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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Die andern Bauern sind nachgeritten zu sehen, was die Horne gemacht
hätten; haben den Verwundeten so zugerichtet gefunden, und den Jungen aus
dem Moore geholt. Einer unter ihnen ist nach Ranzin gerannt, hat schnell
Wagen und Pferde geholt. Darauf hat man den Verwundeten gelegt, an
dem kein Leben mehr gespürt wurde, als daß er bei der Ankunft in Ranzin
aufjappte und verschied.

Des unmündigen Knaben, meines Vaters, nächste Freunde, besonders
die zu Greifswald in der Stadt wohnten, machten alles zu Gelde und ver¬
kauften wieder das Haus, so daß sie im Ganzen über 2000 Gulden zusammen¬
brachten. Wenige Edelleute lassen in jetziger Zeit ihre Unterthanen zu einem
solchen Vermögen kommen! Sie hielten den Knaben aufs Beste, ließen ihn
Lesen, Schreiben und Rechnen lehren, und schickten ihn nach Antwerpen, auch
nach Amsterdam, damit er etwas von Kaufmannschaft lernte. Als er zur ge¬
bührenden Größe und nach Hause kam und das Seine in die Hand erhielt,
kaufte er die Ecke an der langen Gasse rechts gegenüber der Se. Nicolauskirche
und an der Hundstraße, zwei Häuser und zwei Buden in der Hundstraße.
Aus dem einen Haus hat er das Wohnhaus, aus dem andern das Brau¬
haus, und aus der Bude den Thorweg mit viel Arbeit und Unkosten gebaut.
Da nun seine Person den Leuten gefiel und man sah, daß er zur Nahrung
sich wohl anließ, haben meiner Mutter Vormund und nächste Verwandte ihm
diese ehelich versprochen.

Meine Mutter war die Tochter von Bartholomäus Smiterlow, welcher
Bruder des Herrn Bürgermeisters Nicolaus Smiterlow war, eine junge, gar
schöne Frau, klein, zart von Gliedern, freundlich, kurzweilig, ohne Hoffart,
reinlich, häuslich und bis in ihr letztes Stündlein gottesfürchtig und andächtig.
Anno 131i haben meine Eltern'Hochzeit gehalten, Anno 1313 gab ihnen der
liebe Gott einen Sohn, den sie nach meinem väterlichen Großvater Johannes
nennen ließen. Anno 1317 ist meine Schwester Anna, Herrn Peter FruboS,
Bürgermeisters zu Greifswald, nachgelassene Wittwe geboren -- Anno 1320
bin ich zur Welt gekommen und nach meinem mütterlichen Großvater Bartho¬
lomäus genannt worden.

Von meinen fünf jüngern Geschwistern war meine Schwester Katharina
ein treffliches, schönes, freundliches, getreues und frommes Mädchen. Als
mein Bruder Johannes von Wittenberg, wo er studirte, nach Haus kam, be¬
gehrte sie von ihm zu lernen, wie man lateinisch sagen könnte: "das ist wahr¬
lich eine schöne Jungfrau." Er sagte: "prot'eoto torno8Ä xuslla." -- Sie
fragte weiter, wie man denn lateinisch antworten könnte "so ziemlich!" Er:
"sie satis." Nach Verlauf etzlicher Zeit kamen drei Studenten von Witten¬
berg her, vornehmer Leute Kinder, nur um die Stadt zu besehen; die hatte
Christian Smiterlow an seinen Vater den Bürgermeister Herrn Nicolaus


Die andern Bauern sind nachgeritten zu sehen, was die Horne gemacht
hätten; haben den Verwundeten so zugerichtet gefunden, und den Jungen aus
dem Moore geholt. Einer unter ihnen ist nach Ranzin gerannt, hat schnell
Wagen und Pferde geholt. Darauf hat man den Verwundeten gelegt, an
dem kein Leben mehr gespürt wurde, als daß er bei der Ankunft in Ranzin
aufjappte und verschied.

Des unmündigen Knaben, meines Vaters, nächste Freunde, besonders
die zu Greifswald in der Stadt wohnten, machten alles zu Gelde und ver¬
kauften wieder das Haus, so daß sie im Ganzen über 2000 Gulden zusammen¬
brachten. Wenige Edelleute lassen in jetziger Zeit ihre Unterthanen zu einem
solchen Vermögen kommen! Sie hielten den Knaben aufs Beste, ließen ihn
Lesen, Schreiben und Rechnen lehren, und schickten ihn nach Antwerpen, auch
nach Amsterdam, damit er etwas von Kaufmannschaft lernte. Als er zur ge¬
bührenden Größe und nach Hause kam und das Seine in die Hand erhielt,
kaufte er die Ecke an der langen Gasse rechts gegenüber der Se. Nicolauskirche
und an der Hundstraße, zwei Häuser und zwei Buden in der Hundstraße.
Aus dem einen Haus hat er das Wohnhaus, aus dem andern das Brau¬
haus, und aus der Bude den Thorweg mit viel Arbeit und Unkosten gebaut.
Da nun seine Person den Leuten gefiel und man sah, daß er zur Nahrung
sich wohl anließ, haben meiner Mutter Vormund und nächste Verwandte ihm
diese ehelich versprochen.

Meine Mutter war die Tochter von Bartholomäus Smiterlow, welcher
Bruder des Herrn Bürgermeisters Nicolaus Smiterlow war, eine junge, gar
schöne Frau, klein, zart von Gliedern, freundlich, kurzweilig, ohne Hoffart,
reinlich, häuslich und bis in ihr letztes Stündlein gottesfürchtig und andächtig.
Anno 131i haben meine Eltern'Hochzeit gehalten, Anno 1313 gab ihnen der
liebe Gott einen Sohn, den sie nach meinem väterlichen Großvater Johannes
nennen ließen. Anno 1317 ist meine Schwester Anna, Herrn Peter FruboS,
Bürgermeisters zu Greifswald, nachgelassene Wittwe geboren — Anno 1320
bin ich zur Welt gekommen und nach meinem mütterlichen Großvater Bartho¬
lomäus genannt worden.

Von meinen fünf jüngern Geschwistern war meine Schwester Katharina
ein treffliches, schönes, freundliches, getreues und frommes Mädchen. Als
mein Bruder Johannes von Wittenberg, wo er studirte, nach Haus kam, be¬
gehrte sie von ihm zu lernen, wie man lateinisch sagen könnte: „das ist wahr¬
lich eine schöne Jungfrau." Er sagte: „prot'eoto torno8Ä xuslla." — Sie
fragte weiter, wie man denn lateinisch antworten könnte „so ziemlich!" Er:
„sie satis." Nach Verlauf etzlicher Zeit kamen drei Studenten von Witten¬
berg her, vornehmer Leute Kinder, nur um die Stadt zu besehen; die hatte
Christian Smiterlow an seinen Vater den Bürgermeister Herrn Nicolaus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/15>, abgerufen am 12.12.2024.