Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.verhältnißmäßig geringer Lebhaftigkeit. Unter dem Scepter des französischen verhältnißmäßig geringer Lebhaftigkeit. Unter dem Scepter des französischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103762"/> <p xml:id="ID_285" prev="#ID_284" next="#ID_286"> verhältnißmäßig geringer Lebhaftigkeit. Unter dem Scepter des französischen<lb/> Kaisers stand die „gute Stadt Hamburg" mit der westphälischen Stadt Har¬<lb/> burg durch eine kunstvolle hölzerne Brücke in stets ununterbrochener Verbin¬<lb/> dung; der engherzigste gegenseitige Neid ließ Hamburg und Harburg gleich eifrig<lb/> diese Brücke unmittelbar nach der Franzosenzeit wieder abbrechen. Hamburg<lb/> entwickelte sich rasch wieder, wahrend Harburg nur ein Speditionsplatz für<lb/> dessen Handel wurde. Seit Hannover dem Zollverein angehört, sind auch<lb/> Harburgö Ansprüche gestiegen. Es hat große Fabrik- und Hafenanlagen er¬<lb/> halten, und hat nicht übel Lust, Hamburg bei lebendigem Leibe zu beerben.<lb/> Von der hannoverschen Regierung durch die Befreiung aller direct von der<lb/> See anlangenden Schiffe vom Sta verzoll begünstigt, ist natürlich auch sein<lb/> Schiffahrtsverkehr bedeutend gestiegen, freilich ohne daß Hamburg darunter ge¬<lb/> litten hat. So glücklich ist die commercielle Lage hier an der Unterelbe, daß<lb/> sie drei im Wetteifer begriffene kräftige Handelsstädte zu ernähren vermag, und<lb/> das trotz der Summe von politischen Verkehrtheiten, die hier aufgehäuft sind.<lb/> Hamburg ist der einzige Staat, dem die Kosten und die Sorge für die Auf¬<lb/> rechthaltung der Schiffahrt bis in die See hinaus obliegt, während Holstein<lb/> und Hannover trotz ihres größern Umfangs und trotz der Theilnahme an allen<lb/> Vortheilen der Schiffahrt auch nicht das mindeste dazu beitragen, Hannover<lb/> sogar ohne die mindeste Gegenleistung von allen seewärts rückkehrenden Schiffen<lb/> den drückenden Staderzoll, erhebt, ein Umstand, der die Begünstigung Har-<lb/> burgs zum Nachtheil Hamburgs noch wunderbarer erscheinen läßt. Allerdings ist<lb/> auch Hamburger Bürgergut in Hamburger Schiffen vom Staderzoll frei, aber<lb/> Hannover hat diese Gunst so ziemlich wieder weginterpretirt. Hamburger Bürger<lb/> ist nach hannoverschen Staatsrecht nur der, wer seinen häuslichen Herd, nicht<lb/> blos sein Comptoir in der Stadt selbst hat, also nicht in der Vorstadt, nicht auf<lb/> einem der zahlreichen Landhäuser vor der Stadt, und Hamburger Schiff ist das<lb/> nicht, dessen Capitän nicht gleichfalls innerhalb Hamburgs seinen Wohnsitz<lb/> hat, obgleich der Wortlaut der Verträge auch die in Se. Pauli wohnenden<lb/> Capitäne anerkennt. Hoffentlich wird die nun feststehende Aufhebung des Sund-<lb/> Zolls auch diesem unleidlichen Zustande ein baldiges Ende bereiten, und hoffent¬<lb/> lich wird auch der kleine Krieg auf der Elbe zwischen Hamburg und Harburg<lb/> aufhören, dessen nicht undeutliche Absicht von Seiten Hannovers ein Ablenken<lb/> des Fahrstroms von der hamburgischen Vorderelbe nach der hannoverschen Sü-<lb/> derelbe ist, dessen Resultat aber nur sein kann, das Fahrwasser auf der Elbe<lb/> überhaupt auf das Trockne zu legen. Harburgs heranwachsende Größe wird<lb/> auch ohne besondere Begünstigungen und wahrscheinlich durch einen meinem<lb/> Verkehr mit Hamburg uoch mehr im Steigen begriffen bleiben, und Hamburg<lb/> zieht schon jetzt aus Harburg durch Wechsel, durch Assecuranzen, durch Com-<lb/> pletirung der meist in Harburg nicht voll zu befrachtenden Schiffe, überhaupt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
verhältnißmäßig geringer Lebhaftigkeit. Unter dem Scepter des französischen
Kaisers stand die „gute Stadt Hamburg" mit der westphälischen Stadt Har¬
burg durch eine kunstvolle hölzerne Brücke in stets ununterbrochener Verbin¬
dung; der engherzigste gegenseitige Neid ließ Hamburg und Harburg gleich eifrig
diese Brücke unmittelbar nach der Franzosenzeit wieder abbrechen. Hamburg
entwickelte sich rasch wieder, wahrend Harburg nur ein Speditionsplatz für
dessen Handel wurde. Seit Hannover dem Zollverein angehört, sind auch
Harburgö Ansprüche gestiegen. Es hat große Fabrik- und Hafenanlagen er¬
halten, und hat nicht übel Lust, Hamburg bei lebendigem Leibe zu beerben.
Von der hannoverschen Regierung durch die Befreiung aller direct von der
See anlangenden Schiffe vom Sta verzoll begünstigt, ist natürlich auch sein
Schiffahrtsverkehr bedeutend gestiegen, freilich ohne daß Hamburg darunter ge¬
litten hat. So glücklich ist die commercielle Lage hier an der Unterelbe, daß
sie drei im Wetteifer begriffene kräftige Handelsstädte zu ernähren vermag, und
das trotz der Summe von politischen Verkehrtheiten, die hier aufgehäuft sind.
Hamburg ist der einzige Staat, dem die Kosten und die Sorge für die Auf¬
rechthaltung der Schiffahrt bis in die See hinaus obliegt, während Holstein
und Hannover trotz ihres größern Umfangs und trotz der Theilnahme an allen
Vortheilen der Schiffahrt auch nicht das mindeste dazu beitragen, Hannover
sogar ohne die mindeste Gegenleistung von allen seewärts rückkehrenden Schiffen
den drückenden Staderzoll, erhebt, ein Umstand, der die Begünstigung Har-
burgs zum Nachtheil Hamburgs noch wunderbarer erscheinen läßt. Allerdings ist
auch Hamburger Bürgergut in Hamburger Schiffen vom Staderzoll frei, aber
Hannover hat diese Gunst so ziemlich wieder weginterpretirt. Hamburger Bürger
ist nach hannoverschen Staatsrecht nur der, wer seinen häuslichen Herd, nicht
blos sein Comptoir in der Stadt selbst hat, also nicht in der Vorstadt, nicht auf
einem der zahlreichen Landhäuser vor der Stadt, und Hamburger Schiff ist das
nicht, dessen Capitän nicht gleichfalls innerhalb Hamburgs seinen Wohnsitz
hat, obgleich der Wortlaut der Verträge auch die in Se. Pauli wohnenden
Capitäne anerkennt. Hoffentlich wird die nun feststehende Aufhebung des Sund-
Zolls auch diesem unleidlichen Zustande ein baldiges Ende bereiten, und hoffent¬
lich wird auch der kleine Krieg auf der Elbe zwischen Hamburg und Harburg
aufhören, dessen nicht undeutliche Absicht von Seiten Hannovers ein Ablenken
des Fahrstroms von der hamburgischen Vorderelbe nach der hannoverschen Sü-
derelbe ist, dessen Resultat aber nur sein kann, das Fahrwasser auf der Elbe
überhaupt auf das Trockne zu legen. Harburgs heranwachsende Größe wird
auch ohne besondere Begünstigungen und wahrscheinlich durch einen meinem
Verkehr mit Hamburg uoch mehr im Steigen begriffen bleiben, und Hamburg
zieht schon jetzt aus Harburg durch Wechsel, durch Assecuranzen, durch Com-
pletirung der meist in Harburg nicht voll zu befrachtenden Schiffe, überhaupt
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