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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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Das Banknotenverbot in Preußen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß das Gesetz, welches die preußische
Regierung dem Landtage vorgelegt und das dieser genehmigt hat, dahingehend,
dass von einem zu bestimmenden Termine an keine Zahlungsleistungen mittelst
ausländischer Banknoten und ähnlicher Werthzeichen in Preußen stattfinden
sollen, im übrigen Deutschland und namentlich in Mitteldeutschland nicht po¬
pulär sein kann. Dennoch halten wir diesen Act der Negierung sür gerecht¬
fertigt und durch die Nothwendigkeit geboten.

Wir müssen bei der Besprechung dieser Maßregel davon ausgehen, daß
die Emission von Werthzeichen, welche die Stelle des baaren Geldes vertreten,
an sich zur Münzhoheit gehört, die dem Staate zusteht und nur von ihm dele-
girt werden kann. Demgemäß fordert das preußische Gesetz vom 17. Juni 1833
sür Ausstellung von Papieren, welche eine volle Zahlungsverpflichtung an
jeden Inhaber erhalten, landesherrliche Genehmigung. Diese war bisher nur
M sehr beschränktem Maße ertheilt, hauptsächlich der preußischen Bank und
ihren Filialen, und sodann einigen Privatbanken, welche etwa 9 Millionen
Thlr. ausgegeben haben; außerdem bestand das StaatSpapiergeld, welches
auf den allgemeinen Credit des Staates gegründet ist. Die traurigen Erfah¬
rungen, welche Preußen im Anfang dieses Jahrhunderts durch übermäßige
Ausgaben von Tresorscheinen machte, geben ein besonderes Motiv sür vor¬
sichtige Beschränkung und Zurückhaltung, sowol in der Ausgabe von Staats¬
papiergeld als in der Gestattung der Banknotenemission. Aber die engen Ver-
kehrsbeziehungen, in denen Preußen zu den übrigen Bundesstaaten steht und die
Gemeinsamkeit des Münzfußes, welche es mit vielen seiner Nachbarn verbin¬
det, bringen es mit sich , daß die in diesen Staaten ausgegebenen Banknoten
ebenso die Tendenz haben in Preußen zu circuliren, als die preußischen Zettel
geeignet zum Umlauf in diesen andern deutschen Staaten sind. So lange eine
solche Circulation gegenseitig zugelassen wird, hängt die Ordnung im Münz¬
wesen nicht mehr von der betreffenden Landesregierung, sondern von dem Ver¬
fahren sämmtlicher in Frage stehender Regierungen ab. Bis vor wenigen Jahren
bestanden nun in Deutschland überhaupt wenige Institute, die Noten ausgaben,
welche zum allgemeinen Umlaufsmittel dienen konnten, und wenn z. B. in
Preußen sächsisches Staatspapiergeld zur Zahlung verwandt wurde, so war
hierin nichts Beunruhigendes zu finden, da der Staatscredit Sachsens dasselbe
sicher stellte; preußisches Staatspapiergeld circulirte in ganz Deutschland
und ward mit Agio bezahlt. Die vermehrte Ausgabe von Staatspapiergeld
und die Errichtung mehrer neuer Zettelbanken in einigen deutschen Staaten
veranlaßten die preußische Negierung 18Si zur Erwägung, ob nicht gegen das
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Das Banknotenverbot in Preußen.

Es liegt in der Natur der Sache, daß das Gesetz, welches die preußische
Regierung dem Landtage vorgelegt und das dieser genehmigt hat, dahingehend,
dass von einem zu bestimmenden Termine an keine Zahlungsleistungen mittelst
ausländischer Banknoten und ähnlicher Werthzeichen in Preußen stattfinden
sollen, im übrigen Deutschland und namentlich in Mitteldeutschland nicht po¬
pulär sein kann. Dennoch halten wir diesen Act der Negierung sür gerecht¬
fertigt und durch die Nothwendigkeit geboten.

Wir müssen bei der Besprechung dieser Maßregel davon ausgehen, daß
die Emission von Werthzeichen, welche die Stelle des baaren Geldes vertreten,
an sich zur Münzhoheit gehört, die dem Staate zusteht und nur von ihm dele-
girt werden kann. Demgemäß fordert das preußische Gesetz vom 17. Juni 1833
sür Ausstellung von Papieren, welche eine volle Zahlungsverpflichtung an
jeden Inhaber erhalten, landesherrliche Genehmigung. Diese war bisher nur
M sehr beschränktem Maße ertheilt, hauptsächlich der preußischen Bank und
ihren Filialen, und sodann einigen Privatbanken, welche etwa 9 Millionen
Thlr. ausgegeben haben; außerdem bestand das StaatSpapiergeld, welches
auf den allgemeinen Credit des Staates gegründet ist. Die traurigen Erfah¬
rungen, welche Preußen im Anfang dieses Jahrhunderts durch übermäßige
Ausgaben von Tresorscheinen machte, geben ein besonderes Motiv sür vor¬
sichtige Beschränkung und Zurückhaltung, sowol in der Ausgabe von Staats¬
papiergeld als in der Gestattung der Banknotenemission. Aber die engen Ver-
kehrsbeziehungen, in denen Preußen zu den übrigen Bundesstaaten steht und die
Gemeinsamkeit des Münzfußes, welche es mit vielen seiner Nachbarn verbin¬
det, bringen es mit sich , daß die in diesen Staaten ausgegebenen Banknoten
ebenso die Tendenz haben in Preußen zu circuliren, als die preußischen Zettel
geeignet zum Umlauf in diesen andern deutschen Staaten sind. So lange eine
solche Circulation gegenseitig zugelassen wird, hängt die Ordnung im Münz¬
wesen nicht mehr von der betreffenden Landesregierung, sondern von dem Ver¬
fahren sämmtlicher in Frage stehender Regierungen ab. Bis vor wenigen Jahren
bestanden nun in Deutschland überhaupt wenige Institute, die Noten ausgaben,
welche zum allgemeinen Umlaufsmittel dienen konnten, und wenn z. B. in
Preußen sächsisches Staatspapiergeld zur Zahlung verwandt wurde, so war
hierin nichts Beunruhigendes zu finden, da der Staatscredit Sachsens dasselbe
sicher stellte; preußisches Staatspapiergeld circulirte in ganz Deutschland
und ward mit Agio bezahlt. Die vermehrte Ausgabe von Staatspapiergeld
und die Errichtung mehrer neuer Zettelbanken in einigen deutschen Staaten
veranlaßten die preußische Negierung 18Si zur Erwägung, ob nicht gegen das
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[0267] Das Banknotenverbot in Preußen. Es liegt in der Natur der Sache, daß das Gesetz, welches die preußische Regierung dem Landtage vorgelegt und das dieser genehmigt hat, dahingehend, dass von einem zu bestimmenden Termine an keine Zahlungsleistungen mittelst ausländischer Banknoten und ähnlicher Werthzeichen in Preußen stattfinden sollen, im übrigen Deutschland und namentlich in Mitteldeutschland nicht po¬ pulär sein kann. Dennoch halten wir diesen Act der Negierung sür gerecht¬ fertigt und durch die Nothwendigkeit geboten. Wir müssen bei der Besprechung dieser Maßregel davon ausgehen, daß die Emission von Werthzeichen, welche die Stelle des baaren Geldes vertreten, an sich zur Münzhoheit gehört, die dem Staate zusteht und nur von ihm dele- girt werden kann. Demgemäß fordert das preußische Gesetz vom 17. Juni 1833 sür Ausstellung von Papieren, welche eine volle Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber erhalten, landesherrliche Genehmigung. Diese war bisher nur M sehr beschränktem Maße ertheilt, hauptsächlich der preußischen Bank und ihren Filialen, und sodann einigen Privatbanken, welche etwa 9 Millionen Thlr. ausgegeben haben; außerdem bestand das StaatSpapiergeld, welches auf den allgemeinen Credit des Staates gegründet ist. Die traurigen Erfah¬ rungen, welche Preußen im Anfang dieses Jahrhunderts durch übermäßige Ausgaben von Tresorscheinen machte, geben ein besonderes Motiv sür vor¬ sichtige Beschränkung und Zurückhaltung, sowol in der Ausgabe von Staats¬ papiergeld als in der Gestattung der Banknotenemission. Aber die engen Ver- kehrsbeziehungen, in denen Preußen zu den übrigen Bundesstaaten steht und die Gemeinsamkeit des Münzfußes, welche es mit vielen seiner Nachbarn verbin¬ det, bringen es mit sich , daß die in diesen Staaten ausgegebenen Banknoten ebenso die Tendenz haben in Preußen zu circuliren, als die preußischen Zettel geeignet zum Umlauf in diesen andern deutschen Staaten sind. So lange eine solche Circulation gegenseitig zugelassen wird, hängt die Ordnung im Münz¬ wesen nicht mehr von der betreffenden Landesregierung, sondern von dem Ver¬ fahren sämmtlicher in Frage stehender Regierungen ab. Bis vor wenigen Jahren bestanden nun in Deutschland überhaupt wenige Institute, die Noten ausgaben, welche zum allgemeinen Umlaufsmittel dienen konnten, und wenn z. B. in Preußen sächsisches Staatspapiergeld zur Zahlung verwandt wurde, so war hierin nichts Beunruhigendes zu finden, da der Staatscredit Sachsens dasselbe sicher stellte; preußisches Staatspapiergeld circulirte in ganz Deutschland und ward mit Agio bezahlt. Die vermehrte Ausgabe von Staatspapiergeld und die Errichtung mehrer neuer Zettelbanken in einigen deutschen Staaten veranlaßten die preußische Negierung 18Si zur Erwägung, ob nicht gegen das * 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/267>, abgerufen am 27.07.2024.