Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

durch den allgemein größern Handelsverkehr nicht unbeträchtliche Vortheile aus
keiner Rivalin. Es ist eben Hamburgs wie eines jeden Handelsstaates
eigenster Vortheil, wohlhabende und thätige Nachbarn zu besitzen, und in wei¬
ten, weiten Kreisen um Hamburg kann keine Eisenbahn gebaut, kein neuer
Verkehr erobert werden, ohne daß einzelne dadurch vielleicht erwachsende Nach¬
theile durch anderweitige Vortheile wieder mehr als reichlich ersetzt werden.
So wird es denn auch für alle Theile ein Gewinn sein, sobald die jetzt be¬
schlossene neue Ueberbrückung der Elbe nach Harburg und die daran sich schlie¬
ßen sollenden Eisenbahnen nach Curhaven und Bremerhaven ins Werk gesetzt
sein werden. An der Hamburger Börse erscheint der harburger Kaufmann, wie
gesagt, nur ziemlich selten, sicher mehr zu seinem eigenen als zu Hamburgs
Nachtheil.




Preußens Marine und das Project eines preußischen
Kriegshafen auf Rügen.

Eine große Marine verlangt vor allen Dingen eine bedeutende Anzahl
von Seeleuten und diese ist ohne eine mächtige Entwicklung des maritimen
Handels, namentlich der Rederei, nirgends denkbar, wenn man nicht etwa
ein russisches Verfahren einschlagen und aus Bauern Matrosen für den Kriegs¬
dienst erziehen will.

Ihrem jetzigen Bestand nach ist die preußische Kriegsmarine wenig mehr
als ein Spielzeug. Sie ist ohne alle militärisch politische Bedeutung, weil
sich kein Krieg denken läßt, in welchem sie auch nur den geringsten Einfluß
auf den Gang der Dinge auszuüben vermöchte. Bei einem etwaigen Conflict
zwischen Preußen und Nußland oder Frankreich versteht es sich von selbst, daß
es nur der Absendung einer einzigen schwachen Flottendivision, aus Kronstäbe
oder Brest bedürfen würde, um die preußische Flagge vom baltischen Meere
verschwinden zu machen, und sie selber von den mit der See zusammenhän¬
genden Binnengewässern (den Haffs) zu vertreiben, wenn nicht der Zugang
zu denselben durch Befestigungen gesperrt wäre. Was für Frankreich und
Nußland gilt, findet um so mehr Anwendung auf England, von dem wir
gern hoffen möchten, daß es nie zwischen ihm und Preußen zum Bruch kommen
wird. Es gilt aber auch von Schweden und Dänemark, denn letzterer Staat,
der schwächere von beiden, ist mit seiner Kriegsflotte der jetzigen! preußischen
doch mindestens noch um das Fünffache überlegen. In Hinsicht auf einen


durch den allgemein größern Handelsverkehr nicht unbeträchtliche Vortheile aus
keiner Rivalin. Es ist eben Hamburgs wie eines jeden Handelsstaates
eigenster Vortheil, wohlhabende und thätige Nachbarn zu besitzen, und in wei¬
ten, weiten Kreisen um Hamburg kann keine Eisenbahn gebaut, kein neuer
Verkehr erobert werden, ohne daß einzelne dadurch vielleicht erwachsende Nach¬
theile durch anderweitige Vortheile wieder mehr als reichlich ersetzt werden.
So wird es denn auch für alle Theile ein Gewinn sein, sobald die jetzt be¬
schlossene neue Ueberbrückung der Elbe nach Harburg und die daran sich schlie¬
ßen sollenden Eisenbahnen nach Curhaven und Bremerhaven ins Werk gesetzt
sein werden. An der Hamburger Börse erscheint der harburger Kaufmann, wie
gesagt, nur ziemlich selten, sicher mehr zu seinem eigenen als zu Hamburgs
Nachtheil.




Preußens Marine und das Project eines preußischen
Kriegshafen auf Rügen.

Eine große Marine verlangt vor allen Dingen eine bedeutende Anzahl
von Seeleuten und diese ist ohne eine mächtige Entwicklung des maritimen
Handels, namentlich der Rederei, nirgends denkbar, wenn man nicht etwa
ein russisches Verfahren einschlagen und aus Bauern Matrosen für den Kriegs¬
dienst erziehen will.

Ihrem jetzigen Bestand nach ist die preußische Kriegsmarine wenig mehr
als ein Spielzeug. Sie ist ohne alle militärisch politische Bedeutung, weil
sich kein Krieg denken läßt, in welchem sie auch nur den geringsten Einfluß
auf den Gang der Dinge auszuüben vermöchte. Bei einem etwaigen Conflict
zwischen Preußen und Nußland oder Frankreich versteht es sich von selbst, daß
es nur der Absendung einer einzigen schwachen Flottendivision, aus Kronstäbe
oder Brest bedürfen würde, um die preußische Flagge vom baltischen Meere
verschwinden zu machen, und sie selber von den mit der See zusammenhän¬
genden Binnengewässern (den Haffs) zu vertreiben, wenn nicht der Zugang
zu denselben durch Befestigungen gesperrt wäre. Was für Frankreich und
Nußland gilt, findet um so mehr Anwendung auf England, von dem wir
gern hoffen möchten, daß es nie zwischen ihm und Preußen zum Bruch kommen
wird. Es gilt aber auch von Schweden und Dänemark, denn letzterer Staat,
der schwächere von beiden, ist mit seiner Kriegsflotte der jetzigen! preußischen
doch mindestens noch um das Fünffache überlegen. In Hinsicht auf einen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103763"/>
            <p xml:id="ID_286" prev="#ID_285"> durch den allgemein größern Handelsverkehr nicht unbeträchtliche Vortheile aus<lb/>
keiner Rivalin. Es ist eben Hamburgs wie eines jeden Handelsstaates<lb/>
eigenster Vortheil, wohlhabende und thätige Nachbarn zu besitzen, und in wei¬<lb/>
ten, weiten Kreisen um Hamburg kann keine Eisenbahn gebaut, kein neuer<lb/>
Verkehr erobert werden, ohne daß einzelne dadurch vielleicht erwachsende Nach¬<lb/>
theile durch anderweitige Vortheile wieder mehr als reichlich ersetzt werden.<lb/>
So wird es denn auch für alle Theile ein Gewinn sein, sobald die jetzt be¬<lb/>
schlossene neue Ueberbrückung der Elbe nach Harburg und die daran sich schlie¬<lb/>
ßen sollenden Eisenbahnen nach Curhaven und Bremerhaven ins Werk gesetzt<lb/>
sein werden. An der Hamburger Börse erscheint der harburger Kaufmann, wie<lb/>
gesagt, nur ziemlich selten, sicher mehr zu seinem eigenen als zu Hamburgs<lb/>
Nachtheil.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Preußens Marine und das Project eines preußischen<lb/>
Kriegshafen auf Rügen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_287"> Eine große Marine verlangt vor allen Dingen eine bedeutende Anzahl<lb/>
von Seeleuten und diese ist ohne eine mächtige Entwicklung des maritimen<lb/>
Handels, namentlich der Rederei, nirgends denkbar, wenn man nicht etwa<lb/>
ein russisches Verfahren einschlagen und aus Bauern Matrosen für den Kriegs¬<lb/>
dienst erziehen will.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_288" next="#ID_289"> Ihrem jetzigen Bestand nach ist die preußische Kriegsmarine wenig mehr<lb/>
als ein Spielzeug. Sie ist ohne alle militärisch politische Bedeutung, weil<lb/>
sich kein Krieg denken läßt, in welchem sie auch nur den geringsten Einfluß<lb/>
auf den Gang der Dinge auszuüben vermöchte. Bei einem etwaigen Conflict<lb/>
zwischen Preußen und Nußland oder Frankreich versteht es sich von selbst, daß<lb/>
es nur der Absendung einer einzigen schwachen Flottendivision, aus Kronstäbe<lb/>
oder Brest bedürfen würde, um die preußische Flagge vom baltischen Meere<lb/>
verschwinden zu machen, und sie selber von den mit der See zusammenhän¬<lb/>
genden Binnengewässern (den Haffs) zu vertreiben, wenn nicht der Zugang<lb/>
zu denselben durch Befestigungen gesperrt wäre. Was für Frankreich und<lb/>
Nußland gilt, findet um so mehr Anwendung auf England, von dem wir<lb/>
gern hoffen möchten, daß es nie zwischen ihm und Preußen zum Bruch kommen<lb/>
wird. Es gilt aber auch von Schweden und Dänemark, denn letzterer Staat,<lb/>
der schwächere von beiden, ist mit seiner Kriegsflotte der jetzigen! preußischen<lb/>
doch mindestens noch um das Fünffache überlegen.  In Hinsicht auf einen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0096] durch den allgemein größern Handelsverkehr nicht unbeträchtliche Vortheile aus keiner Rivalin. Es ist eben Hamburgs wie eines jeden Handelsstaates eigenster Vortheil, wohlhabende und thätige Nachbarn zu besitzen, und in wei¬ ten, weiten Kreisen um Hamburg kann keine Eisenbahn gebaut, kein neuer Verkehr erobert werden, ohne daß einzelne dadurch vielleicht erwachsende Nach¬ theile durch anderweitige Vortheile wieder mehr als reichlich ersetzt werden. So wird es denn auch für alle Theile ein Gewinn sein, sobald die jetzt be¬ schlossene neue Ueberbrückung der Elbe nach Harburg und die daran sich schlie¬ ßen sollenden Eisenbahnen nach Curhaven und Bremerhaven ins Werk gesetzt sein werden. An der Hamburger Börse erscheint der harburger Kaufmann, wie gesagt, nur ziemlich selten, sicher mehr zu seinem eigenen als zu Hamburgs Nachtheil. Preußens Marine und das Project eines preußischen Kriegshafen auf Rügen. Eine große Marine verlangt vor allen Dingen eine bedeutende Anzahl von Seeleuten und diese ist ohne eine mächtige Entwicklung des maritimen Handels, namentlich der Rederei, nirgends denkbar, wenn man nicht etwa ein russisches Verfahren einschlagen und aus Bauern Matrosen für den Kriegs¬ dienst erziehen will. Ihrem jetzigen Bestand nach ist die preußische Kriegsmarine wenig mehr als ein Spielzeug. Sie ist ohne alle militärisch politische Bedeutung, weil sich kein Krieg denken läßt, in welchem sie auch nur den geringsten Einfluß auf den Gang der Dinge auszuüben vermöchte. Bei einem etwaigen Conflict zwischen Preußen und Nußland oder Frankreich versteht es sich von selbst, daß es nur der Absendung einer einzigen schwachen Flottendivision, aus Kronstäbe oder Brest bedürfen würde, um die preußische Flagge vom baltischen Meere verschwinden zu machen, und sie selber von den mit der See zusammenhän¬ genden Binnengewässern (den Haffs) zu vertreiben, wenn nicht der Zugang zu denselben durch Befestigungen gesperrt wäre. Was für Frankreich und Nußland gilt, findet um so mehr Anwendung auf England, von dem wir gern hoffen möchten, daß es nie zwischen ihm und Preußen zum Bruch kommen wird. Es gilt aber auch von Schweden und Dänemark, denn letzterer Staat, der schwächere von beiden, ist mit seiner Kriegsflotte der jetzigen! preußischen doch mindestens noch um das Fünffache überlegen. In Hinsicht auf einen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/96
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/96>, abgerufen am 28.07.2024.