Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.kommen ungegründete Besorgnis), als er, von seiner kurzen Anwesenheit an der Auch das Börsengebäude selbst macht nicht grade einen börsenhasten Die innere Börse nun gar sieht durchaus nicht so unkirchlich aus. Ein kommen ungegründete Besorgnis), als er, von seiner kurzen Anwesenheit an der Auch das Börsengebäude selbst macht nicht grade einen börsenhasten Die innere Börse nun gar sieht durchaus nicht so unkirchlich aus. Ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103757"/> <p xml:id="ID_274" prev="#ID_273"> kommen ungegründete Besorgnis), als er, von seiner kurzen Anwesenheit an der<lb/> Börse eine Stockung des Geschäfts befürchtend, selbstverleugnend die heiligen<lb/> Hallen nicht betrat. Der arme Mann ist drei Tage in Hamburg gewesen<lb/> und — war nicht an der Börse. Wieder ein Beweis französischen Leichtsinns!</p><lb/> <p xml:id="ID_275"> Auch das Börsengebäude selbst macht nicht grade einen börsenhasten<lb/> Eindruck. Es ist nicht schön und nicht häßlich; aber der Unkundige sollte schwer<lb/> errathen, weshalb dies Gebäude nur eine Börse und nicht etwa ein Tempel<lb/> ist. In ältern Zeiten war hier auch wirklich zum Theil geheiligter Boden;<lb/> es stand da ein Marien - Magdalenenkloster für altgewordene Jungfrauen, die<lb/> zwar kein antieheliches Gelübde abzulegen hatten, aber dennoch meist in jung¬<lb/> fräulichen Ehren starben; es stand daselbst auch das jetzt nach dem „Walle"<lb/> renovirte äußerst schmucklose Denkmal des Schauenburger Adolf, einst ham-<lb/> burgischen Landesvaters, der als solcher Hamburg mit großen Rechten und<lb/> noch größerem Landbesitz begnadigt hat. Im großen Brande 18i2 blieb das<lb/> erst wenige Jahre vorher vollendete Gebäude inmitten der Flammen stehen<lb/> durch die vereinte Entschlossenheit einiger Bürge» , die daselbst zurückgeblieben<lb/> waren. Die Fama erzählt gar wunderbare Dinge über den Löschapparat, dessen<lb/> sie sich rechtzeitig bedienten. So stand denn das Haus nicht blos in der<lb/> Mitte der Stadt, wie allein ursprünglich beabsichtigt war, sondern auch mitten<lb/> unter den Trümmern einiger tausend Häuser, leider als schlechter Text für<lb/> eine Predigt, die im großen Brande den Mammonsdienst der Hamburger ge¬<lb/> züchtigt sehen wollte. Und wie auch sonst, unter gewaltigen Erschütterungen die<lb/> sest gebliebene Kraft die Trümmer der Gesellschaft um sich vereint, so ward<lb/> auch , das Börsengebäude der Mittelpunkt des Neubaus, nach dem hin alle neue<lb/> Straßen angelegt wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_276" next="#ID_277"> Die innere Börse nun gar sieht durchaus nicht so unkirchlich aus. Ein<lb/> hohes, freundliches, von oben erhelltes Gewölbe, von Pseilerreihen an den<lb/> Seiten gestützt, erregt es, wenn grade leer und zumal Abends beim Schein<lb/> der spärlichen Gaslampen, weit weniger geschäftliche als angenehm beschauliche<lb/> Gefühle. Man darf freilich gewisse Erscheinungen nicht allzunah betrachten,<lb/> so namentlich nicht die meisten der Pfeiler in einer gewissen Höhe, wo es aus¬<lb/> sieht, als ob da dichter Schmuz angehäuft läge, und doch ists nichts, als<lb/> das andauernde Product der abreibenden Thätigkeit so vieler und so oft mit<lb/> Energie an die Pfeiler gelehrter Rücken. Nur einige neuerdings mit Mar¬<lb/> mor belegte Pfeiler machen davon eine rühmliche Ausnahme, doch, wie man<lb/> behauptet, zur geringen Erbauung der sehr kalt davon , berührten Rücken. Hin¬<lb/> ter der zweiten Pfeilerreihe ist eine Anzahl kleiner Boutiken oder Mmmerchen,<lb/> die Börsencomptoire von besonders beschäftigten Mäklern oder Kaufleuten, ihnen<lb/> natürlich nur gegen baares Geld zum zeitweiligen Gebrauche überlassen. Ober¬<lb/> halb der Galerie nach vorn zu befindet sich ein großes Zifferblatt, dessen von<lb/> ^</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
kommen ungegründete Besorgnis), als er, von seiner kurzen Anwesenheit an der
Börse eine Stockung des Geschäfts befürchtend, selbstverleugnend die heiligen
Hallen nicht betrat. Der arme Mann ist drei Tage in Hamburg gewesen
und — war nicht an der Börse. Wieder ein Beweis französischen Leichtsinns!
Auch das Börsengebäude selbst macht nicht grade einen börsenhasten
Eindruck. Es ist nicht schön und nicht häßlich; aber der Unkundige sollte schwer
errathen, weshalb dies Gebäude nur eine Börse und nicht etwa ein Tempel
ist. In ältern Zeiten war hier auch wirklich zum Theil geheiligter Boden;
es stand da ein Marien - Magdalenenkloster für altgewordene Jungfrauen, die
zwar kein antieheliches Gelübde abzulegen hatten, aber dennoch meist in jung¬
fräulichen Ehren starben; es stand daselbst auch das jetzt nach dem „Walle"
renovirte äußerst schmucklose Denkmal des Schauenburger Adolf, einst ham-
burgischen Landesvaters, der als solcher Hamburg mit großen Rechten und
noch größerem Landbesitz begnadigt hat. Im großen Brande 18i2 blieb das
erst wenige Jahre vorher vollendete Gebäude inmitten der Flammen stehen
durch die vereinte Entschlossenheit einiger Bürge» , die daselbst zurückgeblieben
waren. Die Fama erzählt gar wunderbare Dinge über den Löschapparat, dessen
sie sich rechtzeitig bedienten. So stand denn das Haus nicht blos in der
Mitte der Stadt, wie allein ursprünglich beabsichtigt war, sondern auch mitten
unter den Trümmern einiger tausend Häuser, leider als schlechter Text für
eine Predigt, die im großen Brande den Mammonsdienst der Hamburger ge¬
züchtigt sehen wollte. Und wie auch sonst, unter gewaltigen Erschütterungen die
sest gebliebene Kraft die Trümmer der Gesellschaft um sich vereint, so ward
auch , das Börsengebäude der Mittelpunkt des Neubaus, nach dem hin alle neue
Straßen angelegt wurden.
Die innere Börse nun gar sieht durchaus nicht so unkirchlich aus. Ein
hohes, freundliches, von oben erhelltes Gewölbe, von Pseilerreihen an den
Seiten gestützt, erregt es, wenn grade leer und zumal Abends beim Schein
der spärlichen Gaslampen, weit weniger geschäftliche als angenehm beschauliche
Gefühle. Man darf freilich gewisse Erscheinungen nicht allzunah betrachten,
so namentlich nicht die meisten der Pfeiler in einer gewissen Höhe, wo es aus¬
sieht, als ob da dichter Schmuz angehäuft läge, und doch ists nichts, als
das andauernde Product der abreibenden Thätigkeit so vieler und so oft mit
Energie an die Pfeiler gelehrter Rücken. Nur einige neuerdings mit Mar¬
mor belegte Pfeiler machen davon eine rühmliche Ausnahme, doch, wie man
behauptet, zur geringen Erbauung der sehr kalt davon , berührten Rücken. Hin¬
ter der zweiten Pfeilerreihe ist eine Anzahl kleiner Boutiken oder Mmmerchen,
die Börsencomptoire von besonders beschäftigten Mäklern oder Kaufleuten, ihnen
natürlich nur gegen baares Geld zum zeitweiligen Gebrauche überlassen. Ober¬
halb der Galerie nach vorn zu befindet sich ein großes Zifferblatt, dessen von
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