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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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sldiarisch mit ihrem ganzen Vermögen haften, würde höchst wohlthätig auf die
Hebung von Handel und Gewerbfleiß gewirkt und manche moderne Bankblase
verhindert haben. Daß dies leider nicht geschehen, ist aber kein Grund, daS
Uebel dauern zu lassen, das die neuen Banken hervorgerufen.

Freilich wird es bestritten, daß das Treiben dieser Banken vom Uebel
sei, aber nach unserer Ueberzeugung mit Unrecht. Man sagt, die hemmende
Gängelung des preußischen Bankwesens, seine mangelhafte Ausbildung und
das Bedürfniß des Verkehrs habe die Banken an den Grenzen Preußens
hervorgerufen. Wir sind keine Verfechter der preußischen Bankpolitik, aber
wir müssen die Maßregel der Regierung gegen die fremden Noten doch
billigen; denn diese massenhaften Emissionen, welche circa 30 Millionen Thlr.
betrugen, waren keineswegs durch den Mangel an Circulationsmitteln hervor¬
gerufen, die größte Anzahl jener Bankinstitute, welche von vornherein auf
große Zettelausgaben abgesehen waren, entstand bei dem plötzlichen Ausschwung
der Spekulation nach dem pariser Frieden und^ sandte ihre Noten aus, nicht
weil der Verkehr deren bedürfte, sondern in Hoffnung auf Gewinn. Wenn
man sieht, daß diese Banken ihre Zettel dazu verwandten, um Bergwerke,
Fabriken oder gar verzinsliche preußische Staatspapiere anzukaufen, wenn
Emissäre in größern Städten Massen von diesen Zetteln mit Agioverlust
unterbrachten, und sie auf den Messen gradezu als Waare verkauften, wenn
Agenten dieser Institute Wechsel bis zu 2 Pet. niedriger diöcontirten unter
der Bedingung, daß der Betrag in jenen fremden Noten angenommen werde,
dann wird man doch nicht sagen, daß dieselben ein Bedürfniß des Verkehrs
waren. Es scheint im Gegentheile klar, daß diese künstlichen Mittel den Zweck
haben, die Noten nicht im natürlichen Laufe des Geschäftes an die Bank
Zurückfließen, sondern dauernd als Geld umlaufen zu lassen, und die Baar-
nnlösung möglichst lange zu suspendiren. Die Gegner des jetzigen Verbotes
geben nun allerdings zu, daß die Menge der umlaufenden fremden Noten ein
Uebel ist, meinen aber, es sei doch jedenfalls besser, daß mit Venseiben Ge¬
schäfte gemacht würden, die sonst aus Mangel an leichten Circulationsmitteln
unterblieben wären; den Klein- und Großhändlern seien allerdings die fremden
Noten nicht angenehm, aber sie seien ihnen doch lieber als das Unterbleiben
des Kaufs oder Verkaufes, und sie nehmen die Noten, weil ihnen dadurch
"in bankmäßiger Credit gegeben werde, den sie sonst im Inlande vergeblich
suchten. Wir erwidern, daß es allerdings im Interesse des Staates ist, die
größtmögliche Leichtigkeit für daS Geschäft zu geben, aber nicht auf Kosten
der Solidität desselben, wenn aber der Agent einer Bank 2 Pet. billiger
discontirt, als eS ein Bankier nach dem Stande des Marktes kann, unter der
Bedingung, daß der Betrag deS Wechsels in gewissen Noten genommen wird,
so ist das unsolid und dem Verkehr verderblich. Es liegt allerdings in der


sldiarisch mit ihrem ganzen Vermögen haften, würde höchst wohlthätig auf die
Hebung von Handel und Gewerbfleiß gewirkt und manche moderne Bankblase
verhindert haben. Daß dies leider nicht geschehen, ist aber kein Grund, daS
Uebel dauern zu lassen, das die neuen Banken hervorgerufen.

Freilich wird es bestritten, daß das Treiben dieser Banken vom Uebel
sei, aber nach unserer Ueberzeugung mit Unrecht. Man sagt, die hemmende
Gängelung des preußischen Bankwesens, seine mangelhafte Ausbildung und
das Bedürfniß des Verkehrs habe die Banken an den Grenzen Preußens
hervorgerufen. Wir sind keine Verfechter der preußischen Bankpolitik, aber
wir müssen die Maßregel der Regierung gegen die fremden Noten doch
billigen; denn diese massenhaften Emissionen, welche circa 30 Millionen Thlr.
betrugen, waren keineswegs durch den Mangel an Circulationsmitteln hervor¬
gerufen, die größte Anzahl jener Bankinstitute, welche von vornherein auf
große Zettelausgaben abgesehen waren, entstand bei dem plötzlichen Ausschwung
der Spekulation nach dem pariser Frieden und^ sandte ihre Noten aus, nicht
weil der Verkehr deren bedürfte, sondern in Hoffnung auf Gewinn. Wenn
man sieht, daß diese Banken ihre Zettel dazu verwandten, um Bergwerke,
Fabriken oder gar verzinsliche preußische Staatspapiere anzukaufen, wenn
Emissäre in größern Städten Massen von diesen Zetteln mit Agioverlust
unterbrachten, und sie auf den Messen gradezu als Waare verkauften, wenn
Agenten dieser Institute Wechsel bis zu 2 Pet. niedriger diöcontirten unter
der Bedingung, daß der Betrag in jenen fremden Noten angenommen werde,
dann wird man doch nicht sagen, daß dieselben ein Bedürfniß des Verkehrs
waren. Es scheint im Gegentheile klar, daß diese künstlichen Mittel den Zweck
haben, die Noten nicht im natürlichen Laufe des Geschäftes an die Bank
Zurückfließen, sondern dauernd als Geld umlaufen zu lassen, und die Baar-
nnlösung möglichst lange zu suspendiren. Die Gegner des jetzigen Verbotes
geben nun allerdings zu, daß die Menge der umlaufenden fremden Noten ein
Uebel ist, meinen aber, es sei doch jedenfalls besser, daß mit Venseiben Ge¬
schäfte gemacht würden, die sonst aus Mangel an leichten Circulationsmitteln
unterblieben wären; den Klein- und Großhändlern seien allerdings die fremden
Noten nicht angenehm, aber sie seien ihnen doch lieber als das Unterbleiben
des Kaufs oder Verkaufes, und sie nehmen die Noten, weil ihnen dadurch
«in bankmäßiger Credit gegeben werde, den sie sonst im Inlande vergeblich
suchten. Wir erwidern, daß es allerdings im Interesse des Staates ist, die
größtmögliche Leichtigkeit für daS Geschäft zu geben, aber nicht auf Kosten
der Solidität desselben, wenn aber der Agent einer Bank 2 Pet. billiger
discontirt, als eS ein Bankier nach dem Stande des Marktes kann, unter der
Bedingung, daß der Betrag deS Wechsels in gewissen Noten genommen wird,
so ist das unsolid und dem Verkehr verderblich. Es liegt allerdings in der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/269>, abgerufen am 01.09.2024.