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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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näher betrachtet, nichts Anderes' als die Anwendung des in der Taktik zu
Lande durch Napoleon zur Geltung gebrachten neuen Princips, wonach von
einem künstlichen und regelrechten Gegenausmarsch durchaus abzusehen und
der Sieg hauptsächlich durch Entfaltung überlegener Kräfte auf dem ent¬
scheidenden Punkt zu erringen ist. Doch waren eS auch noch andere Gründe
wie diese principiellen, die Nelson bestimmten, bei seiner letzten Action (Tra-
falgar) von den Regeln der linearen und parallelen Kampfordnung abzu¬
weichen. Dieselben sind sür daS ältere System charakteristisch und weisen die
Grenze nach, bis zu welcher nur taktisch, mit dem Bewegungsmittel des Segels,
überhaupt gelangen kann. Nelson war nämlich der Ueberzeugung, daß es an
und sür sich große Schwierigkeiten habe, eine Flotte von mehr als fünfund¬
zwanzig Linienschiffen in Schlachtordnung zu stellen und als eine zusam¬
menhängende Linie zu handhaben. Darum eben die Zerlegung in einzelne
Colonnen und das Aufgeben einer jeden parallelen Kampfordnung. Aehnlich
wie Nelson hätte Napier, wenn er der russischen Flotte in offener See begeg¬
net wäre, wol an ein Umwickeln und Durchschneiden der feindlichen Linie aus
einem ihrer Flügel, und in diesem Sinne an eine Erneuerung der Tage vom
Nil und von Trafalgar gedacht. Was aber das Bedenken des großen briti¬
schen Seehelden, mehr wie fünfundzwanzig Linienschiffe in Schlachtordnung zu
reihen, angeht, so versteht sich von selbst, daß es bei einer aus Schrauben¬
schiffen bestehenden Flotte alles Sinnes entbehrt, indem das mächtige Hilfs¬
mittel der Maschine ausreichende Gewähr für die Schnelligkeit und Präcision
der Bewegungen leistet. Auch ist es gewiß, daß Napier die Entscheidung un¬
gleich schneller, wie dies in irgend einer früheren Seeschlacht geschehen, hätte
geben können, und daß sie eine totale gewesen sein würde. Vergegenwärtigen
wir uns hier, deS Vergleichs wegen, noch einmal kurz den Hergang in den
nelsonischen großen Treffen. Die zuerst in Action tretenden Linienschiffe des
>n Colonne Angreifenden werden, bald nachdem sie an den Feind heran¬
gekommen sind, entmastet und damit der Fähigkeit beraubt, während deS
weiteren Verlaufes der Schlacht einen, im engeren Sinne, taktischen Antheil
an derselben zu nehmen. Sie leisten von dem Augenblick an, wo ihr letzter
Mast über Bord gegangen, nur noch den Dienst von großen Positionsbatterien
und sind voi, dem launenhaften Zufall abhängig, der dieses oder jenes feind¬
liche Fahrzeug in günstiger oder ungünstiger Lage auf ihr Schußfeld führt.
Die Durchkämpfung des Treffens oder die eigentliche weitere Lösung der
taktischen Aufgabe in-demselben übernehmen sodann die inzwischen anlangenden,
in der Colonne mehr rückwärts gestellt gewesenen Fahrzeuge, bis auch sie, aus
denselben Gründen, wie die ihnen vorausgegangenen, nämlich durch Ent-
mastung, bewegungslos werden, und endlich die Genugthuung, den letzten
Streich zu führen und die Früchte des Sieges zu pflücken, den in später


Greiizboteu. III. 4 867. 22

näher betrachtet, nichts Anderes' als die Anwendung des in der Taktik zu
Lande durch Napoleon zur Geltung gebrachten neuen Princips, wonach von
einem künstlichen und regelrechten Gegenausmarsch durchaus abzusehen und
der Sieg hauptsächlich durch Entfaltung überlegener Kräfte auf dem ent¬
scheidenden Punkt zu erringen ist. Doch waren eS auch noch andere Gründe
wie diese principiellen, die Nelson bestimmten, bei seiner letzten Action (Tra-
falgar) von den Regeln der linearen und parallelen Kampfordnung abzu¬
weichen. Dieselben sind sür daS ältere System charakteristisch und weisen die
Grenze nach, bis zu welcher nur taktisch, mit dem Bewegungsmittel des Segels,
überhaupt gelangen kann. Nelson war nämlich der Ueberzeugung, daß es an
und sür sich große Schwierigkeiten habe, eine Flotte von mehr als fünfund¬
zwanzig Linienschiffen in Schlachtordnung zu stellen und als eine zusam¬
menhängende Linie zu handhaben. Darum eben die Zerlegung in einzelne
Colonnen und das Aufgeben einer jeden parallelen Kampfordnung. Aehnlich
wie Nelson hätte Napier, wenn er der russischen Flotte in offener See begeg¬
net wäre, wol an ein Umwickeln und Durchschneiden der feindlichen Linie aus
einem ihrer Flügel, und in diesem Sinne an eine Erneuerung der Tage vom
Nil und von Trafalgar gedacht. Was aber das Bedenken des großen briti¬
schen Seehelden, mehr wie fünfundzwanzig Linienschiffe in Schlachtordnung zu
reihen, angeht, so versteht sich von selbst, daß es bei einer aus Schrauben¬
schiffen bestehenden Flotte alles Sinnes entbehrt, indem das mächtige Hilfs¬
mittel der Maschine ausreichende Gewähr für die Schnelligkeit und Präcision
der Bewegungen leistet. Auch ist es gewiß, daß Napier die Entscheidung un¬
gleich schneller, wie dies in irgend einer früheren Seeschlacht geschehen, hätte
geben können, und daß sie eine totale gewesen sein würde. Vergegenwärtigen
wir uns hier, deS Vergleichs wegen, noch einmal kurz den Hergang in den
nelsonischen großen Treffen. Die zuerst in Action tretenden Linienschiffe des
>n Colonne Angreifenden werden, bald nachdem sie an den Feind heran¬
gekommen sind, entmastet und damit der Fähigkeit beraubt, während deS
weiteren Verlaufes der Schlacht einen, im engeren Sinne, taktischen Antheil
an derselben zu nehmen. Sie leisten von dem Augenblick an, wo ihr letzter
Mast über Bord gegangen, nur noch den Dienst von großen Positionsbatterien
und sind voi, dem launenhaften Zufall abhängig, der dieses oder jenes feind¬
liche Fahrzeug in günstiger oder ungünstiger Lage auf ihr Schußfeld führt.
Die Durchkämpfung des Treffens oder die eigentliche weitere Lösung der
taktischen Aufgabe in-demselben übernehmen sodann die inzwischen anlangenden,
in der Colonne mehr rückwärts gestellt gewesenen Fahrzeuge, bis auch sie, aus
denselben Gründen, wie die ihnen vorausgegangenen, nämlich durch Ent-
mastung, bewegungslos werden, und endlich die Genugthuung, den letzten
Streich zu führen und die Früchte des Sieges zu pflücken, den in später


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/177>, abgerufen am 12.12.2024.