus zur Herberge, damals
kam seine Frau mit einer jungen Tochter in die Wochen, er bat die Herzogin
zu Gevattern, wie er die Tochter auch nach ihrer sürstl. Gnaden Maria
nennen ließ, daneben aber hatte er seine Dirne im Garten bei der Nicdermühle,
mit der hielt er grob und ärgerlich Haus. Ferner bestahl er mit einem
andern, der Valentin BuS hieß, des Nachts dem Teichmeister die Reusen und
stngerte sonst umher, daß es wol des Henkers werth war. Valentin Buh
wurde auch deswegen gefänglich eingezogen und hätte hängen müssen, wenn
ihm nicht wegen deS Leweling, der mit ihm in gleicher Schuld stand, das
Richten wäre erlassen worden. Leweling aber hat sich mit dem ehrbaren Rath
verglichen, und sich mit Geld vom Galgen gekauft. Wie er denn sein noch übriges
Dorf Bessin, in dessen Kapelle sein Vater begraben ist, also seinen Vater mit
dem Dorfe einem ehrbaren Rathe verkauft und sich so mit dem Rath ab-
gefunden hat. Weil mein Vater mit andern Creditoren zu Recht erhalten,
Grenzboten. III. -1867. 3
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