Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.sodann:
KüMM"
endlich:
Das verstandesmäßig berechnete Spiel, zu welchem Calderon anleitet, welches Zu den Formen der calderonschen Schauspiele haben wir auch die Ein¬ Wesentlicher zeigt sich diese Eigenschaft nachgeahmt in der ausgeführten sodann:
KüMM«
endlich:
Das verstandesmäßig berechnete Spiel, zu welchem Calderon anleitet, welches Zu den Formen der calderonschen Schauspiele haben wir auch die Ein¬ Wesentlicher zeigt sich diese Eigenschaft nachgeahmt in der ausgeführten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0494" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104161"/> <p xml:id="ID_1397" prev="#ID_1396" next="#ID_1398"> sodann:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_43" type="poem"> <l> Der. und wenn Du staunend zauderst,<lb/> Der, und wenn Du fürchtend zweifelst.'</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1398" prev="#ID_1397" next="#ID_1399"> KüMM«</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_44" type="poem"> <l> Glänzend wie der Sommer Sonnen,<lb/> Tief wie Aare Sternennächte. —</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1399" prev="#ID_1398" next="#ID_1400"> endlich:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_45" type="poem"> <l> Hier sah ich nur die Nacht in Nacht versinken,<lb/> Und sehe nun des Bruders Augen blinken;<lb/> An diesem schweigsam klangberaubten Orte<lb/> Vernehm ich nun die Trost- und Liebesworte.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1400" prev="#ID_1399"> Das verstandesmäßig berechnete Spiel, zu welchem Calderon anleitet, welches<lb/> nicht Natur, sondern — wie Goethe in dem unter 19) angezogenen Aufsatz<lb/> sagt — „breterhaft" ist, hat unser Dichter in der eben ausgeschriebenen Stelle,<lb/> wo Eginhard bei- der ersten Zeile zu den Füßen der Geliebten kniet und bei<lb/> der nächsten in deren Arme sich wirft, nachgebildet; denn ein gleich geschraubtes<lb/> Gebahren bei wahrer Gefühlserregung hat Goethe in keinem seiner andern<lb/> Bühnenwerke vorgeschrieben. Es ist dies, obwol hier nur auf einer niedrigen<lb/> Stufe wahrnehmbar, ein Beispiel der Vereinigung höchster Cultur mit der<lb/> Poesie, welche ihm bei Calderon nach dem unter 24) aufgeführten Briefe<lb/> imponirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1401"> Zu den Formen der calderonschen Schauspiele haben wir auch die Ein¬<lb/> führung ungewöhnlicher Scenerie zu rechnen; denn jene waren für die glän¬<lb/> zende Bühne am Hofe Philipps IV. bestimmt und hier gehörte die Pracht der<lb/> Aufführung zu den Erfordernissen derselben. Daher ist eS auch wol zu be¬<lb/> achten, daß Goethe, während er in den Dramen aus seiner mittleren, männ¬<lb/> lichen Periode, der das Fragment entsprang, insofern dieselben nicht Opern<lb/> oder Festspiele waren, die Scenerie ziemlich einfach ließ, für die Tragödie des<lb/> Fragments sehr ängstlich die Decoration angab, zum Theil eine so ver¬<lb/> wickelte, daß er die Beschreibung für unzulänglich und eine Zeichnung für<lb/> nöthig hielt. In vorzüglich bemerkenswerther Weise ruft aber auch die Decoration<lb/> des ersten und zweiten Auszugs mit ihrem Gemisch von felsigen Höhlen und<lb/> künstlich hergerichteten Wohnungsräumen, unwillkürlich die Decoration aus<lb/> dem ersten und dritten Tagewerke von „Das Leben ein Traum" ins Gedächt¬<lb/> niß. — ES zählt, wenn auch in Nebensächlichem, dieses decorative Element<lb/> mit zu dem „Technischen und Theatralischen", worin Goethe im ersten Citate<lb/> unter 21) Calderon als „groß" bewundert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1402" next="#ID_1403"> Wesentlicher zeigt sich diese Eigenschaft nachgeahmt in der ausgeführten<lb/> Stelle zur dritten Scene des ersten Auszugs der Tragödie, wo die Tochter<lb/> vor lauter Freude über die vermeintliche, wie es scheint, sehr jäh erträumte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0494]
sodann:
Der. und wenn Du staunend zauderst,
Der, und wenn Du fürchtend zweifelst.'
KüMM«
Glänzend wie der Sommer Sonnen,
Tief wie Aare Sternennächte. —
endlich:
Hier sah ich nur die Nacht in Nacht versinken,
Und sehe nun des Bruders Augen blinken;
An diesem schweigsam klangberaubten Orte
Vernehm ich nun die Trost- und Liebesworte.
Das verstandesmäßig berechnete Spiel, zu welchem Calderon anleitet, welches
nicht Natur, sondern — wie Goethe in dem unter 19) angezogenen Aufsatz
sagt — „breterhaft" ist, hat unser Dichter in der eben ausgeschriebenen Stelle,
wo Eginhard bei- der ersten Zeile zu den Füßen der Geliebten kniet und bei
der nächsten in deren Arme sich wirft, nachgebildet; denn ein gleich geschraubtes
Gebahren bei wahrer Gefühlserregung hat Goethe in keinem seiner andern
Bühnenwerke vorgeschrieben. Es ist dies, obwol hier nur auf einer niedrigen
Stufe wahrnehmbar, ein Beispiel der Vereinigung höchster Cultur mit der
Poesie, welche ihm bei Calderon nach dem unter 24) aufgeführten Briefe
imponirte.
Zu den Formen der calderonschen Schauspiele haben wir auch die Ein¬
führung ungewöhnlicher Scenerie zu rechnen; denn jene waren für die glän¬
zende Bühne am Hofe Philipps IV. bestimmt und hier gehörte die Pracht der
Aufführung zu den Erfordernissen derselben. Daher ist eS auch wol zu be¬
achten, daß Goethe, während er in den Dramen aus seiner mittleren, männ¬
lichen Periode, der das Fragment entsprang, insofern dieselben nicht Opern
oder Festspiele waren, die Scenerie ziemlich einfach ließ, für die Tragödie des
Fragments sehr ängstlich die Decoration angab, zum Theil eine so ver¬
wickelte, daß er die Beschreibung für unzulänglich und eine Zeichnung für
nöthig hielt. In vorzüglich bemerkenswerther Weise ruft aber auch die Decoration
des ersten und zweiten Auszugs mit ihrem Gemisch von felsigen Höhlen und
künstlich hergerichteten Wohnungsräumen, unwillkürlich die Decoration aus
dem ersten und dritten Tagewerke von „Das Leben ein Traum" ins Gedächt¬
niß. — ES zählt, wenn auch in Nebensächlichem, dieses decorative Element
mit zu dem „Technischen und Theatralischen", worin Goethe im ersten Citate
unter 21) Calderon als „groß" bewundert.
Wesentlicher zeigt sich diese Eigenschaft nachgeahmt in der ausgeführten
Stelle zur dritten Scene des ersten Auszugs der Tragödie, wo die Tochter
vor lauter Freude über die vermeintliche, wie es scheint, sehr jäh erträumte
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |