Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

halb Fuß Länge, und jedes zweite Jahr einen warmen Ueberwurf. "So oft
du aber einen neuen Leibrock oder Mantel gibst, nimm erst den alten zurück,
damit Lappen daraus bereitet werden mögen." Gute Holzschuhe sollen jedes
zweite Jahr gegeben werden. Alle diese Gegenstände kaufte man übrigens
damals am besten in Nom ein, während die meisten Wirlhschaftsgeräthe in
den Städten von Unteritalien besser waren, Oelpressen z. B. in Pompeji.

Man sieht, wie die Sparsamkeit in diesen Vorschriften bis an die äußerste
Grenze ausgedehnt ist, die man nicht überschreiten konnte, ohne den Ertrag
der Sklavenarbeit zu vermindern. In dem Raffinement, womit er aus seinen
Sklaven den möglichst hohen Gewinn zog, könnte Cato selbst westindischen
Plantagenbesitzern zum Muster dienen. Diese begünstigen in ihrem eignen
Interesse die Verbindung der beiden Geschlechter unter ihren Sklaven, da deren
Früchte ihr Vermögen vermehren, der alte sabinische Bauer, obwol er denselben
Vortheil zog, war klug genug, noch überdies den seinigen die Erlaubniß dazu
für eine festgesetzte Summe zu verkaufen! Feiertage, sagt Cato, haben Rinder,
Esel und Mäuler niemals; aber auch für die Sklaven waren die Feiertage
keine Erholungstage. Sie waren nur von den Arbeiten befreit, die die priester¬
lichen Satzungen verboten. Verboten war es, eine neue Arbeit anzufangen,
als einen Baum zu pflanzen oder auszulichten, eine Grube zu graben, Heu
zu hauen, zu binden und einzufahren, Wein zu lesen, geschorne Schafe mit
Fellen zu bekleiden. Erlaubt war dagegen die Fortführung und Bendigung
angefangener Arbeiten, man durfte z. B. Heu auf der Diele ausbreiten, nicht
neue Gräben ziehn, aber alte Gruben und Teiche vertiefen und reinigen. Fer¬
ner waren Arbeiten erlaubt, die der tägliche Bedarf erfordern konnte, als
Mehl stampfen, Fackeln spalten, Lichter ziehn; und solche, deren Unterlassung
einen wesentlichen Verlust herbeigeführt haben würde, als einen gepachteten
Oelgarten ablesen oder einen gepachteten Weinberg bestellen. Kranke Schafe
durfte man waschen, gesunde nicht. Außerdem war noch eine Anzahl von
Arbeite" erlaubt, bei denen es schwer zu sagen ist, aus welchen Spitzfindig¬
keiten das haarspaltende römische Sacralrecht die Gründe der Erlaubniß her¬
leitete. Man durfte einen Baum zum Pflanzen auf dem Rücken tragen oder
von einem Packesel tragen lassen, aber nicht von einem Gespann. Ferner durfte
man Berieselungen vornehmen, Vogelscheuchen verfertigen, Dornbusche anzün¬
den, Aepfel, Birnen und Feigen ausbreiten, Käse bereiten, Most einkochen,
Trauben und Oliven zum Einmachen lesen, und jede Gartenarbeit verrichten,
die zum Bau der Gemüse erforderlich war. Kurz es war für Arbeiten auch an
den Feiertagen in jeder Jahreszeit reichlich gesorgt. Die einzigen wirklich freien
Tage der Sklaven waren, wie eS scheint, das Fest der Wintersonnenwende,
die Saturnalien (am 19. December) und daS bald darauf folgende der Haus¬
götter am Kreuzweg. Am ersten Tage wurde auf jedem Hof ein Ferkel ge-


18*

halb Fuß Länge, und jedes zweite Jahr einen warmen Ueberwurf. „So oft
du aber einen neuen Leibrock oder Mantel gibst, nimm erst den alten zurück,
damit Lappen daraus bereitet werden mögen." Gute Holzschuhe sollen jedes
zweite Jahr gegeben werden. Alle diese Gegenstände kaufte man übrigens
damals am besten in Nom ein, während die meisten Wirlhschaftsgeräthe in
den Städten von Unteritalien besser waren, Oelpressen z. B. in Pompeji.

Man sieht, wie die Sparsamkeit in diesen Vorschriften bis an die äußerste
Grenze ausgedehnt ist, die man nicht überschreiten konnte, ohne den Ertrag
der Sklavenarbeit zu vermindern. In dem Raffinement, womit er aus seinen
Sklaven den möglichst hohen Gewinn zog, könnte Cato selbst westindischen
Plantagenbesitzern zum Muster dienen. Diese begünstigen in ihrem eignen
Interesse die Verbindung der beiden Geschlechter unter ihren Sklaven, da deren
Früchte ihr Vermögen vermehren, der alte sabinische Bauer, obwol er denselben
Vortheil zog, war klug genug, noch überdies den seinigen die Erlaubniß dazu
für eine festgesetzte Summe zu verkaufen! Feiertage, sagt Cato, haben Rinder,
Esel und Mäuler niemals; aber auch für die Sklaven waren die Feiertage
keine Erholungstage. Sie waren nur von den Arbeiten befreit, die die priester¬
lichen Satzungen verboten. Verboten war es, eine neue Arbeit anzufangen,
als einen Baum zu pflanzen oder auszulichten, eine Grube zu graben, Heu
zu hauen, zu binden und einzufahren, Wein zu lesen, geschorne Schafe mit
Fellen zu bekleiden. Erlaubt war dagegen die Fortführung und Bendigung
angefangener Arbeiten, man durfte z. B. Heu auf der Diele ausbreiten, nicht
neue Gräben ziehn, aber alte Gruben und Teiche vertiefen und reinigen. Fer¬
ner waren Arbeiten erlaubt, die der tägliche Bedarf erfordern konnte, als
Mehl stampfen, Fackeln spalten, Lichter ziehn; und solche, deren Unterlassung
einen wesentlichen Verlust herbeigeführt haben würde, als einen gepachteten
Oelgarten ablesen oder einen gepachteten Weinberg bestellen. Kranke Schafe
durfte man waschen, gesunde nicht. Außerdem war noch eine Anzahl von
Arbeite» erlaubt, bei denen es schwer zu sagen ist, aus welchen Spitzfindig¬
keiten das haarspaltende römische Sacralrecht die Gründe der Erlaubniß her¬
leitete. Man durfte einen Baum zum Pflanzen auf dem Rücken tragen oder
von einem Packesel tragen lassen, aber nicht von einem Gespann. Ferner durfte
man Berieselungen vornehmen, Vogelscheuchen verfertigen, Dornbusche anzün¬
den, Aepfel, Birnen und Feigen ausbreiten, Käse bereiten, Most einkochen,
Trauben und Oliven zum Einmachen lesen, und jede Gartenarbeit verrichten,
die zum Bau der Gemüse erforderlich war. Kurz es war für Arbeiten auch an
den Feiertagen in jeder Jahreszeit reichlich gesorgt. Die einzigen wirklich freien
Tage der Sklaven waren, wie eS scheint, das Fest der Wintersonnenwende,
die Saturnalien (am 19. December) und daS bald darauf folgende der Haus¬
götter am Kreuzweg. Am ersten Tage wurde auf jedem Hof ein Ferkel ge-


18*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0147" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104348"/>
            <p xml:id="ID_389" prev="#ID_388"> halb Fuß Länge, und jedes zweite Jahr einen warmen Ueberwurf. &#x201E;So oft<lb/>
du aber einen neuen Leibrock oder Mantel gibst, nimm erst den alten zurück,<lb/>
damit Lappen daraus bereitet werden mögen." Gute Holzschuhe sollen jedes<lb/>
zweite Jahr gegeben werden. Alle diese Gegenstände kaufte man übrigens<lb/>
damals am besten in Nom ein, während die meisten Wirlhschaftsgeräthe in<lb/>
den Städten von Unteritalien besser waren, Oelpressen z. B. in Pompeji.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_390" next="#ID_391"> Man sieht, wie die Sparsamkeit in diesen Vorschriften bis an die äußerste<lb/>
Grenze ausgedehnt ist, die man nicht überschreiten konnte, ohne den Ertrag<lb/>
der Sklavenarbeit zu vermindern. In dem Raffinement, womit er aus seinen<lb/>
Sklaven den möglichst hohen Gewinn zog, könnte Cato selbst westindischen<lb/>
Plantagenbesitzern zum Muster dienen. Diese begünstigen in ihrem eignen<lb/>
Interesse die Verbindung der beiden Geschlechter unter ihren Sklaven, da deren<lb/>
Früchte ihr Vermögen vermehren, der alte sabinische Bauer, obwol er denselben<lb/>
Vortheil zog, war klug genug, noch überdies den seinigen die Erlaubniß dazu<lb/>
für eine festgesetzte Summe zu verkaufen! Feiertage, sagt Cato, haben Rinder,<lb/>
Esel und Mäuler niemals; aber auch für die Sklaven waren die Feiertage<lb/>
keine Erholungstage. Sie waren nur von den Arbeiten befreit, die die priester¬<lb/>
lichen Satzungen verboten. Verboten war es, eine neue Arbeit anzufangen,<lb/>
als einen Baum zu pflanzen oder auszulichten, eine Grube zu graben, Heu<lb/>
zu hauen, zu binden und einzufahren, Wein zu lesen, geschorne Schafe mit<lb/>
Fellen zu bekleiden. Erlaubt war dagegen die Fortführung und Bendigung<lb/>
angefangener Arbeiten, man durfte z. B. Heu auf der Diele ausbreiten, nicht<lb/>
neue Gräben ziehn, aber alte Gruben und Teiche vertiefen und reinigen. Fer¬<lb/>
ner waren Arbeiten erlaubt, die der tägliche Bedarf erfordern konnte, als<lb/>
Mehl stampfen, Fackeln spalten, Lichter ziehn; und solche, deren Unterlassung<lb/>
einen wesentlichen Verlust herbeigeführt haben würde, als einen gepachteten<lb/>
Oelgarten ablesen oder einen gepachteten Weinberg bestellen. Kranke Schafe<lb/>
durfte man waschen, gesunde nicht. Außerdem war noch eine Anzahl von<lb/>
Arbeite» erlaubt, bei denen es schwer zu sagen ist, aus welchen Spitzfindig¬<lb/>
keiten das haarspaltende römische Sacralrecht die Gründe der Erlaubniß her¬<lb/>
leitete. Man durfte einen Baum zum Pflanzen auf dem Rücken tragen oder<lb/>
von einem Packesel tragen lassen, aber nicht von einem Gespann. Ferner durfte<lb/>
man Berieselungen vornehmen, Vogelscheuchen verfertigen, Dornbusche anzün¬<lb/>
den, Aepfel, Birnen und Feigen ausbreiten, Käse bereiten, Most einkochen,<lb/>
Trauben und Oliven zum Einmachen lesen, und jede Gartenarbeit verrichten,<lb/>
die zum Bau der Gemüse erforderlich war. Kurz es war für Arbeiten auch an<lb/>
den Feiertagen in jeder Jahreszeit reichlich gesorgt. Die einzigen wirklich freien<lb/>
Tage der Sklaven waren, wie eS scheint, das Fest der Wintersonnenwende,<lb/>
die Saturnalien (am 19. December) und daS bald darauf folgende der Haus¬<lb/>
götter am Kreuzweg.  Am ersten Tage wurde auf jedem Hof ein Ferkel ge-</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 18*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0147] halb Fuß Länge, und jedes zweite Jahr einen warmen Ueberwurf. „So oft du aber einen neuen Leibrock oder Mantel gibst, nimm erst den alten zurück, damit Lappen daraus bereitet werden mögen." Gute Holzschuhe sollen jedes zweite Jahr gegeben werden. Alle diese Gegenstände kaufte man übrigens damals am besten in Nom ein, während die meisten Wirlhschaftsgeräthe in den Städten von Unteritalien besser waren, Oelpressen z. B. in Pompeji. Man sieht, wie die Sparsamkeit in diesen Vorschriften bis an die äußerste Grenze ausgedehnt ist, die man nicht überschreiten konnte, ohne den Ertrag der Sklavenarbeit zu vermindern. In dem Raffinement, womit er aus seinen Sklaven den möglichst hohen Gewinn zog, könnte Cato selbst westindischen Plantagenbesitzern zum Muster dienen. Diese begünstigen in ihrem eignen Interesse die Verbindung der beiden Geschlechter unter ihren Sklaven, da deren Früchte ihr Vermögen vermehren, der alte sabinische Bauer, obwol er denselben Vortheil zog, war klug genug, noch überdies den seinigen die Erlaubniß dazu für eine festgesetzte Summe zu verkaufen! Feiertage, sagt Cato, haben Rinder, Esel und Mäuler niemals; aber auch für die Sklaven waren die Feiertage keine Erholungstage. Sie waren nur von den Arbeiten befreit, die die priester¬ lichen Satzungen verboten. Verboten war es, eine neue Arbeit anzufangen, als einen Baum zu pflanzen oder auszulichten, eine Grube zu graben, Heu zu hauen, zu binden und einzufahren, Wein zu lesen, geschorne Schafe mit Fellen zu bekleiden. Erlaubt war dagegen die Fortführung und Bendigung angefangener Arbeiten, man durfte z. B. Heu auf der Diele ausbreiten, nicht neue Gräben ziehn, aber alte Gruben und Teiche vertiefen und reinigen. Fer¬ ner waren Arbeiten erlaubt, die der tägliche Bedarf erfordern konnte, als Mehl stampfen, Fackeln spalten, Lichter ziehn; und solche, deren Unterlassung einen wesentlichen Verlust herbeigeführt haben würde, als einen gepachteten Oelgarten ablesen oder einen gepachteten Weinberg bestellen. Kranke Schafe durfte man waschen, gesunde nicht. Außerdem war noch eine Anzahl von Arbeite» erlaubt, bei denen es schwer zu sagen ist, aus welchen Spitzfindig¬ keiten das haarspaltende römische Sacralrecht die Gründe der Erlaubniß her¬ leitete. Man durfte einen Baum zum Pflanzen auf dem Rücken tragen oder von einem Packesel tragen lassen, aber nicht von einem Gespann. Ferner durfte man Berieselungen vornehmen, Vogelscheuchen verfertigen, Dornbusche anzün¬ den, Aepfel, Birnen und Feigen ausbreiten, Käse bereiten, Most einkochen, Trauben und Oliven zum Einmachen lesen, und jede Gartenarbeit verrichten, die zum Bau der Gemüse erforderlich war. Kurz es war für Arbeiten auch an den Feiertagen in jeder Jahreszeit reichlich gesorgt. Die einzigen wirklich freien Tage der Sklaven waren, wie eS scheint, das Fest der Wintersonnenwende, die Saturnalien (am 19. December) und daS bald darauf folgende der Haus¬ götter am Kreuzweg. Am ersten Tage wurde auf jedem Hof ein Ferkel ge- 18*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/147
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/147>, abgerufen am 03.07.2024.