Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.in der wirthschaftlichen Entwicklung? Sollen wir das große Geheimniß aus¬ Es ist eine wunderliche Inconsequenz, die man sich dem lieben Publicum Aber eS geht eben nicht, daß man von einer Gesellschaft diejenigen Lei¬ in der wirthschaftlichen Entwicklung? Sollen wir das große Geheimniß aus¬ Es ist eine wunderliche Inconsequenz, die man sich dem lieben Publicum Aber eS geht eben nicht, daß man von einer Gesellschaft diejenigen Lei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104085"/> <p xml:id="ID_1188" prev="#ID_1187"> in der wirthschaftlichen Entwicklung? Sollen wir das große Geheimniß aus¬<lb/> plaudern? Nun wol, fast alle jene stets mit so gewaltigem Lärm ausposaunten<lb/> Ankäufe waren die Reclamen, mit denen die Unternehmer den nach Dividenoen<lb/> neugierigen Actionären einige Beruhigung verschaffen ober den Börsenmännern<lb/> Veranlassung zu bessern Coursen geben wollten. Wer hat sich denn nur die<lb/> Mühe gemacht, die Verhältnisse des angekauften Etablissements näher zu be¬<lb/> trachten? Stand doch schwarz aus weiß, daß das Geschäft gewinnbringend war,<lb/> herrliche Aussichten versprach und einen Stein zum Ausbau der industriellen<lb/> Entwicklung des Vaterlands beitrage, treckst ^uclaeu8 — nein, es hat keiner<lb/> von ihnen geglaubt, das war auch gar nicht nöthig. Die meisten der Direc¬<lb/> tory wären an und sür sich von jenen herrlichen Geschäften sehr gern «zurück¬<lb/> geblieben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1189"> Es ist eine wunderliche Inconsequenz, die man sich dem lieben Publicum<lb/> gegenüber erlauben darf. Der Staat soll keine Industrie treiben, große Staats¬<lb/> institute, wie die preußische Seehandlung sollen ihre Unternehmungen nicht auf<lb/> das Gebiet der Privaten hinüberführen, einmal weil ihre Geldmittel zu um¬<lb/> fassend sind und dann weil sie eS doch nicht so gut und billig machen können,<lb/> wie Privatleute. Da kommt aber jemand und nennt es eine neue noch nicht<lb/> dagewesene, höchst segensreiche Entdeckung, Actiengesellschaften zu gründen,<lb/> um damit grade diejenigen Geschäfte zu betreiben, die bisher in Privat¬<lb/> bauten waren und nicht blos einzelne, sondern viele, recht viele zugleich.<lb/> Wenn das richtig wäre, dann ist der Staat selbst das beste Credit-Mobilier-<lb/> institut, er könnte ja nur die Staatsangehörigen zu unfreiwilligen Actionären<lb/> machen und nun selbst alle Geschäftszweige betreiben, Fabriken errichten und<lb/> leiten, Baarvvrschüsse und Bankcredit gewähren; ja der Staat könnte noch<lb/> gerechter sein, und nicht blos der Actie nach ihrem Einschuß, sondern auch dem<lb/> Talent und der Arbeit nach ihren Leistungen Dividenden ertheilen. Wir wären<lb/> somit mitten im Socialismus, und — vergesse man nicht, der Credit-Mobilier<lb/> ist eine der ersten und bezeichnendsten Anstalten des modern-französischen Ka>-<lb/> serthums, des selbst so stark socialistisch influirten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1190" next="#ID_1191"> Aber eS geht eben nicht, daß man von einer Gesellschaft diejenigen Lei¬<lb/> stungen erwarte, zu welchen die Energie und die Willenseinheit des einzelnen<lb/> Eigenthümers erforderlich ist, und das gilt vor allem von Actiengesellschaften,<lb/> deren Capital nicht durch das Interesse an der Sache selbst, sondern an den<lb/> verschiedenen Fondsbörsen der Dividenden willen zusammengebracht worden-<lb/> Und es geht dies am wenigsten, wenn nicht der Zweck der Actiengesellschaft<lb/> auf ein einzelnes Ziel beschränkt ist. Das ist eben der Grund, weshalb Eng¬<lb/> land und Nordamerika keiner Credits-Mobiliers bedürfen. Will man dort etwas<lb/> erreichen, dann bildet man einen Verein, eine. Gesellschaft ack too, für diesen<lb/> einzelnen bestimmten Zweck, und erreicht ihn, falls die Sache vernünftig</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
in der wirthschaftlichen Entwicklung? Sollen wir das große Geheimniß aus¬
plaudern? Nun wol, fast alle jene stets mit so gewaltigem Lärm ausposaunten
Ankäufe waren die Reclamen, mit denen die Unternehmer den nach Dividenoen
neugierigen Actionären einige Beruhigung verschaffen ober den Börsenmännern
Veranlassung zu bessern Coursen geben wollten. Wer hat sich denn nur die
Mühe gemacht, die Verhältnisse des angekauften Etablissements näher zu be¬
trachten? Stand doch schwarz aus weiß, daß das Geschäft gewinnbringend war,
herrliche Aussichten versprach und einen Stein zum Ausbau der industriellen
Entwicklung des Vaterlands beitrage, treckst ^uclaeu8 — nein, es hat keiner
von ihnen geglaubt, das war auch gar nicht nöthig. Die meisten der Direc¬
tory wären an und sür sich von jenen herrlichen Geschäften sehr gern «zurück¬
geblieben.
Es ist eine wunderliche Inconsequenz, die man sich dem lieben Publicum
gegenüber erlauben darf. Der Staat soll keine Industrie treiben, große Staats¬
institute, wie die preußische Seehandlung sollen ihre Unternehmungen nicht auf
das Gebiet der Privaten hinüberführen, einmal weil ihre Geldmittel zu um¬
fassend sind und dann weil sie eS doch nicht so gut und billig machen können,
wie Privatleute. Da kommt aber jemand und nennt es eine neue noch nicht
dagewesene, höchst segensreiche Entdeckung, Actiengesellschaften zu gründen,
um damit grade diejenigen Geschäfte zu betreiben, die bisher in Privat¬
bauten waren und nicht blos einzelne, sondern viele, recht viele zugleich.
Wenn das richtig wäre, dann ist der Staat selbst das beste Credit-Mobilier-
institut, er könnte ja nur die Staatsangehörigen zu unfreiwilligen Actionären
machen und nun selbst alle Geschäftszweige betreiben, Fabriken errichten und
leiten, Baarvvrschüsse und Bankcredit gewähren; ja der Staat könnte noch
gerechter sein, und nicht blos der Actie nach ihrem Einschuß, sondern auch dem
Talent und der Arbeit nach ihren Leistungen Dividenden ertheilen. Wir wären
somit mitten im Socialismus, und — vergesse man nicht, der Credit-Mobilier
ist eine der ersten und bezeichnendsten Anstalten des modern-französischen Ka>-
serthums, des selbst so stark socialistisch influirten.
Aber eS geht eben nicht, daß man von einer Gesellschaft diejenigen Lei¬
stungen erwarte, zu welchen die Energie und die Willenseinheit des einzelnen
Eigenthümers erforderlich ist, und das gilt vor allem von Actiengesellschaften,
deren Capital nicht durch das Interesse an der Sache selbst, sondern an den
verschiedenen Fondsbörsen der Dividenden willen zusammengebracht worden-
Und es geht dies am wenigsten, wenn nicht der Zweck der Actiengesellschaft
auf ein einzelnes Ziel beschränkt ist. Das ist eben der Grund, weshalb Eng¬
land und Nordamerika keiner Credits-Mobiliers bedürfen. Will man dort etwas
erreichen, dann bildet man einen Verein, eine. Gesellschaft ack too, für diesen
einzelnen bestimmten Zweck, und erreicht ihn, falls die Sache vernünftig
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